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Bekamen Bewohner zu wenig Essen? Bekamen Bewohner zu wenig Essen?: Behörde schließt Pflegeheim im Saalekreis

Von Gert Glowinski 22.12.2017, 08:00
Ein Senior fährt mit seinem Rollstuhl über den Flur eines Pflegeheims.
Ein Senior fährt mit seinem Rollstuhl über den Flur eines Pflegeheims. dpa-Zentralbild

Halle (Saale) - Zum ersten Mal haben die Behörden in Sachsen-Anhalt ein Pflegeheim wegen massiver Mängel schließen müssen. Trotz mehrfacher Mahnung hatte sich die Situation in dem Heim nach Angaben des Landesverwaltungsamtes nicht verbessert.

Demnach sollen in dem Heim östlich von Halle mit fast 40 Plätzen Probleme vor allem im Pflegebereich aufgetreten sein. So hätten unter anderem Mitarbeiter nicht die notwendige Qualifikation gehabt. Auch bei der Essensversorgung der Heimbewohner habe es Schwierigkeiten gegeben.

In dieser Woche hat das Landesverwaltungsamt mit Unterstützung von Polizei und Rettungsdienst einen Großteil der Heimbewohner in andere Einrichtungen gebracht. „Wir haben für möglichst ortsnahe Unterbringungsmöglichkeiten in anderen stationären Pflegeeinrichtungen dem Pflegebedarf entsprechend und unter Beteiligung von Angehörigen und Betreuern gesorgt“, sagt Behörden-Sprecherin Gabriele Staedter.

Allerdings wollten nicht alle Bewohner das Heim verlassen, zwölf sind freiwillig in der Einrichtung geblieben. Gezwungen werden können sie freilich nicht. Allerdings hat das Heim nun keine offizielle Genehmigung mehr und auch die beteiligten Kassen zahlen nicht mehr für die Betreuung dort.

Heimbetreiber scheitert mit Eilantrag vor Gericht

„Aufgrund der Tatsache, dass die Betreiberin nicht bereit war, die angeordnete Einrichtungsschließung umzusetzen, wurde die Schließung des Pflegezentrums als Ersatzvornahme durch das Landesverwaltungsamt notwendig. Ein bisher einmaliger Vorgang in Sachsen-Anhalt“, so Staedter. Zuvor war der Heimbetreiber vor Gericht mit einem Eilantrag gescheitert, die Schließung abzuwenden.

Claudia Schmidt, die Sprecherin des Oberverwaltungsgerichts in Magdeburg, sagte zur Begründung: „Wir haben wirtschaftliche Interessen des Heimbetreibers und eine mögliche Gesundheitsgefährdung für die Bewohner gegeneinander abgewogen.“ Das Gericht muss nun aber auch in der Sache über den Fall entscheiden. Vor dem halleschen Verwaltungsgericht hatte die Heimleitung bereits mit ihrer Beschwerde gegen das Landesverwaltungsamt verloren. Gegenüber der MZ wollte man sich nicht äußern.

Verlegung der Verwandten sei von  Heimleitung behindert worden

Angehörige von Heimbewohnern bestätigen aber die Vorwürfe vonseiten der Behörden. „Unsere Schwiegereltern wurden seit zwei Jahren dort betreut und ich bin sehr froh, dass sie nun woanders sind“, sagt Frank Müller aus Großkugel (Saalekreis). Die Verlegung seiner Verwandten sei von der Heimleitung massiv behindert worden, man habe versucht, die Rentner am Verlassen des Heimes zu hindern. Auch die Vorwürfe bei der Essensversorgung seien zutreffend, sagt Müller. Seine Schwiegereltern hätten über Hunger geklagt und um zusätzliches Essen gebeten.

Aber längst nicht alle Bewohner und deren Angehörige sind einverstanden mit der Schließung des Heimes. Nach MZ-Informationen sind Behördenmitarbeiter vor Ort mehrfach beleidigt worden, als sie die Heimbewohner zum Verlassen der Einrichtung bewegen wollten.

Der Fachkräftemangel in der Altenpflege hatte bereits Mitte des Jahres in Halle zur Schließung eines Heimes geführt, weil die Pflege nicht mehr abgesichert werden konnte. Aber anders als bei der Einrichtung im Saalekreis hatten die Heimleitung hier selbst den Betrieb der Einrichtung eingestellt. (mz)