Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Viele Schüler scheitern am Abitur - Ursache sind nicht immer Leistungen

Magdeburg - Es gilt als eine der wichtigsten Prüfungen im Leben: das Abitur. Die Abschlussprüfung bringt deutschlandweit Jahr für Jahr Schüler ins Schwitzen. Doch in keinem Bundesland ist die Abbrecher- und Durchfallquote so hoch wie in Sachsen-Anhalt. Elternvertreter kritisieren die Zulassungs- und Berechnungshürden. Das Kultusministerium jedoch widerspricht dieser Einschätzung und hält die Vorgaben für gerechtfertigt.
Gute Testergebnisse
Im Jahr 2015 schafften hierzulande 4.841 Schüler die Hochschulreife, das sind zwar 639 mehr als im Vorjahr. Im entsprechenden Jahrgang 2007 waren allerdings 6.652 Fünftklässler an die Gymnasien gewechselt. Das heißt unter dem Strich: Etwa jeder vierte Schüler ist auf dem Weg zum Abitur verloren gegangen - eine Quote, die nirgends höher ist. Dabei sind die Kinder in Sachsen-Anhalt keineswegs leistungsschwächer als jene in anderen Bundesländern. In Vergleichstests erreichten sie Spitzenpositionen in naturwissenschaftlichen Fächern: die zweitbesten Ergebnisse in Chemie, die drittbesten in Physik und die viertbesten in Biologie. Selbst im gefürchtetsten aller Abiturfächer, Mathematik, erreichten die Teilnehmer Platz fünf.
Kritiker sehen den Grund für die hohen Abbruch- und Durchfallzahlen in den Zulassungs- und Berechnungsvorschriften. Die sind in Sachsen-Anhalt schärfer als anderswo. 36 bestandene Leistungen müssen die Schüler einbringen, um zum Abitur zugelassen zu werden. In den anderen Ländern genügen meist 26 bis 29 positive Noten. Und hat ein Gymnasiast erst einmal die Prüfungszulassung geschafft, wird es keineswegs leichter. Die Vorgaben für das Abitur und die Berechnung der Abschlussnote sind im Ländervergleich enorm. So müssen die Abiturienten üblicherweise drei vierstündige Fächer auf erhöhtem Niveau belegen, in Sachsen-Anhalt sind es ganze sechs - der Spitzenwert. Zudem ist auch die Prüfung in Mathematik Pflicht und einzelne Leistungen können nicht wie in anderen Ländern gestrichen werden.
Es sei, als würde man je einen Läufer für jedes Bundesland antreten lassen, dem Sachsen-Anhalter aber einen 15-Kilo-Sack um den Hals hängen und ihm erzählen, er habe die gleichen Voraussetzungen, sagt Winfried Borchert. Borchert ist Sprecher der Elterninitiative „Aktion Faires Abi“. Das Bündnis hat es sich zur Aufgabe gemacht, auf die ungleichen Abiturvoraussetzungen zwischen den einzelnen Bundesländern hinzuweisen. Durch die hohen Hürden und die geltende Berechnungsformel würde eine grobe Ungerechtigkeit geschaffen, beklagt Borchert. Das Ziel der Eltern sei kein „weichgespültes Abitur“, wie oft kritisiert werde, sondern Bildungs- und Chancengerechtigkeit zwischen den Bundesländern zu erreichen. Man wolle in Sachsen-Anhalt keineswegs ein Abitur, das leichter zu bekommen sei als in anderen Ländern, sondern vielmehr eines, das vergleichbar ist.
Das Magdeburger Kultusministerium weist die Kritik zurück. Das Abitur in Sachsen-Anhalt sei „anspruchsvoll, aber auch nicht schwerer zu bekommen als in anderen Bundesländern“, sagt Ministeriumssprecher Martin Hanusch. So müssten andernorts mehr Klausuren geschrieben oder noch zwei zusätzliche Fremdsprachen belegt werden. Einzelne Leistungen könnten zwar in der Tat nicht gestrichen werde. Das habe aber wiederum den Vorteil, dass sich schlechtere Leistungen in den Kernfächern besser ausgleichen ließen.
Land macht keine Abstriche
„Wir werden uns in Sachsen-Anhalt nicht an einem Wettbewerb beteiligen, wer in Deutschland das Abitur am leichtesten macht“, sagt Hanusch. „Wir würden uns keinen Gefallen tun, Abstriche nach unten zu machen“. Wobei liberale Vorgaben bei der Berechnung in anderen Ländern nicht zu einer Entwertung des Abiturs führen. So sind die Anforderungen etwa in Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen deutlich geringer. Dennoch zählen deren Abschlüsse zu den angesehensten. (mz)