Neuer Intercity 2 der Deutsche Bahn Neuer Intercity 2 der Deutsche Bahn: Doppelstock-Zug rollt durch Sachsen-Anhalt

Magdeburg - Auf Gleis zwei des Magdeburger Hauptbahnhofs beginnt gestern gegen zehn Uhr eine neue Ära - zumindest wenn es nach der Deutschen Bahn geht. Die alte Ära hatte ich da gerade verlassen. Nach Magdeburg bin ich nämlich mit einem Intercity der ersten Generation gereist. 49 Minuten dauerte die Fahrt von Halle mit dem in die Jahre gekommenen Schnellzug, in dessen Großraumabteil der Lack schon etwas ab ist.
Die Sitze sind durchgesessen und ausgeblichen. Die Polster ziert ein Muster, das sich zwischen blau, grün und rosa nicht entscheiden kann. Insgesamt eine matschige Mischung. Die Fahrt mit dem alten IC ist ruckelig und rumpelig. Sobald man ländliches Gebiet durchfährt, fällt der Mobiltelefon-Empfang aus. Doch angesichts der alles übertönenden Fahrgeräusche ist an ein entspanntes Telefonat sowieso nicht zu denken.
Doch all das soll sich künftig ändern. Und wie, wurde gestern auf Gleis zwei des Magdeburger Hauptbahnhofs präsentiert. Dort wartete nämlich einer der ersten Intercitys der zweiten Generation auf seine Tauffahrt. Der Neue in der Flotte der Deutschen Bahn ist 154 Meter lang, 15 Millionen Euro teuer und er hat ein markantes Merkmal: eine zweite Etage. Erstmals kommen damit im Fernverkehr der Bahn Doppelstockzüge zum Einsatz. In den kommenden Jahren soll das Modell IC 2 nach und nach seine bis zu 40 Jahre alten Vorgänger ersetzen. Und von Beginn an wird der Schnellzug auch durch Sachsen-Anhalt rollen.
Erste Einsatzstrecke ab 13. Dezember ist die Linie von Dresden an die Nordsee mit Halt in Halle, Köthen und Magdeburg. Ab Februar 2016 wird dann eine zweite Strecke mit den neuen Zügen bestückt. Sie steuert die gleichen Orte im Land an, endet jedoch in Köln. Erfreut über diese Berücksichtigung von Sachsen-Anhalt zeigte sich gestern Thomas Webel (CDU). Der Verkehrsminister war einer der Paten des auf den Namen „Magdeburger Börde“ getauften Zuges.
„Es ist wichtig, dass die IC-Verbindungen bei uns im Land gestärkt werden“, sagte Webel. Kurze Zeit später verteilte er zusammen mit den anderen Taufpaten mehrere Flaschen halbtrockenen Rotkäppchen-Sekt auf das neue Gefährt. Der Zug sieht von außen betrachtet etwas knautschig aus. Bei der Bahn spricht man von „kompakt“. Im Gegensatz zu den alten Zügen seien die neuen sehr viel kürzer, durch die zweite Etage jedoch nicht kleiner. Die geringere Länge habe dabei aber den Vorteil, dass Energie gespart wird. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger verbrauche der neue IC 20 Prozent weniger Strom.
Mehr, aber nicht üppig Platz
Kurz nach 11 Uhr geht es dann los. Ich steige ein. Mit mir drängen sich die anderen Testfahrer in den Zug. Die Bahn hatte zuvor 180 Freitickets verlost. Doch lange Schlangen bilden sich nicht vor dem Zug. Der Grund: die Türen sind wesentlich breiter als bisher. Auch ist der Einstieg ebenerdig. Der für viele Fahrgäste schwierige Zugang über die enge Eingangstreppe entfällt damit. Das ist auch hinsichtlich eines behinderten- und altersgerechten Reisens ein großer Fortschritt.
Im Inneren des Zuges ist es hell und lichtdurchflutet. Die Wände sind weiß und die Sitze dunkelblau. Und als der Zug losrollt, gibt es eine Überraschung: Es ist überhaupt nicht laut. „Sie werden gerne mit dem Zug fahren“, versprach bereits Bahn-Produktmanager Karsten Kemeter in einer Ansprache vor der Taufe. Na mal sehen.
Weitere Informationen zum neuen Intercity II lesen Sie auf Seite 2.
Ich setze mich auf einen der Plätze mit Tisch. Davon gibt es 36 pro Wagen - mehr als in den alten Intercitys. Insgesamt hat der fünfteilige Zug 465 Sitze. 70 davon befinden sich in der ersten Klasse. Zudem gibt es ein extra Abteil für Familien. Ich schaue mich um. Das Innere des Zuges erinnert mich an die modernen Doppelstockwagen, die bereits seit einigen Jahren im Nahverkehr eingesetzt werden. Ein Techniker der Bahn meint, dass die Modelle verwandt seien. Er versichert mir jedoch, dass man in den neuen ICs viel mehr Platz habe. Das stimmt, wenngleich man nicht von einer üppigen Beinfreiheit sprechen kann.
Und auch auf einem anderen Gebiet ist das Platzangebot verändert. Gepäck kann jetzt nicht mehr auf den großen Ablagen über den Sitzen deponiert werden. Es muss in eines von sechs Gepäckregalen pro Wagen verstaut werden. Ob das ausreicht, wird sich erst bei einem voll besetzten Zug zeigen. Gleiches gilt für die Fahrradstellplätze. Davon gibt es lediglich neun. Noch dazu in einem Abteil, das mit Teppichboden ausgelegt ist. Dass der nach dem ersten Winter noch immer blau ist, ist zu bezweifeln.
Kein WLAN und kein Bordbistro
Wir verlassen Magdeburg. Es ist kein Zufall, dass der Zug von hier aus losfährt. Die Landeshauptstadt ist, was die Bahnanbindung angeht, ein gebeutelter Ort. 2014 wurde sie fast komplett vom ICE-Schnellverkehr abgekoppelt. Quasi als kleine Entschädigung bekommt die Elbmetropole nun als erstes die neuen ICs. Und zumindest vom Komfort her halten die mit dem großen Bruder ICE mit.
Jeder Doppelsitz hat zum Beispiel Steckdosen. Die waren in den alten Zügen noch eher spärlich verteilt. Außerdem wurden im IC 2 leistungsfähige Mobilfunkverstärker installiert. Die sollen für bessere Telefon- und Internetverbindungen sorgen. Richtig viel merke ich davon allerdings bei der Testfahrt noch nicht. Allerdings liegt das auch an den wenigen Funkmasten rundherum. Und wirklich fortschrittlich wäre es ohnehin nur gewesen, hätte man einen WLAN-Internetzugang in den neuen Zügen integriert - so wie es bei der Fernbus-Konkurrenz schon Standard ist. Doch der soll erst perspektivisch eingeführt werden.
Was beim Neuen der Bahn auch fehlt, ist das Bordbistro. Der Speisewagen wurde komplett gestrichen. Das neue Verpflegungskonzept sieht eine Bewirtung am Platz vor. Ein Zugbegleiter wird dort Getränke und Speisen servieren. Allerdings nicht auf der gesamten Strecke, sondern nur auf einem, wenn auch großen, Teilabschnitt.
Zumindest insofern ist der Neue auch mit Einschränkungen verbunden. Der Intercity 2 ist sicherlich keine Revolution des Schienenverkehrs, aber ein Zug, in dem man gerne unterwegs ist. In diesem Punkt hat Bahn-Produktmanager Kemeter also sein Wort gehalten. (mz)
