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Schach Schach: Fußball oder Schach? Beides!

Von ANKE LOSACK 06.01.2012, 17:03
Schachfiguren zu Beginn einer Partie. (FOTO: DPA)
Schachfiguren zu Beginn einer Partie. (FOTO: DPA) dpa-Zentralbild

MEUSCHAU/MZ. - Auf der einen Seite im Wohnzimmer steht ein großer Kickertisch - auf der anderen ein Schachtisch mit vom Großvater eigens hergestellten Figuren. Fußball oder Schach? Stellt man diese Frage im Hause Handke in Meuschau, scheiden sich die Geister. Nur beim 13-jährigen Moritz, dem Jüngsten, nicht. Der macht beides gern.

Vater Gunter verliert regelmäßig gegen seine Tochter Katharina im Kickern. Er gibt es ungern zu. Doch wen wundert’s, denn Katharina spielt nicht nur mit den Männchen am Tisch super Fußball, sondern auch auf dem Rasen. Übrigens ebenso wie Mutter Andrea. Sie kicken in einer Mannschaft, im Frauenteam des ESV Merseburg.

Als Vater Gunter sich mit dem 13-jährigen Moritz zu einer Partie Blitzschach ans Brett setzt und die Figuren, wie der Name schon sagt, blitzschnell über das Brett wandern, sehen Andrea und Tochter Katharina zu. "Wir gucken auf das Brett und sehen da irgendetwas", sagt die Mutter verblüfft, denn die Schnelligkeit ihrer beiden Männer ist unfassbar. Sie und ihre Tochter haben sich auch schon im Schach versucht, überlassen das aber lieber den beiden verbliebenen Herren im Haus. Der größte Sohn, Tobias, ist ausgezogen. "Er ist auch Fußballer", so die Mutter, "na klar, er spielt auch Schach."

Moritz, der Jüngste, will sich nicht entscheiden - darum Schach und Fußball. Für den SV Meuschau kickt er in der C-Jugend und beim Schachverein Merseburg geht er einmal die Woche dem anderen Hobby nach. "Entwickelt sich da ein Fußballtalent zum Schachtalent?", stellte Peter Burghardt, der Vorsitzende des Merseburger Schachvereins, erst kürzlich die Frage in den Raum. Denn bei der Deutschen Meisterschaft ragte Moritz Handke mit einer Glanzleistung aus dem Merseburger U 14-Team, das Platz acht belegte, heraus. "Er gewann alle seine fünf Partien gegen meist viel stärkere Gegner", so Burghardt.

Auch der Vater von Moritz hatte diese Leistung seines Sohnes nicht erwartet. Doch er meint: "Moritz hat Talent für Schach." Dies zeige sich in seinem taktischen Sehvermögen, dem Gefühl für eine Stellung und seiner Aggressivität. Und sein Vater weiß, wovon er redet. Als er einen Schrank öffnet, kommen reihenweise Schach-Bücher zum Vorschein. Gunter Handke spielt noch aktiv in Leipzig Schach. Für seinen Sohn Moritz stellt er auf dem Brett ein- bis zweimal die Woche Aufgaben, die der 13-Jährige dann lösen muss. "Es gelingt nicht immer", sagt Moritz. Der Vater betont aber, er wolle kein Genie aus dem Sohn machen, der solle gern Schach spielen. Und das macht Moritz ja auch, seit seinem fünften Lebensjahr. Er ist ehrgeizig. "Wenn er mit dem großen Bruder eine Partie spielt, sind sie nicht ansprechbar", so die Mutter. "Aber ich bin ein guter Verlierer", sagt Moritz, was aufgrund der Glaubwürdigkeit dieser Aussage seine Familie zum Schmunzeln bringt.

Was macht für den 13-jährigen den Reiz am Schach aus? "Ich kann immer besser werden", sagt er. Bezirksmeisterschaft, Norddeutsche Meisterschaft, Deutsche Meisterschaft - "das ist schon was", so Moritz. Und natürlich die Wertzahl verbessern. "2 800 hat etwa der Weltmeister", erzählt der Vater. Und Moritz? "Ich habe jetzt etwa 1 500. Ein bisschen über 2 000 sollte es schon werden", sagt er.

Moritz ist aber ganz klar der Meinung, dass Schach ein Mannschaftssport ist. "Wie bei der Deutschen Meisterschaft", sagt er, "hätte nur ich gewonnen, hätte uns das nichts gebracht." Auch seine Mannschaftskollegen haben dazu beigetragen, dass das Merseburger Team so gut abgeschnitten hat. "Das ist wie beim Fußball und dem Spruch ’Elf Freunde müsst ihr sein’", meint Vater Gunter und lächelt. Darum sei die Aussage von Fußballtrainer und Hobby-Schachspieler Felix Magath, "alle Fußballer sollten Schach spielen", nicht abwägig. "Fußball ist auch ein intelligentes Spiel", sagt Gunter Handke. Denn auch dort komme es darauf an, als Einzelner die richtige Strategie zu wählen. "Man muss gucken, wo die Mitspieler stehen, um sie ins Spiel mit einzubeziehen", fügt Moritz an.

Wenige Male im Jahr, wenn sich an einem Wochenende ein Fußballspiel und ein Schachturnier überschneiden, wird der 13-Jährige vor die Tatsache gestellt: Fußball oder Schach? "Ich entscheide mich für Schach, weil so viele Turniere habe ich da nicht", sagt Moritz.