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Lesen statt daddeln Alternative zu Handy, Fernseher und Bildschirm - Mini-Buchmesse in Droyßig feiert Premiere

Leipzig hat eine, Frankfurt ebenso - und Droyßig nun auch: Am Wochenende findet im Burgenlandkreis-Ort die erste Buchmesse statt. In durchdigitalisierten Zeiten soll das gemeinsame Lesen zelebriert werden. Denn das verlor zuletzt an Bedeutung.

Von Julius Lukas Aktualisiert: 18.03.2025, 23:01
Als Ort für die Buchmesse haben sich Charlotte Blume (links) und Caroline Münzberg die restaurierte Schloßkirche in Droyßig ausgesucht.
Als Ort für die Buchmesse haben sich Charlotte Blume (links) und Caroline Münzberg die restaurierte Schloßkirche in Droyßig ausgesucht. (Foto: Julius Lukas)

Droyßig/MZ. - Ein paar unbeschriebene Postkarten hat Charlotte Blume noch. „Die haben wir noch nicht verteilt“, erzählt die Kulturmanagerin. Vorne fliegen auf der Karte Bücher vor der Kulisse des Droyßiger Schlosses (Burgenlandkreis) durch die Luft. Auf der Rückseite sollten diejenigen, die eine Postkarte im Briefkasten hatten, ihr Lieblingsbuch notieren. „Sebastian Fitzek wurde oft genannt, auch das Neinhorn von Marc-Uwe Kling und natürlich Harry Potter“, erzählt Caroline Münzberg, die sich die Postkarten-Aktion mit ausgedacht hat. Aber auch ausgefallene Titel seien dabei gewesen. „In einem Buch geht es um ein einziges Rembrandt-Bild - das ist schon außergewöhnlich.“

Ziel der Buchmesse Droyßig: Familien erreichen

Etwa 200 der verteilten Postkarten kamen zu Charlotte Blume und Caroline Münzberg zurück. Die Aktion gehört zu einem Event, das die beiden Frauen organisieren und das es so in Sachsen-Anhalt zuvor noch nicht gab. Am kommenden Wochenende und im Vorfeld der großen Leipziger Buchmesse (27. bis 30. März) laden sie in die bei Zeitz gelegene Gemeinde Droyßig ein, wo sie selbst eine dreitägige Mini-Buchmesse (siehe „Von Leserallye bis Poetry-Slam“) veranstalten – deutlich kleiner zwar, aber mit ähnlichem Anspruch wie das Leipziger Pendant: „Wir wollen Lust auf das gemeinsame Lesen machen und Bücher wieder stärker im Alltag der Menschen etablieren“.

Auf den Postkarten, die im Vorfeld der Buchmesse verteilt wurden, konnte jeder sein Lieblingsbuch notieren.
Auf den Postkarten, die im Vorfeld der Buchmesse verteilt wurden, konnte jeder sein Lieblingsbuch notieren.
(Foto: Julius Lukas)

Für Caroline Münzberg ist dieses Ziel quasi Jobbeschreibung. Beim Burgenlandkreis arbeitet sie seit einem halben Jahr im Bildungsbüro. Das kümmert sich um Ehrenamtsentwicklung, politische und sexuelle Bildung, aber auch um Leseförderung – und genau das ist Münzbergs Feld. „In den Schulen und auch in Kitas erreichen wir Kinder und Jugendliche recht gut“, sagt die Bildungskoordinatorin. Schwieriger sei es, mit Familien in Kontakt zu kommen. „Deswegen habe ich überlegt, wie sich rund um das Lesen und Bücher ein Event organisieren lässt, bei dem auch für alle Altersgruppen etwas geboten wird.“

Bücher treten angesichts der Medienvielfalt in den Hintergrund

Herausgekommen ist eben jene Buchmesse, die einem verbreiteten Problem begegnen will. „Bücher treten angesichts der auch digitalen Medienvielfalt in den Hintergrund“, sagt Charlotte Blume. Studien bestätigen das. So zeigte zuletzt etwa der Vorlesemonitor der Stiftung Lesen, dass einem Drittel der Ein- bis Achtjährigen selten bis nie vorgelesen werde. „Das setzt sich in den Bildungsbiografien fort“, sagt Caroline Münzberg. „Jeder vierte Viertklässler geht mit unzureichender Lesekompetenz aus der Grundschule, die Achtklässler fallen beim Pisa-Test mit mangelnden Deutschkenntnissen auf und etwa zwölf Prozent der Erwachsenen sind Analphabeten.“

Um die Veranstaltung umzusetzen, hat sich Münzberg Droyßig ausgesucht. Sie kommt aus dem Ort, der eine Besonderheit hat: Bei 1.800 Einwohnern pendeln jeden Tag rund 1.000 Schüler in die Gemeinde. Das liegt an den Droyßiger Anstalten, die heute mehrere Schulformen anbieten und bereits 1847 als Bildungsort entstanden. Für den Erhalt des Gebäudeensembles wurde 2018 die Fürst-Otto-Victor-Stiftung-Droyßig gegründet, die auch Projekte fördert – so etwa die Buchmesse, für die Charlotte Blume bei der Stiftung angestellt ist. „Zuvor habe ich auch im ländlichen Raum Kulturprojekte organisiert“, erzählt sie. Es sei wichtig, dass nicht nur die Oberzentren mit Veranstaltungen bedacht werden. „Theater, Musik und andere Kultur-Events stärken die Gemeinschaft vor Ort – und sie werden meiner Erfahrung nach auch sehr gut angenommen“, sagt Blume.

Bücher schaffen neue Welten im Kopf

Für ihre Messe wünschen sich die Organisatorinnen, dass die Besucher Bücher wieder mehr für sich entdecken. „Lesen regt die Vorstellungskraft an, es lässt neue Welten im Kopf entstehen – das können andere Medien nicht“, wirbt Caroline Münzberg. Nur ein Buch in der Hand zu haben, sei in Zeiten des multimedialen Multitaskings zudem entspannend. „Und Bücher bringen Menschen zusammen, etwa wenn in Familien am Abend als Ritual vorgelesen wird.“

Und damit der Stoff beim Vorlesen nicht ausgeht, gibt es bei der Messe viele Anregungen. So haben Charlotte Blume und Caroline Münzberg alle Lieblingsbücher der Postkarten-Aktion besorgt – vom Fitzek-Bestseller bis zum Rembrandt-Nischenschmöker.