Bio - aus Überzeugung Öko-Landbau aus Petersberg: Warum Petersberger Landwirt auf ökologischen Anbau setzt

Drobitz - „Kleingärtner würden hier scheitern“, sagt Matthias Jahn, ohne das böse zu meinen. Doch der „Garten“, um den er sich kümmert, ist nun einmal ziemlich groß. 3.500 Quadratmeter Anbaufläche bewirtschaftet der 48-Jährige. Sie liegen in leichter Schräglage hinter seinem Hof in Drobitz, einem Ortsteil von Petersberg. Hinzu kommen noch mehrere Folienzelte, in denen unter anderem Tomaten und Gurken wachsen, ein Anzuchtgewächshaus sowie Obstwiesen.
Die große Anbaufläche hat er aufgeteilt nach dem Nährstoffbedarf der Kulturen. Starkzehrer sind Weißkohl, Zucchini, Wirsing, Kartoffeln, Sellerie und Kürbis, Mittelzehrer Rote Beete, Mangold, Pastinaken, Möhren, Salat und Petersilie und Schwachzehrer Erbsen, Bohnen und Ringelblumen. Er sagt: „Die lasse ich zwei Jahre an einer Stelle, dann baue ich um.“ Ein paar Durchläufe gab es schon. Seine Biogärtnerei Amselhof gibt es inzwischen seit 17 Jahren. Der Hof mit seinen insgesamt rund 8.000 Quadratmetern Fläche ist auch sein Zuhause.
Kunden der Bio-Produkte vor allem in Halle
Was Matthias Jahn anbaut, gibt es unter anderem in Läden in Halle kaufen. Er beliefert etwa den Biomarkt am Reileck oder das Biorio, das Restaurant Kumara, das Café Ludwig und die Kita Erdenkinder. Hinzu kommen Kunden in anderen Städten. „Ich brauche auch nicht mehr“, sagt Jahn.
Denn seinen Abnehmern möchte er viel Verschiedenes anbieten, statt „den Mangel zu verteilen“, wie er sagt und schiebt dann doch hinterher: „Manchmal mache ich das.“ So sei die Zucchini-Ernte in diesem Jahr schwach, doch jeder wolle Zucchinis haben. Er beliefert in so einem Fall nur zwei Läden und die anderen gehen leer aus, statt allen nur ein bisschen zu verkaufen.
„Ich finde, Gift zu verwenden für Pflanzen, die man isst, einen totalen Widerspruch.“
Matthias Jahn ist gelernter Gärtner, hat Gartenbau studiert. Und im Schrebergarten hat auch er seine Erfahrungen im Obst- und Gemüseanbau gesammelt. Der Hof bietet ihm nun die Möglichkeit, alles größer, üppiger und vielfältiger anzubauen. Warum er auf Bio setzt? „Ich finde, Gift zu verwenden für Pflanzen, die man isst, einen totalen Widerspruch.“ Deshalb verzichtet Jahn auf chemische Düngung und Pflanzenschutzmittel, verwendet stattdessen biologisches Saatgut und arbeitet mit einer weiten Fruchtfolge, mit Gründüngung, Kompost und Mist.
„Wenn man öfter auf ein Problem stößt, muss man etwas herumtesten“, sagt der Biogärtner. Und: „Man kann mit Fingerspitzengefühl einiges machen.“ So bereinigt er im Frühjahr eine große Fläche, in deren Mitte er dann Salat pflanzt. „Die Schnecken können diese Fläche nicht überwinden“, sagt er. Beim Porree habe es sich bewährt, Netze darüber zu legen.
Spürbarer Klimawandel: Landwirt aus Petersburg kämpft mit Trockenheit
Das halte die Zwiebelfliege ab. Das gilt auch für die Möhren. „Da sehe ich Netze als einzige Möglichkeit, sie madenfrei zu bekommen.“ Unter die Kürbisse hat er große Fließteppiche gelegt, durch die kein Unkraut komme. Und im August hört er auf, die Tomaten zu bewässern. „So tritt das Problem mit der Krautfäule erst später auf und ich kann damit besser umgehen.“
Wobei die Krautfäule in den letzten Jahren aufgrund der Trockenheit auch kein Problem dargestellt habe. Dafür aber die Trockenheit selbst. Matthias Jahn sagt, dass alle Widrigkeiten immer da sind. Es gebe sie mal mehr und mal weniger. Durch den Klimawandel würden sich die Schwierigkeiten aber häufen. „Trockenheit bedeutet Stress für die Pflanzen.“ Der Biogärtner zieht daraus für sich den Schluss, mit noch mehr Sorgfalt für seine Pflanzen arbeiten zu müssen.
Schädlinge gehören dazu - Mäuseplage im XXL-Garten
Und wenn die Gurken sowohl vom echten als auch vom falschen Mehltau und noch dazu von Spinnenmilben befallen sind, „dann muss man das akzeptieren“. Er sagt, Schädlinge gehören zum Gärtnern dazu, genau wie Krankheiten.
Gegen die Mäuseplage etwa habe er in diesem Jahr nichts machen können - obwohl die sieben Katzen auf dem Hof schon viele Mäuse erwischt hätten. Er schätzt, dass 98 Prozent der Roten Beete angeknabbert wurden. Jahn hofft dann auf die Toleranz der Kunden. Bioanbau bedeutet für ihn auch, der Natur Zugeständnisse zu machen.
Zu viel Arbeit, zu wenig Geld beim ökologischen Anbau
Leider gehört für ihn auch eine gewisse Selbstausbeutung dazu. Der Amselhof ist ein Ein-Mann-Betrieb, auch wenn Jahn dieses Jahr für einige Monate von einem FÖJler unterstützt wurde. Im Sommer gebe es in der Regel 60-Stunden-Wochen. „Da ist manchmal nicht mehr so viel Idylle da.“ Er sagt auch: „Die Arbeit ist eigentlich zu viel und das Geld ist eigentlich zu wenig.“
Wenn da, neben dem Ideal des biologischen Anbaus, nicht doch auch die Vorteile wären. „Ich bin mein eigener Chef“, sagt der Biogärtner als Erstes. Zudem reize es ihn, Gemüse in dieser Größenordnung anzubauen, gärtnerische Methoden auszuprobieren. Nicht zu vergessen: der Geschmack. „Die erste Erdbeere, das erste Radieschen selber zu essen, ist unbezahlbar.“ Und überhaupt: Etwas zu ernten und damit gleich zu kochen seien für ihn „paradiesische Zustände“. Eigentlich würde er sich das für alle Menschen wünschen.(mz)
