Idyll im Köthener Land Idyll im Köthener Land: Edderitzer Badesee hat sich zu beliebtem Ausflugsziel gemausert

Edderitz - Schaut man durch das farbenreiche Blütenmeer der mehr als 50 seltenen Rosensorten hindurch auf den Edderitzer See, so könnte man sich eher auf der Insel Mainau glauben als an einem ehemaligen Tagebaurestloch nahe Köthen im Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Ganz idyllisch hat sich das rund 43 Hektar große Gewässer bei sommerlichen Temperaturen zu einem Besuchermagneten entwickelt. Es punktet mit seinem Strandcafé, Strandbad, bepflanzten Teich und Abenteuerspielplatz, Volleyball-Feldern, ebenso aber auch mit dem prächtigen Rosengarten und dem geologischen Steingarten mit Exemplaren aus ganz Europa . Und das längst nicht mehr nur bei Einheimischen.
Auf Areal eines Restlochs entstand bis zu 40 Meter tiefer Edderitzer See
Der Braunkohlebergbau rund um Edderitz hat die Region nachhaltig geprägt. Nachdem in den seit 1854 bestehenden Gruben zu Beginn der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts Investitionen ausblieben, wurde 1935 entschieden, die unter dem Dorf Edderitz anstehende Kohle im Tagebaubetrieb zu fördern. 1936 begann der Aufschluss des Tagebaus und zugleich auch der Neubau des Dorfes weiter nördlich - mit nagelneuen Häuschen, Wohnblöcken, Kulturhäusern, Gaststätten, einer Schule und Berufsschule. Nach ziemlich genau 100 Jahren Bergbau erfolgte schließlich die Stilllegung des Tagebaus sowie der Brikettfabrik in den 60er Jahren. Auf dem Areal des Restlochs entstand der bis zu 40 Meter tiefe Edderitzer See, der sich in der sonst eher gewässerarmen Gegend zu einer beliebten Bademöglichkeit entwickelte.
Das Casa Strandcafé bietet von seiner Terrasse aus einen Blick auf den See. Dazu gibt’s selbsthergestelltes Eis, Kaffeespezialitäten, hausgemachten Kuchen und Snacks. Im Haus erzählen Bilder, Tafeln und Objekte von der Bergbaugeschichte.
Der Campingplatz Edderitz liegt direkt neben dem Eiscafé und bietet auf einer Fläche von 2.780 Quadratmetern 36 Stellplätze. Infos gibt’s unter Telefon 034976/26349 oder 0177/7897060.
www.seebad-edderitz.de/pages/camping.php
Der Hurrican Tauchclub lädt Ungeübte, aber auch Hobbytaucher ein, die spannende Unterwasserwelt des Edderitzer Sees hautnah zu erleben. Sporttauchen, Tauchscheine, Spezialkurse oder lediglich eine Flaschenfüllung - die Tauchbasis Edderitz des Tauchclubs hat auch für Nichtvereinsmitglieder viele Schnupperangebote. Eine vorherige Anmeldung ist notwendig - Infos unter 0152/26201717.
Bekannt wurde das kleine Dorf südlich von Köthen allerdings schon früher durch den dort geborenen Architekten Bernhard Sehring (1855-1941). Seine Studienreise nach Italien zur Betrachtung von Theaterbaukunst und Gartenarchitektur inspirierten Sehring zu zahlreichen, zum Teil prämierten Museums- und Theaterbauten. Auch die Roseburg bei Ballenstedt im Harz geht auf ihn zurück. Dort vereinte Sehring einen mittelalterlichen Baustil mit Blumengärten, verwirklichte eigene Träume und Ideale - jenseits des Berliner Baubusiness.
Zwischen 2000 und 2003 entstand am westlichen Seeufer ein Freibad
Ideen und Visionen waren nach der Wende auch am Edderitzer See gefragt. Zu Beginn der 90er Jahre stellten Gemeinderat und Bürgermeister erste Überlegungen an, was mit dem Tagebausee geschehen sollte. Trotz vieler Widerstände nahm das Projekt immer mehr Gestalt an. Mit Unterstützung des Bundes, Landes und weiterer Institutionen sowie Menschen aus der Region, die angepackt haben, entwickelte sich schließlich ein Naherholungsgebiet. So entstand zwischen 2000 und 2003 am westlichen Seeufer ein Freibad, das von Mai bis September geöffnet ist.
Der Edderitzer See entstand infolge der Flutung des im Jahr 1957 stillgelegten Edderitzer Braunkohletagebaus. Der See, in dem sich die Grundmauern des 1937 umgesiedelten Dorfes Edderitz befinden, hat eine Wassertiefe von bis zu 41 Metern. 200 Häuser und Höfe des alten Dorfes wurden einst abgerissen.
Mit seiner hervorragenden Wasserqualität - der See wurde sogar als Trinkwasserreserve genutzt - und einer Ausdehnung von 43 Hektar ist der Edderitzer See als Badegewässer geeignet. Der Strandbereich am Westufer besteht heute überwiegend aus Sand und an einigen Stellen aus Rasen. Während der Badezeit übernehmen Rettungsschwimmer die Aufsicht.
