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Rücktritt von Ortsbürgermeister Nierth in Tröglitz Rücktritt von Ortsbürgermeister Nierth in Tröglitz: Stahlknecht hat Angst vor Nachahmern

09.03.2015, 13:31
Markus Nierth
Markus Nierth MZ Lizenz

Magdeburg/Tröglitz - Der Rücktritt des parteilosen Ortsbürgermeisters von Tröglitz (Burgenlandkreis), der sich von den Behörden nicht vor einem ursprünglich geplanten Aufmarsch von Rechtsextremen vor seinem Haus geschützt fühlte, führt zu ersten Konsequenzen. Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) kündigte am Montag an, er wolle ehrenamtliche Bürgermeister besser schützen. Bis nächste Woche werde er einen Erlass herausgeben, damit Landkreise und kreisfreie Städte Demonstrationen vor Häusern ehrenamtlicher Politiker verbieten können.

Klare Botschaft an Rechtsextremisten

Bisher gebe es nur Gerichtsurteile zu Demos vor Wohnsitzen hauptamtlicher Politiker - die müssten Proteste dulden, so Stahlknecht. Ehrenamtliche Bürgermeister seien aber - gerade wie hier in Asylfragen - nicht die Entscheider. „Ihre Persönlichkeitsrechte müssen eine ganz andere Gewichtung haben“, sagte der Minister. Er habe Sorge, dass der Fall Tröglitz Nachahmer finden könnte. Der Erlass sei auch „eine klare Botschaft an Rechtsextremisten: Wir wackeln nicht.“

Proteste gegen Unterbringung von Asylbewerbern

Markus Nierth war in der vergangenen Woche zurückgetreten, weil er sich und seine Familie nicht ausreichend vor einem Aufmarsch geschützt sah, den ein NPD-Kreistagsmitglied angemeldet hatte und der ursprünglich vor dem Haus des Ortsbürgermeisters enden sollte. Die Route wurde in Absprache mit dem NPD-Politiker erst geändert, als der Rücktritt des 46-Jährigen bereits bekannt war. Hintergrund für die Kundgebung sind Pläne des Burgenlandkreises, 40 Asylbewerber in Tröglitz unterzubringen. Dagegen gibt es seit Wochen Proteste. Nierth wollte vermitteln. Er distanzierte sich jedoch klar von den Positionen der NPD und wurde so offenbar zur Zielscheibe der Rechten.

Landrat räumt Fehler ein

Sachsen-Anhalts CDU-Chef Thomas Webel zeigte sich unterdessen verärgert darüber, dass er erst am Sonntag über den Fall informiert wurde. „Wenn solche Dinge anstehen, wünsche ich mir als Parteivorsitzender schon, dass die Leute vor Ort zum Hörer greifen und mal rechtzeitig anrufen.“ Es sei zwar für die Behörden schwierig, eine durch das Grundgesetz geschützte Versammlung unter freiem Himmel zu verbieten, „aber bei rechtzeitiger Information hätten wir wenigstens noch eine Gegendemo organisieren können“. Es sei selbstverständlich, dass Kommunalpolitiker die „volle Rückendeckung erhalten“, wenn Rechte aufmarschierten, „egal in welcher demokratischen Partei sie sind“. Auf Nachfrage erklärte der Parteichef, er beziehe seine Kritik an der mangelnden Informationspolitik sowohl auf den zurückgetretenen Ortsbürgermeister als auch auf Landrat Götz Ulrich (CDU). Ulrich selbst räumte inzwischen „Fehler in der Kommunikation ein, die wir auswerten müssen“.

Haseloff mahnt zur Wachsamkeit

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) bedauerte den Rücktritt und rief zum Kampf gegen rechtes Gedankengut auf. „Unsere Demokratie ist stark und wehrhaft. Ihre Gegner sollten an unserer Entschlossenheit, sie zu verteidigen, nicht zweifeln.“ Mit Blick auf Tröglitz mahnte er zu mehr Wachsamkeit. „Wir müssen frühzeitig entsprechende Signale und auch aus der kommunalen Ebene gemeldet bekommen, wenn sich dort Prozesse ereignen, die der Weltoffenheit entgegenstehen.“ (mz/cis/lö/hk)

Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU) während der Landespressekonferenz Magdeburg
Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU) während der Landespressekonferenz Magdeburg
dpa/Archiv Lizenz
Holger Stahlknecht (CDU), Minister für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt, spricht während der Landtagssitzung in Magdeburg.
Holger Stahlknecht (CDU), Minister für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt, spricht während der Landtagssitzung in Magdeburg.
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