MZ-Interview vom 9. August 1990 MZ-Interview vom 9. August 1990: "Wir müssen umdenken"
Halle - Ab 13. August werden aus den fünf zukünftigen Ländern der DDR Regionalfernsehprogramme gesendet. Seit drei Wochen ist Michael Sträube (38) amtierender Direktor des Landessenders Sachsen-Anhalt. MZ sprach mit ihm.
Täglich Regionalprogramme ab 13 August. Wie ist der Sender, sind die Mitarbeiter auf die größeren Aufgaben vorbereitet?
Straube: Unsere größte Aufgabe ist: Wir müssen umdenken. Regionale Prozesse müssen sich in den Sendungen widerspiegeln. In unserem Haus gibt es viele Probleme. Unter Adameck führte unser Studio immer ein Schattendasein. Wir durften Naturfilme drehen, aus dem "Krug zum grünen Kranze" senden. Unser Programm wurde immer ärmlicher. Die "Burgparty" mußte sterben, mit dem Moritzburg-Fernsehtheater war es ähnlich.
Wie ist der Sender ausgestattet?
Straube: Bisher hatten wir eine Kamera und mußten damit die "Montagsbilder", das Magazin "Länder life" und die anderen Sendungen bauen. Jetzt haben wir - der Deutsche Fernsehfunk stellte sein Investitionsvolumen für das 2. Halbjahr 1990 von 20 Millionen DM den Landessendern zur Verfügung - ausreichend moderne Technik.
Müssen die Zuschauer am 13. August einen speziellen Kanal wählen, um den Landessender zu empfangen?
Straube: Nein. Der erste Kanal des DFF ist für die Regionalprogramme gesplittet, also jedem der fünf Sender werden bestimmte Frequenzen zur Verfügung gestellt. Der Zuschauer empfängt uns, wenn er sich für das 1. Programm des DFF entscheidet. Da wird für Sachsen-Anhalt wie gewohnt vom Brocken (Kanal 6) gesendet.
Was für ein Programm haben Sie sich für die Auftaktsendung am 13. August ausgedacht?
Straube: Die erste Sendung gestalten wir gemeinsam mit dem NDR - Hallo Niedersachsen - von der ehemaligen Grenzkontrollstelle Marienborn. Die zwei Moderatoren - Isolde Straube vom Landessender Sachsen-Anhalt und Peter von Sassen vom NDR führen zwischen 18.25 und 18.45 Uhr Interviews, z. B. mit Bürgermeistern aus grenznahen Orten, mit Leuten, die dort gearbeitet haben.
Gibt es eine Konzeption des Senders für die Regionalprogramme an den einzelnen Wochentagen?
Straube: Als Landessender Sachsen-Anhalt streben wir Eigenständigkeit und Unverkennbarkeit an. "Tagesbilder" aus Sachsen-Anhalt - in diesem Titel liegt der Anspruch des Regionalprogramms aus dem Land zwischen Elbe und Saale. Wir gehen z. B. Fragen nach wie: Kernenergie aus Stendal, ja oder nein? Tourismus contra Natur, z. B. im Harz? Wie wird die Umwelt in der Region Halle, Merseburg, Bitterfeld verbessert? Fragen und Probleme, die die Menschen bewegen. Montags planen wir stets eine Sportnachlese vom Wochenende und einen Ökoreport, dienstags berichten wir über Unternehmensentwicklungen, mittwochs über Kirchenfragen und Kommunales, donnerstags steht der Arbeitsmarkt im Mittelpunkt und freitags ein Gericht- oder Polizeibericht. Ab 17. September wird Sendezeit von 19.00 bis 19.23 Uhr dazukommen, da planen wir montags ein Sportmagazin, dienstags Ansichtskarten, mittwochs Sachsen-Anhalt-Show mit Stammtisch, Donnerstag ein Kulturmagazin und freitags das Wochenendmagazin mit Videoclips.
Wie geht es weiter nach den Landtagswahlen am 14. Oktober, wie kann der Sender dem Kulturauftrag des Fernsehens gerecht werden?
Straube: Die Landesregierung wird dann entscheiden, wer in der ARD unser Verbundpartner wird oder ob sich die fünf Sender auf dem Territorium der DDR zu einem eigenständigen ostdeutschen Verbund zusammenschließend Die Erfüllung des Kulturauftrages hängt wesentlich von den Gebühren-Einnahmen ab. (mz)