Der rund drei Kilometer lange Rundwanderweg um den Edderitzer See lädt zum Spazieren, Joggen, Inlineskaten, Nordic Walking und Radeln ein. Er ist innerhalb einer Stunde erwandert, unterwegs können die zurückgekehrte Flora und Fauna erkundet werden. Sehr empfehlenswert ist auch der über Rosengarten, Wassertretbecken und Gesteinslehrpfad führende, abwechslungsreiche Barfußpfad. Der See-Rundweg ist über einen asphaltierten, etwa sechs Kilometer langen Radweg mit der Stadt Köthen verbunden.
Weitere Informationen: www.anhalt-bitterfeld.de
Als man dann für das Gelände 2005 einen gastronomischen Betreiber suchte, zögerte Christian Madl nicht lange. Anfangs bot der gebürtige Löbejüner Snacks und Getränke aus einem kleinen Bauwagen an. Mit den Fortschritten am Edderitzer See kamen jedoch immer mehr hungrige Gäste, so dass die Gemeinde beschloss, im Jahr 2007 ein Informationsgebäude mit Eiscafé und Strandversorgung zu errichten. Nur ein Jahr später eröffneten der studierte Betriebswirt Christian Madl und seine Frau das „Casa Eiscafé“, das - tausende Eistüten und -becher später - dank der Gastfreundschaft der Betreiber heute eine echte Institution am See ist. „Einen schöneren Arbeitsort als hier kann ich mir nicht vorstellen. Es ist beeindruckend und schön zu sehen, was hier viele fleißige Hände geschaffen haben und auch ein Teil davon zu sein“, sagt Christian Madl.
Und gebaut wurde - und wird - in Edderitz viel. Mit unermüdlichem Eifer gestalteten die Gemeinde und ihr damaliger Bürgermeister Volker Tesche ein kleines Sport- und Freizeitparadies. Allein für den 2008 eröffneten geologischen Gesteinsgarten haben die Edderitzer über Jahre hinweg mit eigener Fahrzeugflotte unzählige tonnenschwere Gesteinsraritäten aus ganz Europa zusammengetragen.
Besucher kommen auch aus Halle, Bernburg und Aschersleben
Rund um den See führt ein drei Kilometer langer, asphaltierter Rundwanderweg, an dessen Rand ein geologischer Lehrpfad angelegt wurde. Er lädt Ausflügler zum Spazieren, Skaten, Radeln, Nordic Walking und Joggen ein. Es gibt ein Beachvolleyball- und Beachfußballfeld und auch einen Barfußpfad mit Wassertretbecken, dazu den Rosen- und den Steingarten. Wer es lieber entspannt mag, wählt den 400 Meter langen Sandstrand mit einem ausgewiesenen FKK-Bereich. Besucher kommen mittlerweile auch aus Leipzig, Halle, Bernburg und Aschersleben.
Doch nicht nur am, sondern auch auf dem See gibt’s zahlreiche Möglichkeiten für aktive Erholung. Bei schönem Wetter gesellen sich zu den Anglern Tretboot-Fans auf dem Wasser. Der Edderitzer See lockt aber auch Taucher an sowie Fans von Sommer-Biathlon - es gibt sogar eine Schießanlage für Druckluftwaffen. Der Tauchclub Hurrican hat hier ebenso sein Domizil wie der Skiclub 1927 Köthen. Regelmäßig finden Wettkämpfe in verschiedenen Disziplinen statt und ziehen Besucher sowie Aktive aus der Region in Scharen an.
Tauchen im Edderitzer See ist nur nach vorheriger Anmeldung möglich
Wichtig zu wissen für Unterwasserforscher: Das Tauchen im Edderitzer See ist nur über die Einstiegsstelle der Tauchbasis und nur nach vorheriger Anmeldung möglich. Zum Üben gibt es Plattformen in unterschiedlichen Tiefen. Für Spaß sorgen diverse „Sehenswürdigkeiten“ unter Wasser. So kann man nach dem Abtauchen nicht nur Fische wie Aale, Barsche, Hechte, Karpfen oder Zander beobachten.
Zu den versteckten Highlights gehört sicher die im Mai 2003 auf den Grund des Sees versenkte Kuh im maritimen Look mit Seestern und Fisch-Schuppen. Passend zur Köthener Kuh-Kunst hat sich dieses Exemplar versteckt und kann nun nur noch von Kiemenatmern und Tauchern bewundert werden.
Wer nach so viel Aktion in, am und auf dem Wasser gleich am Edderitzer See bleiben will, dem steht auf dem Gelände ein gemütlicher Campingplatz mit Blick auf den See zur Verfügung. Übernachtet werden kann hier von April bis Oktober - mit und ohne Voranmeldung. (mz)
Autorin Christine Klauder ist Herausgeberin des „Mitteldeutschen Genussführers“ (ISBN 978-3-9448150), in dem die 45-Jährige die schönsten Regionen Mitteldeutschlands vorstellt.