Prämie, Wohnung, Kita-Platz Prämie, Wohnung, Kita-Platz: Gardelegen lockt Lehrer mit Geld

Gardelegen - Treffpunkt Rathaus. Der Minister, die Bürgermeisterin, der Stadtrat von Gardelegen in der Altmark - niemand will die Premiere verpassen. Es geht um eine bildungspolitische Neuheit - das kommunale Zusatzstipendium für künftige Lehrer.
300 Euro im Monat erhält, wer sich als Student auf den Deal einlässt. Wer es annimmt, verpflichtet sich, nach dem Studium einen Lehrer-Job in der dünn besiedelten Region zu suchen. Und mindestens so lange zu bleiben, wie er zuvor das Stipendium erhielt.
Isabelle, Matthias und Milena sind die ersten Studenten, die sich dazu entschlossen haben. Jetzt halten sie die Bewilligungsbescheide in den Händen und hören Bürgermeisterin Mandy Zepig (CDU) zu: „Das war eine richtige Entscheidung.“ Niemand werde es bereuen, glaubt sie. Denn Gardelegen sei ein liebenswertes Städtchen. Es habe auch einiges zu bieten, beispielsweise sämtliche Schularten. „Damit das so bleibt, brauchen wir sie, und das lassen wir uns gerne etwas kosten“, so die Bürgermeisterin.
Den Studenten bedeutet die monatliche Überweisung eine garantierte Einnahmequelle und ist durchaus ein Grund zum Jubeln: Mehr finanzielle Sicherheit, weniger Nebenjobs im Studium, volle Konzentration auf das Lernen.
Geld für Treue, diese Idee kam Stadtrat Dirk Kuke (Feuerwehr-Liste) vor zwei Jahren. „Ich war im Landesschulamt und hatte eine Petition von Elternvertretern abgegeben, die sich für den Bildungsstandort Gardelegen stark machte.“ Seine Eindrücke mündeten damals in der Erkenntnis, dass die Stadt sich nicht auf die zuständigen Stellen verlassen dürfe. „Gardelegen muss selbst etwas tun“, bringt es Kuke auf den Punkt.
Was unter Kommunalpolitikern anfänglich allgemeine Zustimmung auslöste, gipfelte bald in heftigem Streit um die Frage: Soll die Stadt tatsächlich Geld in ihre künftigen Lehrer investieren? Die Entscheidung fiel knapp aus, mit der Mehrheit von nur einer Stimme. Damit wagte sich die kleine Hansestadt weit vor, auch auf juristisches Neuland.
Bildungsminister Marco Tullner (CDU) jedenfalls gab grünes Licht. Er glaube, dass die Initiative gegen keinerlei Vorschriften verstoße. „Entscheidend ist, dass Gardelegen seine Gardelehrer findet und bindet“, so Tullner. Damit würden vor allem junge Leute, die ihre Ausbildung in Sachsen-Anhalt absolvierten, ermuntert, im Lande zu bleiben. „Für mich ist das ein Beispiel an Kreativität, das Schule machen sollte.“ Auch für andere Ideen sei man in Magdeburg offen. Das Land sorge für die Stellen. Die Kommunen kümmerten sich mit um deren Besetzung, das sei eine tolle Arbeitsteilung.
Der Lehrermangel bleibt aber eine Herausforderung, die niemand im Alleingang meistern kann. Schulleiterin Steffi Ros vom Geschwister-Scholl-Gymnasium, einst selbst Magdeburgerin, kann sich das leicht ausrechnen. Etliche der 48 Kollegen gehen in den nächsten Jahren in den Ruhestand.
Schon jetzt sei es schwierig, den Unterricht in Kunst, Biologie oder Deutsch abzusichern. Deshalb öffne sie gern die Türen der Schule. „Wir spielen mit offenen Karten, der pädagogische Nachwuchs kann sich so selbst ein Bild machen.“
Von Schüler Franz Freitag erfahren Isabelle Radtke und die anderen interessierten Studenten, die vielleicht einmal „Gardelehrer in Gardelegen“ werden wollen, mehr über ein Defizit in der technischen Ausstattung. „Mehr als 600 Schüler, aber erst drei interaktive Tafeln und ganz wenige Beamer, das reicht uns nicht.“ Auch mit dem Wlan-Netz sei es nicht zum Besten bestellt.
Isabelle Radtke, die jetzt noch das Masterstudium in Magdeburg absolviert, vertraut jedoch darauf, dass es schnelle Verbindungen bald auch in der Altmark gibt. Nach ihrem Bachelor-Abschluss habe sie eine Reise durch drei Kontinente geführt, ihr Eindruck: „Das Tempo der digitalen Entwicklung ist überall immens, da macht das Internet auch um Gardelegen keinen Bogen.“
Probleme, die ihr momentan noch größere Sorgen bereiten, hängen mit dem angepeilten Umzug zusammen. „Mein Lebenspartner Fabian ist Geologe, wird er hier eine Arbeit finden?“ Auch eine passende Wohnung oder später ein Kita-Platz seien wichtig. Bürgermeisterin Zepig macht Mut: „Auch darum kümmert sich die Stadt.“ (mz)