Verhandlungen in Berlin abgeschlossen So viel Ostdeutschland steckt im neuen Koalitionsvertrag von Union und SPD
Union und SPD haben sich auf einen gemeinsamen Koalitionsvertrag geeinigt. Die MZ zeigt, wie viel Ostdeutschland in dem neuen Regierungsdokument steckt.

Berlin/Magdeburg/MZ - Die künftige Bundesregierung aus Union und SPD hat sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Nach sechs Wochen Verhandlungen präsentierten die Parteispitzen von CDU, CSU und SPD am Mittwoch in Berlin Kernpunkte eines 144-Seiten-Dokuments, das die Grundlage der kommenden vier Regierungsjahre bilden soll. Der designierte Kanzler Friedrich Merz (CDU) kündigte an: „Deutschland bekommt eine handlungsfähige und eine handlungsstarke Regierung.“
Der Vertrag sieht teils tiefgreifende Reformen vor. Geplant sind unter anderem Verschärfungen für Bürgergeld-Empfänger. Mit einer „neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende“ wollen Union und SPD schärfere Sanktionen bis zum Entzug der Leistungen möglich machen. Strengere Regeln sind auch in der Migrationspolitik geplant.
Der Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus soll zwei Jahre ausgesetzt werden. Zudem will die Koalition „in Abstimmung“ mit Nachbarstaaten Asylsuchende an deutschen Grenzen zurückweisen.
Künftige Bundesregierung will neues Wehrpflichtmodell einführen
Mit Blick auf die angespannte Sicherheitslage in Europa wollen Union und SPD ein neues Wehrdienstmodell einführen, das auf Freiwilligkeit basiert. Noch 2025 sollen Voraussetzungen für eine Wehrerfassung und Wehrüberwachung geschaffen werden.
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil betonte das gemeinsame Ziel der Koalition, Deutschland trotz aller Krisen voranzubringen. „Wir haben das Potenzial, gestärkt aus dieser Zeit hervorzugehen“, sagte er Berlin.
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Mehr Gewicht für Ostdeutschland im Koalitionsvertrag
Der Begriff „Ostdeutschland“ kommt drei Mal im neuen Vertrag vor. Schon in der Präambel heißt es: „Wir feiern dieses Jahr 35 Jahre Deutsche Einheit.“ Seit der Wiedervereinigung hätten die Menschen in Ostdeutschland Außergewöhnliches geleistet, so der Text. „Der Osten hat längst bewiesen, dass Transformation gelingen kann. Darauf wollen wir aufbauen.“ Die Koalitionäre formulieren daraus eigene Ziele. „Wer schon einmal Transformation gemeistert hat, kann auch Zukunft gestalten.“
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Zudem finden sich politische Ziele im Vertrag, die die Ostdeutschen betreffen. So soll ihr Anteil in Führungspositionen und Entscheidungsgremien erhöht werden. Als Teil einer Digitalisierungsoffensive will die Koalition den Aufbau von Rechenzentren „insbesondere auch in Ostdeutschland“ fördern.
Zudem soll es weiter einen Ostbeauftragten geben – jedoch nicht mehr im Kanzleramt, sondern im SPD-geführten Finanzministerium. Bisher hatte der Thüringer Carsten Schneider (SPD) das Amt inne – als wahrscheinlich gilt, dass der überparteilich geschätzte Politiker den Posten behält.
Energiepreise und Investitionen im Fokus der CDU
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) lobte am Mittwoch, dass mit dem geschlossenen Koalitionsvertrag nun Klarheit und Planungssicherheit herrsche. „Unser Land steht vor historischen Herausforderungen, an deren Bewältigung sich die neue Regierung messen lassen muss.“
Zentral sei unter anderem „dass der Kurswechsel in der Migrationspolitik nun tatsächlich vollzogen wird und spürbare Ergebnisse bringt“.
Auch CDU-Landeschef Sven Schulze zeigte sich zufrieden. „Der Koalitionsvertrag enthält viele Punkte, die uns in Ostdeutschland helfen werden.“ Er verwies auf vereinbarte Maßnahmen zur Senkung der Energiepreise und Beschleunigung von Investitionen. „Damit kann man gut arbeiten. Wir müssen jetzt aber auch zügig ans Arbeiten kommen, damit die Menschen auch schnell Ergebnisse sehen.“
Sachsen-Anhalts SPD-Landeschefin Juliane Kleemann lobte die Kompromissbereitschaft von Union und SPD in den Verhandlungen: „In Zeiten wachsender Spannungen ist es gelungen, politische Gräben zu überwinden.“ Der Vertrag schaffe unter anderem „klare Rahmenbedingungen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien“.