Ikea und Möbel Höffner Ikea Magdeburg und Möbel Höffner Nova Eventis: Küche als Statussymbol

Halle (Saale) - Schlangen vor Einkaufszentren, das hat es schon lange nicht mehr gegeben: Kurz vor 9 Uhr bildet sich am Donnerstag eine Traube unter dem 19 Meter hohen und leuchtend roten Eingangsportal des Möbelhauses Höffner in Günthersdorf.
Nach fünfmonatiger Umbauzeit ist das deutlich vergrößerte Einrichtungshaus eröffnet worden. Die Höffner-Angestellten begrüßen die ersten Kunden sogar mit Applaus. Das große Eingangsportal bietet einen Vorgeschmack auf das neue Haus. Eine Etage wurde aufgestockt, Deckenlichter schenken den Kunden Tageslicht.
Trotz des Besucherandrangs wird es nicht eng, denn Platz ist auf den 38.000 Quadratmetern Einkaufsfläche - das sind mehr als fünf Fußballfelder - ausreichend vorhanden. „Wir haben 150 Millionen Euro investiert, gut 100 Millionen Euro davon in die Logistik“, sagte Inhaber Kurt Krieger.
Gerade der Logistikbereich mag zwar verborgen bleiben, ermöglicht es dem Unternehmen jedoch, mehr Ware vorzuhalten. Günthersdorf ist nun Zentrallager für Höffner in ganz Deutschland geworden.
Zeitgleich mit Höffner eröffnete am Donnerstag auch Ikea sein neues Einrichtungshaus in Magdeburg. Auch dort Schlangen. Auf dem Gelände des ehemaligen Milchhofes im Norden der Stadt wurde für 50 Millionen Euro das 53. Einrichtungshaus der schwedischen Möbelkette errichtet. Ähnelten früher die Ikea-Möbelhäuser eher einem riesigen Schuhkarton, so sorgen nun auch hier große Seitenfenster für viel Tageslicht.
Ikea in Magdeburg: Plattenbau-Wohnungs eingerichtet
Mit den massiven Investitionen wollen die großen Möbelketten in der Gunst der Kunden vorn bleiben. Ikea ist in Deutschland mit einem Umsatz von 4,7 Milliarden Euro klar die Nummer eins. Der Möbelriese Höffner, zu dem auch die Marke Möbel Kraft gehört, streitet sich mit XXXLutz um Platz zwei mit mehr als zwei Milliarden Euro.
„In den Einrichtungshäusern steht das Kauferlebnis immer mehr im Vordergrund“, sagt André Kunz, Geschäftsführer des Handelsverbandes Möbel und Küchen (BVDM). „Die Käufer möchten nicht nur eine breite Auswahl, sondern auch testen, am Computer ihre Wohnung virtuell einrichten oder einen Spielplatz für ihre Kinder.“ Die Ansprüche der Kunden steigen also.
Wie das praktisch umgesetzt wird, zeigt Höffner: Das Konzept, Möbelstücke in Einrichtungen zu präsentieren, wurde ausgebaut. So werden etwa mehrere kleine Wohnzimmer mit Sofas, Teppichen, Bücherregalen und Bildern gezeigt, in denen Kunden Ideen und Anregungen für ihre eigenen vier Wände erhalten sollen.
Ikea setzt auch auf dieses Konzept und hat extra für die Landeshauptstadt eine Plattenbauwohnung, wie es sie in Magdeburg zu Tausenden gibt, komplett eingerichtet - selbst an die Fassade der Außenwände wurde gedacht. Ein Badezimmer auf zehn Quadratmetern: Das sieht trotz wenig Platz schick aus und ist nah an den Menschen in der Stadt.
Den großen Einrichtungshäusern, die vor allem in den größeren Städten zu finden sind, fällt es aufgrund ihrer finanziellen Kraft meist leichter, die gestiegenen Wünsche der Kunden zu befriedigen. „Alle Statistiken zeigen, dass es mittelgroße Häuser vor allem in Ballungszentren immer schwerer haben, sich zu behaupten“, so Verbandschef Kunz. In eher ländlich geprägten Regionen sehe das etwas anders aus.
Möbelhäuser in Sachsen-Anhalt: Verkaufsfläche von Höffner und Co. schrumpft
Im südlichen Sachsen-Anhalt ist in den vergangenen zehn Jahren die Verkaufsfläche von Möbelhäusern und Hausratsgeschäften laut IHK-Handelsatlas geschrumpft. Sie ging von 422 600 Quadratmetern im Jahr 2006 auf 370 690 Quadratmeter 2016 zurück - ein Minus von zwölf Prozent.
Größere Häuser sind nach Angaben von Antje Bauer, Geschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK), aber nicht verschwunden: „Der Möbelhandel läuft recht stabil.“ Neben den großen Anbietern, zu denen in der Region auch SB Möbel-Boss und Roller gehören, behaupten sich weiterhin einige mittelgroße Häuser.
Das sind unter anderem das Wohn-Centrum Lührmann in Halle, das Suma Möbelhaus Schrödter in Bernburg, das Möbelhaus Degenhardt in Merseburg und Möbel Ritter in Hettstedt. „Während Ikea und Höffner auch Kunden aus weiter entfernten Regionen ansprechen, leben die mittleren Häuser von den Kunden aus ihrer Umgebung“, so IHK-Handelsexpertin Bauer. Sie hätten sich eine hohe Zahl an Stammkunden erarbeitet.
Internethandel gewinnt auch bei Möbeln hinzu
Die gesamte Branche profitiert zudem davon, dass die Deutschen mehr Geld fürs Wohnen ausgeben. Einige Handelsexperten meinen sogar, die Küche habe das Auto als Statussymbol überholt. Zumindest kosten viele Küchen inzwischen so viel wie ein Kleinwagen. Der Gesamtumsatz der deutschen Möbelhändler stieg im vergangenen Jahr um zwei Prozent auf 33,7 Milliarden Euro.
Ob groß oder klein - alle stationären Möbelhäuser müssen sich mit dem zunehmenden Online-Handel auseinandersetzen. Laut Branchenverband BVDM liegt der Marktanteil der Verkäufe über das Internet zwar erst bei sechs Prozent - gerechnet am Umsatz. „Der Online-Verkauf ist in den vergangenen Jahren aber im dreistelligen Prozentbereich gewachsen“, erklärt Kunz. Die größten Online-Möbelverkäufer in Deutschland sind der Versandriese Otto, Home 24 und Amazon. „Die etablierten stationären Händler haben lange abgewartet, investieren jetzt aber fast alle ins Online-Geschäft“, sagt der Verbandschef.
Höffner-Chef Krieger geht davon aus, dass vor allem kleinere Einrichtungsgegenstände künftig verstärkt über das Netz gekauft werden. Er glaube aber nicht, dass man eine Küche gänzlich online bestellt. Die Großinvestition in Günthersdorf ist somit auch eine Reaktion auf die Konkurrenz aus dem Internet. Bei der Eröffnungspressekonferenz sagte Krieger sehr offen: „Ich will mir nicht irgendwann von meinen vier Enkeln sagen lassen, dass ich die Zukunft verschlafen hätte.“ (mz)