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Schmuckdesigner Francisco Marchant Francisco Marchant aus Magdeburg: Schmuckdesigner mit Rock'n'Roller Attitüde

Von Elisabeth Krafft 02.03.2017, 18:16
Im Vorraum seiner Schmuckmanufaktur stellt Marchant unter anderem Stücke seiner Kollektion „Black Baron“ aus.
Im Vorraum seiner Schmuckmanufaktur stellt Marchant unter anderem Stücke seiner Kollektion „Black Baron“ aus. Stedtler

Magdeburg - Der Durchbruch kam mit Stefan Kretzschmar. Der tätowierte Handballer mit dem blond gefärbten Haar und der Rock’n’Roller Attitüde fand sofort gefallen an Francisco Marchants Schmuckstücken. Nicht nur, weil sie in seiner damaligen Wahlheimat Magdeburg hergestellt und verkauft werden. Wuchtige Totenkopfringe, massive Kruzifixketten, Königslilien und barocke Stilelemente. Hauptsache unkonventionell. Jedes Stück: Ein Statement. Um solchen Schmuck tragen zu können, braucht es Selbstvertrauen. Das passte zum extrovertierten Sportler. Und öffnete Marchant die Tür in die Welt der Prominenten.

Sechs Jahre später steht der 37-Jährige im Vorraum seiner eigenen Designmanufaktur. Seine halblangen braunen Haare hat er nach hinten gegeelt, beugt sich über eine Vitrine. Um den Hals des Designers hängt eine geflochtene Kette aus Krokodilleder - natürlich ein Teil seiner Kollektion „Black Baron“, also schwarzer Baron. Marchant ist schließlich selbst der größte Fan seiner Schmuckstücke. Die massiven Revolver-Anhänger und funkelnden Phönixfederohrringe, die er hier in der Auslage präsentiert, sind alles andere als dezent. Seinen Kunden gefällt das. Zu ihnen gehören neben Moderatorin Sophia Thomalla auch Musikergrößen wie Udo Lindenberg oder die Mitglieder der US-amerikanischen Rockgruppe „Rival Sons“. Wer die ausgefallenen Accessoires kaufen möchte, muss allerdings tiefer in die Tasche greifen. Die Ketten, Armbänder und Ohrringe kosten entweder knapp unter hundert - oder aber mehrere tausend Euro. Nach oben gibt es eigentlich keine Grenze. „Qualität hat eben ihren Preis“, sagt der Designer selbstbewusst und zwinkert.

Stefan Kretzschmar, Alex Völkel von „The Boss Hoss“: Diese Promis sind Stammkunden in Francisco Marchants Manufaktur in Magdeburg

Wie zum Beweis hält er mit der rechten Hand einen Füllfederhalter hoch. Der Preis: 5.000 Euro. Der Schreibstift ist Teil der Kollektion „Luther 2017“, die Marchant in Kooperation mit der Schlosskirche Wittenberg entworfen hat. Das Gehäuse wird von der Schönebecker Firma „Wildstift“ gefertigt, besteht aus mindestens 500 Jahre altem Holz, das unter anderem von der Wartburg stammt. Die filigranen Silberelemente des streng limitierten Füllers wurden in der Magdeburger Designmanufaktur hergestellt. „Ein wichtiges und tolles Projekt, denn ein Teil des Erlöses fließt in den Erhalt und die Erneuerung der Schlosskirche“, sagt der Künstler, der seit 2002 in Magdeburg lebt.

Der Liebe wegen zog Marchant damals von Chile in die Landeshauptstadt. Ursprünglich mit dem Plan, hier als Architekt zu arbeiten. Sein Studienabschluss wurde in Deutschland allerdings nicht anerkannt. Der Designer hätte aufgeben und zurück in seine Heimat gehen können, doch das passte nicht zu ihm. „Aus allem Negativen kann man etwas Positives erschaffen“, lautet sein Lebensmotto. Also orientierte er sich kurzerhand um. „Ich komme aus einer Künstlerfamilie - meine Eltern haben Skulpturen aus Metall gefertigt. Meine Leidenschaft war dagegen schon immer Schmuck.“ Deshalb begann er, sich für die Herstellung zu interessieren. Er lernte einen Goldschmied kennen, der ihm die Grundlagen beibrachte, sah sich YouTube-Videos an und studierte Fachbücher. „Das lief nach dem Prinzip ,try and error’ - einfach so lange probieren, bis es klappt“, sagt der Künstler und lacht. Marchant hatte Biss und das zahlte sich aus.

