Spitzel-Affäre in Teutschenthal Spitzel-Affäre in Teutschenthal: Stolperten Mitarbeiter über Kritik an Bürgermeister Wunschinski?
Teutschenthal - Die Spitzel-Affäre um versteckte Kameras im Teutschenthaler Rathaus hat womöglich einen völlig anderen Hintergrund als bisher angenommen.
Darauf deuten zwei brisante Stellungnahmen der beiden Gemeindemitarbeiter hin, die von Teutschenthals Bürgermeister Ralf Wunschinski (CDU) wegen Überwachungs-Vorwürfen Ende des Jahres beurlaubt worden waren.
Die schriftlichen Berichte, in denen sich die betroffenen Mitarbeiter jetzt zu den Vorwürfen äußern, liegen der MZ vor. Ihren Aussagen zufolge soll es eine Überwachung mit versteckten Kameras nie gegeben haben. Aber warum reagierte der Bürgermeister dann so drastisch?
Spitzel-Affäre in Teutschenthal: Kameras nur zur Testzwecken aufgestellt?
In seiner Stellungnahme schreibt einer der beiden beurlaubten Mitarbeiter, der in der Personalabteilung und als IT-Fachmann gearbeitet haben soll, dass er die Kameras nur zu Testzwecken aufgestellt habe. „Die eine Kamera stellte ich auf das Fensterbrett in meinem Zimmer und die zweite Kamera mit Einverständnis Frau Ks. in ihren Raum für jedermann zu sehen, um die Stärke des W-Lan-Signals prüfen zu können.“
Bei jener Kollegin handelt es sich offenbar um die andere beurlaubte Mitarbeiterin. Beide Mitarbeiter würden jeweils in Einzelzimmern sitzen. Kollegen, die die Kameras gesehen hätten, seien aufgeklärt worden, dass diese dort nur zu Testzwecken stehen würden.
Spitzel-Affäre in Teutschenthal: Umstrittene Einstellung durch Bürgermeister Wunschinski
Dass den beiden Mitarbeitern wegen der Kameras dennoch ein Vorwurf gemacht wurde, bringen sie in ihren Berichten mit der umstrittenen Einstellung eines Mitarbeiters im Sommer 2017 in Verbindung. Ihn soll Wunschinski nach MZ-Informationen auch außerhalb der Arbeit persönlich gut kennen. Laut dem Bericht verfügt der Mitarbeiter jedoch nicht über die nötigen Qualifikationen für den Posten.
„Gesucht wurde ein Mitarbeiter für die Bauverwaltung, im Konkreten ein Ingenieur. Herr G. erhielt die ausgeschriebene Stelle“, schreibt die nun beurlaubte Mitarbeiterin, die als Personalerin tätig war. Ihre Aufgabe sei es gewesen, alle erforderlichen Unterlagen des neu eingestellten Mitarbeiters und mutmaßlichen Bekannten Wunschinskis zusammenzustellen.
„Er teilte mir mit, dass er kein abgeschlossenes Studium als Ingenieur absolviert hat“, heißt es im Bericht. Auch nach mehrmaligen Aufforderungen habe G. keine Zeugnisse vorgewiesen, weshalb sich die Mitarbeiterin mit ihrem Kollegen an Wunschinski gewendet habe.
Spitzel-Affäre in Teutschenthal: Entledigte sich Bürgermeister unbequemer Mitarbeiter?
Wurden sie von ihm also nur beurlaubt, weil sie der Anstellung eines mutmaßlichen Freundes des Bürgermeisters im Wege standen? Die geschasste Mitarbeiterin befürchtet offenbar genau das: „Ich habe meinen Job immer gewissenhaft ausgeführt. Leider bringt das nicht immer Freunde mit sich“, schreibt sie. Gerne hätte sie sich im Rahmen einer Anhörung beim Bürgermeister geäußert, zu der es jedoch nie gekommen sei.
Auf MZ-Nachfrage wollte sich Wunschinski zu den Stellungnahmen und dem Stand der verwaltungsinternen Untersuchungen nicht äußern. Am Dienstag teilte er lediglich mit: „Es wurde heute festgelegt, dass es mit allen Beteiligten und den Anwälten am 16. Januar ein Gespräch geben wird.“ Im Nachgang werde man darüber eingehend informieren.
Auch die Landespolitik befasst sich mit Spitzel-Affäre in Teutschenthal
Unterdessen ziehen die Vorgänge aus dem Saalekreis-Ort immer weitere Kreise - bis in die Landepolitik. Mit den Vorgängen in Teutschenthal wird sich am Donnerstag auch der Innenausschuss im Landtag befassen.
Deren Mitglied Henriette Quade (Linke) äußerte bereits am Dienstag Zweifel an Wunschinskis Vorgehen nach Bekanntwerden der Spitzel-Vorwürfe: „Wenn es sich tatsächlich um eine strafbare Handlung gehandelt hätte, wäre es gut gewesen, direkt die Polizei zu rufen, aber der Bürgermeister hat offenbar zuerst selbst ermittelt.“ Wie die Staatsanwaltschaft Halle auf MZ-Nachfrage sagte, laufen die Ermittlungen noch immer. (mz)