Ausschuss soll Abgeordnete überprüfen Stasi-Verdacht im Landtag von Sachsen-Anhalt: Ausschuss soll Abgeordnete überprüfen
Magdeburg - Detlef Gürth (CDU) gilt als besonnener Landtags-Abgeordneter, jahrelang leitete er Sachsen-Anhalts Parlament als Präsident. Doch am Freitag platzte ihm der Kragen. „Haben Sie das Hirn völlig ausgeschaltet?“, blaffte er am Mikrofon den AfD-Abgeordneten Matthias Büttner an.
Es war das Finale einer Debatte, an deren Ende SPD-Fraktionschefin Katja Pähle von einem „Tiefpunkt“ für den Landtag sprach. Es ging um die Überprüfung der Abgeordneten auf eine frühere Tätigkeit für die Staatssicherheit.
Zwar stimmte das Parlament knapp für den Ausschuss, der die Biografien aller Abgeordneten auf Stasi-Verstrickungen prüfen soll. So, wie in früheren Wahlperioden auch. Doch zuvor kochte die Debatte am Freitag über. Brisant: SPD, CDU und Grüne benötigten für ihren Vorstoß auch Oppositions-Stimmen von Linken oder AfD, um die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit zu bekommen. Doch deren Fraktionschefs Swen Knöchel (Linke) und André Poggenburg (AfD) hatten bereits ihre Ablehnung signalisiert.
Stasi-Überprüfung der Abgeordneten im Landtag von Sachsen-Anhalt: Eine Frage des Vertrauens?
Die Koalition warb dennoch für den Ausschuss: „Es geht um Glaubwürdigkeit und Vertrauen“ in die Volksvertreter, sagte Silke Schindler (SPD). Das Ziel sei keine „Verfolgungsdebatte, sondern Offenheit“.
Den Opfern des DDR-Unrechts sei es der Landtag schuldig, diese Debatte auch künftig nicht wegzuwischen. Zumal mit der AfD viele neue Abgeordnete eingezogen seien. Grünen-Innenpolitiker Sebastian Striegel bekräftigte, eine angemessene Erinnerung an DDR-Unrecht setze Wissen voraus, Abgeordnete sollten „mit gutem Beispiel vorangehen“.
Die Linke hatte sich schon in der Vergangenheit gegen die Prüfung gesträubt. Birke Bull-Bischoff gab zu verstehen, es gehe ihrer Fraktion um eine „komplexere Betrachtung“ als die Frage ,Warst du dabei oder nicht’. Ein Ausschuss, der diese Frage stelle, sei nicht das richtige Mittel.
Politiker der Koalition reagierten verständnislos: Eva Feußner (CDU) zitierte Gesprächsprotokolle des früheren DDR-Ministers für Staatssicherheit, Erich Mielke, und feuerte in Richtung Linke, „das verteidigen Sie weiterhin“. Nötige Transparenz werde mit „fadenscheinigen Begründungen“ blockiert.
Ein Grund dafür könnte natürlich auch sein - an diesem Punkt schaute sie in den AfD-Block - „man hat etwas zu verbergen“. Auch Striegel hatte mit Blick auf AfD-Mann Robert Farle - früher in der DKP aktiv - gesagt, auch westdeutsche Kommunisten müssten sich überprüfen lassen.
Diskussion um Stasi-Überprüfung der Abgeordneten im Landtag von Sachsen-Anhalt
Und dann AfD-Mann Büttner. Er sagte, das Kapitel Staatssicherheit müsse endlich zugeschlagen werden. Er sprach von einem „Opferkult“, aus der Stasi-Debatte werde teils „politisches Kapital geschlagen“. AfD-Kollege Hans-Thomas Tillschneider sprach zudem von einem „inquisitorischen Umgang“.
SPD-Fraktionschefin Pähle hielt dagegen, die AfD-Haltung verhindere Transparenz - entgegen ihrer üblichen Selbstdarstellung. Doch Büttner setzte nach, warf plötzlich der SPD-nahen Arbeiterwohlfahrt Awo Stasi-Methoden vor, weil sie gegen AfD-Mitglieder in den eigenen Reihen vorgehe. Da wurde CDU-Mann Gürth laut.
Und dennoch: 17 von 25 AfD-Abgeordnete hievten den Antrag der Koalition dann doch über die Hürde. Die Linke stimmte fast geschlossen gegen den Ausschuss. (mz)