Francisco Marchant aus Magdeburg: Schmuckdesigner mit Rock’n’Roller Attitüde

Nachdem er zuerst noch gebrauchten Schmuck auf Trödel- und Mittelaltermärkten verkaufte, eröffnete er 2008 den Schmuckhandel „Celtic Roots“. Dort vertrieb er erstmals auch eigene Kreationen, baute sich einen festen Kundenstamm auf. Trotzdem wollte der junge Unternehmer bald „mehr sein als nur ein Goldschmied“. Seine Idee: Eine Designmanufaktur, in der traditionelle Schmuckherstellung und neueste Technik kombiniert werden. Mit finanzieller Unterstützung der Investitionsbank Sachsen-Anhalt gründete er die Manufaktur „Le Marchant“ und gab „Celtic Roots“ auf.

Bereut hat er diesen Schritt nie. „Wir sind eine von gerade einmal acht Schmuckmanufakturen in ganz Deutschland. Das muss man sich mal vorstellen - das ist Wahnsinn“, sagt der ambitionierte Designer. Mittlerweile beschäftigt er sieben Angestellte.

Einen wesentlichen Anteil am Erfolg seiner Manufaktur trage dabei auch Designer Michael Schulz. Als ihn Marchant kennenlernte, studierte dieser noch an der Magdeburger Hochschule. Gemeinsam entwickelten sie eine Möglichkeit, den 3-D-Druck für die Herstellung von Schmuckstücken zu nutzen. Noch heute arbeitet Marchant nach diesem Verfahren. Die Skizzen seiner Kreationen entwirft der Designer zuerst klassisch am Schreibtisch, bevor er sie auf seinen Computer überträgt, dort nachbessert und verfeinert. So entsteht eine dreidimensionale Vorlage, aus der mit Hilfe eines 3-D-Druckers Gussformen aus Wachs angefertigt werden. Die fertigen Formen werden anschließend wie die Äste eines Baumes an einem Stiel befestigt, in einen feuerfesten Zylinder gegeben, mit Silber oder Gold aufgefüllt und ausgebrannt. Was dann folgt ist traditionelle Goldschmiedearbeit: montieren, löten, auf Hochglanz polieren. Außerdem die Veredelung mit Handgravuren oder Steinfassungen - filigrane Arbeiten, die in vielen Manufakturen außer Haus erledigt werden.

„In Handarbeit fertigen wir komplexe, hochwertige Schmuckstücke, verbinden hundert Jahre alte Goldschmiedetradition mit modernster Technik“, sagt Marchant. Das Konzept geht auf. Der Schmuckdesigner selbst sagt, er hätte so viele Aufträge, dass er regelmäßig sieben Tage pro Woche arbeiten müsse. Deshalb halte er es sich offen, Aufträge auch abzulehnen. „Ich arbeite grundsätzlich nur mit Leuten, die cool sind.“

Zu denen gehört auch Alex Völkel, Sänger der Band „The Boss Hoss“. Der Berliner ist seit vier Jahren Stammkunde in der Magdeburger Manufaktur. Aus der Geschäftsbeziehung der beiden ist längst eine Freundschaft gewachsen. „Nur wenn ich meine Kunden wirklich kenne und verstehe, kann ich zu ihnen passende Schmuckstücke entwerfen“, sagt Marchant. Zuletzt arbeitete er gemeinsam mit dem Musiker an einem Ring. Massiv sollte er sein und aus Silber gefertigt. Auf jeden Fall ein Schädel, dazu ein stilisierter Motorradhelm - in Anlehnung an das 2015 von „The Boss Hoss“ veröffentlichte Album „Dos Bros“. Ein Totenkopf-Mittelfingerring also - ziemlich Rock’n’Roll, ziemlich „Le Marchant“. Sieben Monate dauerte seine Anfertigung. Und der Preis des Unikats? „Den behalte ich lieber für mich“, sagt der Designer.

Im Juni dieses Jahres will er eine neue Kollektion auf den Markt bringen. Dass sie erfolgreich sein wird, daran besteht für den selbstsicheren Künstler wie üblich kein Zweifel: „Die wird einschlagen wie eine Bombe!“ Einzelheiten will der 37-Jährige allerdings nicht verraten. Nur so viel: Rockig und individuell wird sie sein. Passend zum Ideengeber eben. (mz)

Mehr Infos: http://lemarchant.de/schmuck/

Im Gegensatz zu einigen anderen Manufakturen in Deutschland, werden bei „Le Marchant“ zahlreiche Handarbeiten  vor Ort erledigt. Dazu gehören beispielsweise Handgravuren (hier zu sehen) oder Steinfassungen.
Im Gegensatz zu einigen anderen Manufakturen in Deutschland, werden bei „Le Marchant“ zahlreiche Handarbeiten  vor Ort erledigt. Dazu gehören beispielsweise Handgravuren (hier zu sehen) oder Steinfassungen.
Stedtler
Mittlerweile beschäftigt er sieben Mitarbeiter.
Mittlerweile beschäftigt er sieben Mitarbeiter.
Stedtler
Die Ringe, Ketten und Armbänder sind oft wuchtig.
Die Ringe, Ketten und Armbänder sind oft wuchtig.
Stedtler