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Nach sieben Wochen Pause Nach sieben Wochen Pause: Wenn die Möbel-Riesen Ikea und Höffner erwachen

Von Robert Briest 07.05.2020, 08:30
Ikea hatte sich auf einen Ansturm vorbereitet. Zur Öffnung um 10 Uhr warteten knapp 500 Kunden
Ikea hatte sich auf einen Ansturm vorbereitet. Zur Öffnung um 10 Uhr warteten knapp 500 Kunden Katrin Sieler

Günthersdorf - „Wir haben keine Möbel im Haus“, sagt Nancy Sommermann. Ihre alten Möbel hätten sie verschenkt, doch vor dem Kauf der neuen sei Corona dazwischen gekommen. „Wir brauchen jetzt einmal alles komplett“, sagt die Hermsdorferin. Die Vorauswahl haben sie schon im Netz getroffen.

„166 Artikel stehen auf dem Merkzettel. Das sind nicht nur Kerzen“, scherzt Sommermann, die mit Partner und Sohn am Mittwochmorgen an Position fünf der mit Flatterband und Absperrgittern gebändigten Warteschlange vor dem Günthersdorfer Ikea steht. Um neun, also eine Stunde vor Wiedereröffnung des Möbelhauses nach siebenwöchiger Pause, haben sie sich dort angestellt. Bis um 10 Uhr reihen sich 500 weitere Möbelkäufer hinter ihnen ein.

„Wir brauchen die Platte schnellstmöglich“

Vor der Hermsdorfer Familie steht eine Merseburgerin, die seit einem Monat nur in der Plasteschüssel abwaschen kann. Der neuen Küche fehle die Arbeitsplatte und ohne die könne auch die Spüle nicht montiert werden. „Wir brauchen die Platte deshalb schnellstmöglich“, begründet sie ihren Weg in die Warteschlange. Weil die Platte speziell zugesägt werden müsse, habe sie die nicht online bestellen können.

Einige Meter weiter warten vier Studenten, die gerade nach Halle gezogen sind, auf den Einlass. Einer braucht noch Möbel für sein WG-Zimmer, ein anderer Vorhänge und vor allem, so sagt er, wolle er Hotdogs essen. Ein Wunsch, der unerfüllt bleiben wird. Das Bistro hinter den Kassen ist ebenso wie das Restaurant noch geschlossen.

„Insgesamt dürfen sich maximal 540 Kunden auf einmal im Haus aufhalten“

Auch sonst ist manches an diesem ersten Tag nach dem Shutdown anders. Als sich die Türen um 10 Uhr öffnen, dürfen immer nur 50 Kunden hinein, dann gibt es eine Pause, dann weitere 50. „Insgesamt dürfen sich maximal 540 Kunden auf einmal im Haus aufhalten“, erklärt Ikea-Sprecher Marcus Jose die Hygienevorschriften, deren Umsetzung Polizei und Ordnungsamt am Vortag noch mal kontrolliert haben. Der Einlass werde über Mitarbeiter und Funk kontrolliert. Wenn die Kapazität ausgeschöpft sei, würden neue Kunden erst eingelassen, wenn fünf das Geschäft verlassen hätten.

Für Mitarbeiter wie Einkäufer gilt im Markt Maskenpflicht. „Die Reinigungsfirmen sind angewiesen alle 90 Minuten zu wischen. Die Matratzenauflagen müssen gewechselt werden“, erklärt Jose. Im Ladenradio würden Spots an die Einhaltung der Sicherheitsabstände erinnern. Trotz der vielen Schutzmaßnahmen sagt Jose: „Wir sind froh, dass es wieder anläuft.“ Er rechnet damit, dass der ausgefallene Umsatz der vergangenen Wochen teilweise nachgeholt wird. Schließlich bräuchten die Leute ja Möbel.

Ganz geruht hatte der Betrieb bei Ikea nicht

Ganz geruht hatte der Betrieb ohnehin nicht. Ikea hatte bei Onlinebestellung die Selbstabholung am Parkplatz angeboten. Die 80 Zeitfenster pro Tag seien teils anderthalb Wochen im Voraus ausgebucht gewesen, berichtet der Sprecher. Die Möglichkeit soll es auch weiterhin geben, damit weniger Kunden ins Haus müssten.

Am Mittwoch flaut der Ansturm schnell ab. Wer 10.30 Uhr kommt, kann schon ohne Warten hinein. Dessen Verantwortliche blicken nun gespannt auf den Samstag, wenn erfahrungsgemäß die Familien kommen und sich sonst an Spitzentagen bis zu 6.000 Kunden durch das Möbelhaus wälzen. „Wir haben aus Köln gehört, dass das dort am Wochenende eine Herausforderung war.“

„Möbelzeit ist die dunkle Jahreszeit.“

Auf der anderen Seite der B181 hat man schon zwei Tage mehr Erfahrung mit dem Möbelverkauf in Corona-Zeiten. Höffner hat bereits seit Montag wieder geöffnet. Es sei etwas mehr Publikumsverkehr als sonst, aber es laufe alles gesittet ab, Abstände würden eingehalten, berichtet Maike Maffee, Leiterin der Filiale Günthersdorf.

Nach den Vorgaben des Ordnungsamtes dürfte sie 900 Kunden zeitgleich im Haus haben: „Wir haben uns aber firmenintern auf 700 bis 750 reglementiert. Dann kommt eine Person auf 50 Quadratmeter“, erklärt Maffee. Jetzt im Frühjahr, Sommer sei der Andrang in Möbelhäusern normalerweise ohnehin nicht so groß. „Möbelzeit ist die dunkle Jahreszeit.“

Die Höffner-Chefin hält es aber durchaus für möglich, dass sich das in diesem Jahr etwas anders verhält und damit ein gewisser Nachholeffekt für die Wochen der Schließung eintritt. Schließlich könnten viele Leute dieses Jahr nicht wie üblich in Urlaub fahren und seien die vergangenen sechs Wochen zu Hause gewesen. Währenddessen hätten viele Zeit gehabt, sich an ihren bisherigen Möbeln sattzusehen. (mz)

Bei Nachbar Höffner können Kunden bereits seit Montag wieder einkaufen.
Bei Nachbar Höffner können Kunden bereits seit Montag wieder einkaufen.
Katrin Sieler