Voll voller S-Bahn S-Bahn Leipzig Halle: Fahrradfahrer sollen in Zügen strenger kontrolliert werden

Halle (Saale)/Leipzig - Die Information ist noch frisch, da werden schon die Folgen spürbar. In der S 3 nach Halle, einem einzelnen kurzen Zug, drängen sich an einem Abend im August DHL-Mitarbeiter auf dem Weg zur Schicht, Familien - und Fahrradfahrer. Schon am Leipziger Hauptbahnhof die erste Absage: „Ich nehme keine Räder mehr mit“, sagt die Schaffnerin kategorisch. Die S-Bahn ist voll.
Erst ein paar Stunden zuvor hatte die Deutsche Bahn angekündigt, die kostenlose Fahrradmitnahme in den Zügen der S-Bahn Mitteldeutschland künftig schärfer zu kontrollieren.
In einer Mitteilung und auf Plakaten in Bahnhöfen nennt der Konzern Obergrenzen: Demnach dürfen in einem kurzen dreiteiligen S-Bahn-Zug maximal zwölf Fahrräder mitgenommen werden, in einem vierteiligen 15, in einem fünfteiligen 24. Und: „Es besteht kein Anspruch auf Fahrradbeförderung. Bei hoher Nachfrage entscheidet unser Zugpersonal über die Fahrradmitnahme.“
Neu ist das nicht. Die Bahn beruft sich dabei auf die Beförderungsbestimmungen des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes (MDV), der im Großraum Halle/Leipzig den öffentlichen Nahverkehr und die Tarife plant. Auch Obergrenzen für den Fahrradtransport seien für jeden Zugtyp definiert, sagt Wolfgang Ball, Sprecher der Landesnahverkehrsgesellschaft Nasa, mit der die Kontrollen abgestimmt sind. Nur: Einer breiten Öffentlichkeit waren diese Grenzen bisher nicht bekannt, wie Ball einräumt: „Das ist bisher nicht so deutlich kommuniziert worden.“
S-Bahn zwischen Leipzig und Halle will Fahrradfahrer öfter nicht mehr mitnehmen: Verweis auf Ende der Ferien
Unstrittig ist: Die Fahrradmitnahme in der S-Bahn bereitet seit Jahren Probleme. Gerade im Berufsverkehr findet sich schnell kein Platz mehr in überfüllten Zügen. Warum also gerade jetzt schärfere Kontrollen? Die Bahn und die Nasa verweisen auf das Ferienende, wodurch die Züge wieder voller würden. Das sei „ein geeigneter Zeitpunkt, um auf die bestehenden Regelungen hinzuweisen“, so ein Bahnsprecher.
Hinweise? Carsten Schulze-Griesbach spricht lieber von „Gängelung“ und „Reglementierungen“, die nicht zu Verbesserungen führten, sondern neue Konflikte schafften.
Das Problem sind aus Sicht des Referenten beim Fahrgastverband Pro Bahn nicht zu viele Fahrräder, sondern zu wenige Züge. Seit dem Start des S-Bahn-Netzes im Dezember 2013 stehen immer wieder außerplanmäßig Bahnen in der Werkstatt. Häufig verkehrt daher nur ein einzelner kurzer Zug, wo eigentlich zwei aneinandergekuppelt fahren müssten.
Zuletzt fielen über Wochen reihenweise Motoren aus, Züge mussten aus dem Verkehr gezogen werden. Die Frage, ob die Probleme gelöst sind, ließ die Bahn am Dienstag offen. Ein Sprecher sagte, um Werkstattaufenthalte verkürzen zu können, sei der Bestand an Ersatzteilen erhöht worden.
In Internet-Kommentaren sind die schärferen Kontrollen umstritten. Immer wieder wird gefordert, für die Fahrradmitnahme künftig Geld zu verlangen.
Schulze-Griesbach hält das für falsch: Nach Schätzungen von Pro Bahn machen Radfahrer zehn bis 20 Prozent der Fahrgäste in den S-Bahnen aus. Meist handele es sich um Pendler mit Abo-Karten, also um Stammkunden.
Schulze-Griesbach rechnet damit, dass ein Teil von ihnen aufs Auto umsteigen würde, wenn für Fahrräder im Zug extra gezahlt werden müsste. „Fahrgäste sind Geldbringer. Die vergrault man nicht.“ Soweit wird es wohl auch nicht kommen. In Sachsen-Anhalt ist die Fahrradmitnahme nicht nur in S-Bahnen kostenlos, sondern in allen Nahverkehrszügen. Das ist politisch gewollt.
S-Bahnen zwischen Leipzig und Halle zu voll: Ruf nach neue Zügen
Pro Bahn fordert seit Jahren, den Fuhrpark auszubauen, also weitere Züge anzuschaffen. Auch die Bahn hatte dies 2017 ins Spiel gebracht, blitzte bei den Ländern Sachsen-Anhalt und Sachsen jedoch ab. Diese müssten die Betriebskosten tragen. Da Züge viele Jahre genutzt werden, könnte die Bahn sich die Anschaffungskosten so zurückholen.
Der Verkehrsverbund Oberelbe im Großraum Dresden geht derweil andere Wege. Bis zur Fahrradsaison im kommenden Jahr will der Verbund in einigen Zügen zusätzliche Fahrradplätze schaffen. (mz)