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Lehrstellen in Sachsen-Anhalt  Lehrstellen in Sachsen-Anhalt : Handwerk will an kluge Köpfe

Von Anne Schneemelcher 09.02.2016, 20:33
Ein Auszubildender demonstriert das Gasschweißen.
Ein Auszubildender demonstriert das Gasschweißen. dpa Lizenz

halle (Saale) - Die Handwerkskammer Halle setzt verstärkt auf Abiturienten. Damit soll eine Lücke geschlossen werden. Allein im vergangenen Jahr blieben 500 Lehrstellen im südlichen Sachsen-Anhalt unbesetzt. Zwei Jahre zuvor fehlten den Handwerksbetrieben 200 Lehrlinge, 2012 waren es schon etwa 100.

Handwerk als Alternative zum Studium

„Wir brauchen dringend gute Leute, denn die Berufe werden immer anspruchsvoller“, sagt Handwerkskammer-Präsident Thomas Keindorf. Derzeit verfügen etwa zehn Prozent der 3.447 Lehrlinge im Kammerbezirk über ein Abitur. Die Kammer will stärker Gymnasiasten werben und über die Alternative zum Studium informieren. Auch über Vorteile: Abiturienten können die Ausbildung um ein Jahr verkürzen.

Die Kammer regt deshalb eine Einführung eines verpflichtenden Betriebspraktikums für Gymnasiasten in der neunten oder zehnten Klasse an. So könnten neben Sekundarschülern auch angehende Abiturienten erste Berufserfahrungen sammeln. „Das kann eigentlich nicht sein, dass es das nicht gibt“, sagt Volker Becherer, Abteilungsleiter Berufliche Bildung der Handwerkskammer Halle.

Antrag zur Erarbeitung einer Leitlinie

Der Landtag hat bereits einen Antrag zur Erarbeitung einer Leitlinie zur Berufs- und Studienorientierung an Gymnasien beschlossen. Inhalte würden derzeit ausformuliert, so das Kultusministerium.

„Nicht für alle Gymnasiasten muss ein Studium der richtige Weg sein“, sagt Becherer. Umdenken an den Schulen sei nötig - viele Lehrer wollen Wissenschaftler ausbilden. Aber: Bevor jemand bis zum Abi Zeit absitzt und schlechte Noten hat, sollte er von den Alternativen wissen. Zudem sei der Meister im Handwerk nach dem europäischen Qualifizierungsrahmen dem Bachelorabschluss gleichzusetzen. Wer einen Meister hat, kann studieren - auch ohne Abi.

Die Schweiz und Österreich setzen hingegen auf duale Ausbildung. Dort gibt es das Modell „Berufsausbildung und Abitur“. Azubis erhalten neben einem Gesellenbrief eine Art Fachabitur. Für ein solches Modell plädieren auch Institutionen in Deutschland, darunter die Handwerkskammer Halle. Etwa vier Jahre könne die duale Ausbildung dauern, so Präsident Keindorf. Der Kampf um kluge Köpfe dauere schon zu lange - attraktive Alternativen sind gefragt. Bereits seit 2008 verändert sich das Verhältnis zwischen freien und besetzten Lehrstellen dramatisch. (mz)