Strukturwandel Müll statt Kohle - wie Romonta im Manselder Land mit einem neuen Kraftwerk klimafreundlicher wird
Industrie erhalten und dabei klimafreundlicher werden: Wachshersteller Romonta aus Amsdorf geht diesen Weg. 90 Millionen Euro flossen dafür in ein Kraftwerk. Dessen Brennstoff: Abfall

Amsdorf/MZ. - Der 170 Meter hohe Schornstein von Romonta ist weithin sichtbar. Er ist das Wahrzeichen des Mansfelder Montanwachsherstellers. Weißen Rauch ausstoßend, gehört er zur Region wie die vielen Abraumhalden. Jedoch: „Der Schornstein wird künftig nicht mehr oft rauchen“, kündigte Hans-Marcus Knoll am Freitag an. „Was da oben dann noch rauskommt, ist fast reine Luft“, so der Romonta-Geschäftsführer.
CO2-Einsparung: So viel wie 85.000 Haushalte
Der Grund für diesen Wandel wurde am Freitag eingeweiht. Für 90 Millionen Euro hat Romonta am Standort in Amsdorf ein Ersatzbrennstoffkraftwerk gebaut. Moderne Technik sorgt dafür, dass der Kohlenstoffdioxidausstoß des Unternehmens massiv reduziert wird. 400.000 Tonnen des Treibhausgases werden pro Jahr eingespart – so viel, wie 85.000 Haushalte in zwölf Monaten emittieren.

Das neue Kraftwerk ist dabei eine Antwort auf eine der derzeit brennendsten Fragen der Wirtschaft: Wie können Industrieanlagen erhalten und gleichzeitig klimafreundlicher gestaltet werden? Denn beides steht oft im Widerspruch – so wie eigentlich bei Romonta. Das Werk im Mansfelder Land lebt von einem Stoff, der wie wenige andere für hohe CO2-Emissionen steht: Braunkohle. Die wird hier verarbeitet und auch verbrannt. Mit letztem soll nun aber Schluss sein. Statt Kohle werden im frisch eingeweihten Kraftwerk ab 2025 Ersatzbrennstoffe – hauptsächlich Siedlungsabfälle, also Müll – thermisch verwertet. Landeswirtschaftsminister Sven Schulze (CDU), der bei der Einweihung vor Ort war, lobte die Investition in Nachhaltigkeit und Klimaschutz. „Ich bin überzeugt, dass sich dieser Weg auszahlen wird“, sagte er.
Romonta in Amsdorf: Hauptprodukt Montanwachs
Dass Romonta diesen Pfad einschlägt, hat nicht nur mit dem Anspruch zu tun, klimafreundlicher zu werden. Auch finanzielle Aspekte und die Zukunftssicherung des Unternehmens spielen eine gewichtige Rolle. Der Wachshersteller ist ein Traditionsunternehmen, für das zu Hochzeiten über 2.000 Menschen arbeiteten. Heute sind es noch etwa 400. Das Hauptprodukt ist Montanwachs. Das gewinnen die Amsdorfer in einem Trocknungsprozess aus Braunkohle, die zu großen Teilen aus einem Tagebau kommt, der sich auch auf dem Betriebsgelände befindet. Das Wachs, dessen weltgrößter Hersteller Romonta ist, wird etwa zur Herstellung von Schuhcreme, Kosmetik oder Präzisionsplastikteilen eingesetzt.

Nachdem das Wachs entzogen wurde, bleibt Trockenkohle übrig. Bisher wird die noch verbrannt, wobei Energie gewonnen wird, die entweder selbst genutzt oder verkauft wird. Lange war das ein lohnendes Geschäft. Mit der CO2-Bepreisung hat sich das jedoch geändert: Für den Ausstoß des Treibhausgases müssen Zertifikate gekauft werden. Aktuell kostet eine Tonne 45 Euro. Im kommenden Jahr werden es 55 Euro sein.
22 Millionen Euro für CO2-Zertifikate
Die Kosten, die auf diese Weise für Romonta entstehen, kann der Industriebetrieb durch die Wachsprodukte nicht auffangen. Deswegen musste der Prozess verändert werden. Geholfen hat dabei, dass Getec als Romonta-Gesellschafter 2020 einstieg. Das Magdeburger Energieunternehmen kündigte damals sofort ein 200-Millionen-Euro-Investitionsprogramm an. Eines der wichtigsten Projekte dabei ist das neue Kraftwerk, das innerhalb von drei Jahren gebaut wurde und 90 Millionen Euro gekostet hat. 15 Millionen Euro steuerte Sachsen-Anhalt als Strukturförderung bei.
Wie lohnenswert die Investition für Romonta ist, macht ein einfaches Rechenbeispiel deutlich: Die Zertifikate für die 400.000 Tonnen CO2, die ab kommenden Jahr eingespart werden, hätten Romonta beim dann gültigen Preis 22 Millionen Euro gekostet – etwa 30 Prozent des Jahresumsatzes.
Mit dem Kraftwerk geht auch einher, dass sich der Industriebetrieb neue Felder erschließt. So ist Romonta verstärkt im Recycling aktiv, gewinnt Metalle aus Abfällen zurück und nimmt Bodenaushübe und andere Erdstoffe zur weiteren Verwertung an. Zusammen mit der Müllverbrennung und Montanwachsherstellung sehen sich die Amsdorfer gut aufgestellt. Auch für die Zeit nach der Kohle, die in der Region etwa 2040 erschöpft sein wird. Romonta-Geschäftsführer Christian Jäschke sagte am Freitag zumindest einen Satz, der von Firmenchefs zuletzt eher selten zu hören war: „Wir blicken zuversichtlich in die Zukunft.“