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Kommentar zum Untersuchungsausschuss Die Opfer von Magdeburg verlangen Antworten

Über den Weihnachtsmarkt-Attentäter wussten die Behörden viel, doch niemand zog Konsequenzen. Jetzt muss die Politik klären, wer welche Verantwortung trug.

Von Hagen Eichler Aktualisiert: 22.01.2025, 18:04
MZ-Kommentator Hagen Eichler
MZ-Kommentator Hagen Eichler (Foto: Andreas Stedtler)

Magdeburg/MZ - Dass der Landtag in Magdeburg einen Beschluss einstimmig fasst, ist selten. Am Mittwoch war es so weit: Sämtliche Abgeordneten, von ganz links bis ganz rechts, machten den Weg frei für einen Untersuchungsausschuss zum Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt. Damit stehen auch alle in der Pflicht, die Aufklärung mit ganzer Kraft voranzutreiben.

Schon jetzt ist klar, dass der Attentäter ein politischer Extremist und Einzelgänger war, an seinem Wohnort Bernburg und auch sonst kaum integriert. Das verbindet Taleb A. mit dem Attentäter von Halle, Stephan B. Dieser aber war arbeitslos und hockte vor seinen Mordtaten endlose Stunden in seinem früheren Kinderzimmer. Taleb A. hingegen ging einem Beruf nach, und zwar einem mit sehr hoher Verantwortung.

Ein Arzt mit einem Sturmgewehr im Twitter-Profil

Als Psychiater und Arzt im Maßregelvollzug hatte er Kontakt zu Patienten und Kollegen. Schier unfassbar, dass dabei niemand mitbekommen haben will, dass der vom Islam abgefallene Mann einen rabiaten Hass gegen den deutschen Staat entwickelte, dass er auf einem öffentlichen Twitter-Kanal mit Gewalt drohte und ein Sturmgewehr im Profil zeigte.

Dieses Versagen muss der Untersuchungsausschuss aufarbeiten. Das Gleiche gilt für die vollkommen unzureichende Absicherung des Weihnachtsmarkts und für das Agieren der Sicherheitsbehörden, die über A. sehr viel wussten, aber daraus nie die nötigen Schlussfolgerungen zogen. Das zu untersuchende Feld ist also riesig, die Zeit bis zur Landtagswahl 2026 ist knapp. Der Landtag hat enorm viel zu tun. Die Angehörigen der Toten, die Verletzten und die knapp Entkommenden werden genau hinsehen.

Den Autor erreichen Sie unter: [email protected]

Gut möglich, dass die dann gewonnenen Erkenntnisse Rücktritte unumgänglich machen. Schon jetzt deutet vieles darauf hin. Doch erst die Akten und die Befragung der Zeugen werden glasklar belegen, wer welchen Anteil an diesem Desaster hatte.