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Bildung und Freiraum Naturwerkstatt als Oase für Schochwitzer Jugend

Bildung und Freiraum werden in der Naturwerkstatt geboten - seit stolzen zehn Jahren.

Von Phillip Kampert 27.07.2021, 17:30
In der Naturwerkstatt kümmern sich die Kinder ums Gehege und Futter für die  Tiere. Gerade die Kaninchen sind beliebt.
In der Naturwerkstatt kümmern sich die Kinder ums Gehege und Futter für die Tiere. Gerade die Kaninchen sind beliebt. (Foto: Naturwerkstatt Schochwitz)

Schochwitz/MZ - Emma schmiert sich mit der Hand Ton ins Haar, bemerkt es nicht. Hochkonzentriert töpfert die Schülerin an einer Kaninchenskulptur. Die Mädchen an den Tischen neben ihr sind ebenso in ihre tönernen Projekte vertieft. Emma ist mit Körper und Kopf ihres Tierchens schon fertig - jetzt sind die Ohren an der Reihe. Aus frischem Ton formt sie Ovale und klebt sie mit Schlicker, in Wasser aufgelöstes Tonpulver, an den Kaninchenkopf. „Das ist für meinen Opa“, sagt sie. Der Tierarzt hat sich von seiner Enkelin etwas Schmuck für seine Praxis gewünscht.

Emma ist sichtlich stolz auf ihr Kaninchen. Zusammen mit vier anderen Mädchen zwischen acht und zwölf Jahren ist sie - wie oft an Freitagen - in die offene Töpferwerkstatt der Naturwerkstatt Schochwitz gekommen. Seit zehn Jahren werden dort Werkstätten, Freizeiten und offene Räume vor allem für Kinder und Jugendliche im sonst eher verschlafenen Ort angeboten. „Wir sind hier auf’m Dorf“, sagt Mandy Hollweg, Geschäftsführerin von „Natur schafft Wissen“, der Gesellschaft, die die Naturwerkstatt trägt.

„Die Kleinen von früher übernehmen in den neuen Projekten Verantwortung“

Vor zwölf Jahren zog die Umwelt- und Hydrogeologin mit ihrer Familie von Halle nach Schochwitz, um ihren Kindern ein ruhiges Aufwachsen zu ermöglichen. Bald darauf folgte die Gründung der Naturwerkstatt direkt neben dem Schloss. Seit dem ist einiges dazu gekommen: ein Garten, neue Räumlichkeiten, Tiergehege und Bienenstöcke. „Die Kleinen von früher übernehmen in den neuen Projekten Verantwortung“, sagt Hollweg, „es ist toll, diese Entwicklung zu begleiten.“

Blick auf den Kaninchenstall im Lindengarten - im Schatten des Schlosses
Blick auf den Kaninchenstall im Lindengarten - im Schatten des Schlosses
(Foto: Naturwerkstatt Schochwitz)

Die Lage im Dorf biete Vor- und Nachteile. Hollweg liebt die Ruhe und das gegenseitige Vertrauen. Gleichzeitig sei der schlechte Nahverkehr schade. So hätten Kinder aus dem nur knapp 15 Kilometer entfernten Eisleben kaum eine Chance, an den Angeboten teilzunehmen, ohne mit dem Auto gebracht zu werden. Dabei gäbe es genug Platz für Dutzende Kinder, ob in den Werkstätten, dem Ruhebereich oder dem Lindengarten mit seinen Beeten, Bänken und Hängematten.

„Nähzirkel Zickzack“

Während Emma in der Töpferwerkstatt den Sitz der Tonohren überprüft, rattern nebenan die Nähmaschinen. Unter der Anleitung von Pädagogin Hannah Taege, eine von vier Angestellten, arbeitet ein halbes Dutzend Mädchen an ihren Ideen. Es ist die letzte „Nähzirkel Zickzack“ vor der Sommerpause und die Kinder beeilen sich mit Konzentrationsfalten zwischen den Brauen, um ihre Projekte abzuschließen. Taege hat Popmusik aufgelegt, hilft beim Einfädeln und beim Interpretieren von Schnittmustern. „Die Kinder suchen sich aber selber aus, woran sie arbeiten. Ich helfe bloß“, sagt sie.

Mandy Hollweg ist Gründerin und  Geschäftsführerin der Naturwerkstatt.
Mandy Hollweg ist Gründerin und Geschäftsführerin der Naturwerkstatt.
(Foto: Naturwerkstatt Schochwitz)

Die Naturwerkstatt ist ein Ort, an dem Kinder sich sichtlich ausleben können. Die Erwachsenen geben Struktur, die die Kreativität fördert, nicht einschränkt. Neben der Arbeit mit den Kindern und Schulklassen stehen auch Dorffeste und Begegnungs-Cafés auf dem Programm. Das Geld dafür kommt vor allem vom Land, vom Kreis und aus Strukturfördermitteln. Aber auch private Geldgeber sind an Bord. So wird im Lindengarten mit Mitteln von EnviaM ein Steinbackofen gebaut, mit dem etwa Schulklassen-Workshops zum Thema „Vom Korn zum Brot“ veranstaltet werden.

Als die Werkstätten vorbei sind, wird der Tag mit dem Eintreiben der Kaninchen beendet. Tagsüber hoppeln die Tiere durch ihr Gehege, abends müssen sie zurück in den Stall. Gekonnt locken Emma und eine Freundin Pocahontas, Waffel, Hoppel und Eierkuchen mit etwas Futter ins Nachtquartier. Zuletzt schauen sie nach den Hühnern. Breit lächelnd hält Emmas Freundin ein frisches Ei empor. „Das ist sogar noch warm“, strahlt sie.