Rittergut Rittergut: Was Etzdorf mit dem Attentat auf Adolf Hitler zu tun hat

Etzdorf - Möglicherweise werden demnächst Schüler der Gemeinde Teutschenthal auf besondere Weise in die Geschichte eintauchen und recherchieren, in welcher Weise Menschen aus verschiedenen Orten der Gemeinde etwas mit dem Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 zu tun hatten. Diese Idee eines anschaulichen Geschichtsunterrichtes haben jedenfalls Jürgen Hayessen vom Rittergut Etzdorf und Michael Viebig, Leiter der Gedenkstätte Roter Ochse in Halle.
„Das Projekt ist noch in der Vorbereitungsphase“, erklärt Viebig. Zum diesjährigen Hoffest am 9. Juni will man aber erstmals darauf aufmerksam machen. Viebig und Hayessen hoffen, dass sie dort bereits Lehrer und/oder Schüler interessieren können.
Jürgen Hayessen übernahm das Rittergut Etzdorf vor etwas mehr als einem Jahr
Jürgen Hayessen übernahm das Gut vor etwas mehr als einem Jahr von seinen Eltern, die 1995 nach Etzdorf kamen, und neben dem Betreiben kontrollierter Landwirtschaft Pferde züchteten, Shiitakepilz anbauten und Seminare zur gesunden Ernährung anboten. Gemeinsam mit seiner Frau Theresa erfüllt Jürgen Hayessen das Rittergut in Teutschenthals Ortsteil Etzdorf nun mit neuem Leben und will auch in die Öffentlichkeit wirken.
Das Rittergut war bereits ab 1871 in Besitz der weitläufigen Familie. Damals hatte der königliche Amtmann Friedrich Schröder das Gut erworben. Sein Nachfahre Max Schröder (1908-1984) war ab 1934 der Besitzer. „Er war mit Carl Wentzel befreundet und wurde im Zuge von dessen Verhaftung ebenfalls von der Gestapo inhaftiert“, erzählt Jürgen Hayessen. Schröder sei zwar nicht unmittelbar am Attentat beteiligt gewesen, habe jedoch mit Persönlichkeiten wie Goerdeler und Reusch sympathisiert, die ebenfalls konspirativ gegen das Naziregime tätig waren. Im November 1944 sei Schröder aber aufgrund mangelnder Beweise wieder aus der Haft entlassen worden, so Hayessen weiter.
Etzdorf: Erster voll mechanisierter landwirtschaftlicher Betrieb Deutschlands
Von den Vorwürfen freigesprochen wurde er jedoch nicht. Rückwirkend wurde er von Bormann aus der NSDAP ausgestoßen und galt als nicht mehr tragbar. Unmittelbar nach dem Krieg war Max Schröder dann für die sowjetische Besatzungsmacht interessant. „Er hatte hier in Etzdorf den ersten voll mechanisierten landwirtschaftlichen Betrieb Deutschlands aufgebaut.
Die Russen wollten von ihm lernen“, blickt der heutige Gutsherr zurück. Max Schröder, der nach dem Krieg „als Großgrundbesitzer“ zwar enteignet wurde, führte es dann als Versuchsgut der halleschen Universität bis 1950 weiter. In seiner Tätigkeit immer mehr eingeschränkt, wechselte er schließlich in die Bundesrepublik.
Informationsposter zum Etzdorfer Rittergutsbesitzer Schröder
Die Recherchen im Bundesarchiv zum Verfahren des Volksgerichtshofs am 13. November 1944 sowie im Universitätsarchiv Halle zur unmittelbaren Nachkriegsgeschichte seinen bereits abgeschlossen, war von Michael Viebig zu erfahren. „Wir beschränken uns zunächst auf die Person von Max Schröder. Später werden wir noch Egbert Hayessen (1913-1944) in das Projekt einbeziehen, der in einem anderen 20. Juli-Verfahren zum Tode verurteilt worden war, und auf jeden Fall Carl Wentzel (1876-1944), gegen den gemeinsam mit Max Schröder und Anderen verhandelt wurde“, erläutert Viebig die geplante Vorgehensweise.
Er hofft, bis zum Hoffest zwei Informationsposter zu dem Etzdorfer Rittergutsbesitzer Schröder herstellen zu können. Auf dem ersten soll es um das Verfahren des Volksgerichtshofs vom 13. November 1944 gehen. Das zweite Poster soll sich mit Max Schröders Geschichte in der Nachkriegszeit bis zu seinem Wechsel in die Bundesrepublik beschäftigen. „Die Poster sollen dauerhaft in einem Gebäude des Gutes bleiben“, so Viebig.
››Am Samstag, 9. Juni findet von 11 bis 18 Uhr das diesjährige Hoffest des Ritterguts Etzdorf statt. Es gibt dann auch einen Flohmarkt, einen Biergarten und vielfältige Angebote für Kinder. (mz)