Neustart im Fall Jalloh Neustart im Fall Oury Jalloh: Generalstaatsanwalt in Naumburg soll ermitteln
Magdeburg - Die Todesumstände von Oury Jalloh werden nun doch noch einmal überprüft. Sachsen-Anhalts Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) hat am Donnerstag den Generalstaatsanwalt in Naumburg angewiesen, die Ermittlungen an sich zu ziehen. Damit ist in diesem Jahr bereits die dritte Ermittlungsbehörde für den Todesfall zuständig.
Keding reagiert auf erheblichen Druck, der nach neu bekanntgewordenen Fakten auf ihr lastete. Ausdrücklich bestätigte die Ministerin, dass Jallohs Todesumstände von den Staatsanwaltschaften Dessau-Roßlau und Halle unterschiedlich eingeschätzt worden sind. „Um diesen Konflikt aufzulösen, hält es Frau Ministerin Keding für erforderlich, durch die Generalstaatsanwaltschaft eine Entscheidung treffen zu lassen“, heißt es in einer Pressemitteilung. Der Generalstaatsanwalt werde seine Bewertung „gegebenenfalls durch weitere Ermittlungen“ stützen, heißt es weiter.
Am Vormittag hatte die Linke im Landtag politische Konsequenzen gefordert. Fraktionschef Thomas Lippmann sagte, Keding müsse zurücktreten und für eine Aufklärung den Weg freimachen. Nötig sei zudem ein Untersuchungsausschuss. „Vieles, was wir hätten wissen müssen, wussten wir nicht“, rügte Lippmann.
Verschiedene Thesen im Todesfall Oury Jalloh
Der Asylbewerber Jalloh war 2005 in einer Dessauer Polizeizelle unter bislang ungeklärten Umständen ums Leben gekommen. Die Linke wirft Keding vor, sie habe dem Landtag von den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ein falsches Bild vermittelt. Mitte November hatte die Ministerin Generalstaatsanwalt Jürgen Konrad im Rechtsausschuss vortragen lassen, warum die Ermittler den Tod Jallohs nicht länger untersuchen.
Konrad sagte dort, nach Auswertung eines Brandversuchs im Jahr 2016 und Aussagen mehrerer Gutachter gebe es verschiedenste Hypothesen. Diese reichten „von einer möglichen Selbstentzündung bis zu einer möglichen Entzündung durch Dritte“. Der Generalstaatsanwalt wie auch Ministerin Keding erwähnten allerdings nicht, dass der Leitende Oberstaatsanwalt von Dessau-Roßlau, Folker Bittmann, die Ermordung Jallohs bereits am 4. April als „am wahrscheinlichsten“ eingestuft hatte. Bittmann nannte als „plausibles“ Motiv den Versuch von Polizisten, Untersuchungen zu zwei anderen Todesfällen zu verhindern.
Keding wies den Vorwurf der Falschinformation zurück. Auch für eine Vertuschung ließen sich keine Anhaltspunkte finden. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) wollte sich zum Agieren seiner Ministerin nicht äußern. Regierungssprecher Matthias Schuppe sagte auf Anfrage lediglich, Haseloff habe vollstes Vertrauen „in die Unabhängigkeit und Arbeit der Justiz“.
Er gehe davon aus, dass Ansatzpunkten für Ermittlungen nachgegangen werde. Die AfD im Landtag äußerte sich ähnlich. „Die AfD ist die Partei der Rechtsstaatlichkeit. Genau deshalb vertrauen wir unserer Justiz“, so der AfD-Abgeordnete Mario Lehmann. Deshalb sei es richtig, wenn der Fall Jalloh „endlich ad acta“ gelegt werde.
Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann lobte Kedings Vorgehen als die „einzig richtige Entscheidung“. CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt nannte die Rücktrittsforderung der Linken „voreilig“. (mz)