Workshop in der Lichtenburg Workshop in der Lichtenburg: Rassismus in Redensarten

Prettin - „Mach die Hottentottenmusik leiser“ oder „Hier sieht es aus wie bei den Hottentotten“. Generationen sind mit diesen Redensarten groß geworden. Geprägt wurden sie von den Buren, den Nachfahren europäischer Siedler im Süden und Südwesten Afrikas, als Bezeichnung der dort angestammten Völkerfamilie der Khoikhoi.
Deren Begrüßungsformel soll in europäischen Ohren wie „Hautitou“ geklungen haben. Vergleiche wie diese - Ähnliches gibt es auch aus dem slawischen Raum - sollten implizieren, dass fremde Völker kulturlos oder schmutzig seien. Das ist rassistisch. Bloß macht sich im heutigen Gebrauch dieser Redewendungen darüber kaum jemand Gedanken.
„Das ist kein Vorwurf. Dem sind wir alle ausgesetzt“, sagt Lisa Lindenau, Gedenkstättenpädagogin in der KZ-Gedenkstätte Lichtenburg Prettin. „Wir sollten mehr reflektieren, welche Bilder wir mit dem Gebrauch bestimmter Redewendungen transportieren.“ Diesem Anliegen dient der Workshop „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen - Wenn Sprache rassistisch wird“, am 23. März in der KZ-Gedenkstätte Lichtenburg Prettin, der sich an Jugendliche und junge Erwachsene richtet.
Der Workshop in der KZ-Gedenkstätte Lichtenburg Prettin ist der Beitrag der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalts für die Jugend zur Internationalen Woche gegen Rassismus.
Bereits am 20. März, 17.30 Uhr, findet am gleichen Ort der Vortrag über das ehemalige KZ Sachsenburg, ein Konzentrationslager bei Chemnitz statt. Von 1933 bis 1937 waren dort über 7 000 Menschen inhaftiert. Erst jetzt soll es ein Erinnerungsort werden.
Anlass für die Aktionswoche gegen Rassismus ist der Jahrestag der Demonstration gegen die Passgesetze des Apartheid-Regimes am 21. März 1960 in Sharpesville, Südafrika. Dabei wurden 69 Menschen, darunter zehn Kinder, von der Polizei erschossen.
Für die 29-jährige, die an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Erziehungs- und Politikwissenschaften studiert hat und seit November in der Lichtenburg arbeitet, wird das die zweite größere Veranstaltung mit Jugendlichen nach dem Projekt mit Jessener Gymnasiasten zum Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar.
Kein langer Vortrag
„Keine Sorge, es wird kein fünfstündiges Referat von mir“, sagt Lisa Lindenau in Vorausschau auf den 23. März.
In drei Teilen will sie mit den Teilnehmern verschiedene Aspekte beleuchten. „Wir werden uns zuerst Alltagssprache anschauen. Welche Redewendungen und Schlüsselbegriffe, die Negatives bei anderen Kulturen assoziieren, gibt es? Wer prägt was im Sprachgebrauch? Welche Rolle spielen Medien dabei?“
Im zweiten Komplex soll die Sprache der so genannten Neuen Rechten untersucht werden, die durch irreführende Begriffe gekennzeichnet ist. „Wir wollen uns anschauen, welche Intention, welcher Nutzen dahinter steckt“, so Lindenau. Ethnopluralismus zum Beispiel heißt zwar übersetzt Völkervielfalt, meint im Weltbild der Neuen Rechten aber nicht etwa eine plurale Gesellschaft, sondern im Gegenteil die Abgrenzung von fremder Kultur.
Zum Dritten soll nachgedacht werden, welche Alternativen es gibt. „Wie können wir uns verständigen, ohne ausgrenzend und diskriminierend zu sein?“ Zum Beispiel, wie sich farbige Menschen selbst bezeichnen. „People of Colour“, abgekürzt PoC, sei inzwischen auch bei farbigen Deutschen gängig. Andererseits sollten diese Alternativen nicht konstruiert oder gestelzt wirken. „Es soll kein unnatürlicher Sprachgebrauch werden“, so die Gedenkstättenpädagogin.
Aus Sicht der Betroffenen
Ob sich Redewendungen wie eingangs erwähnt ausmerzen lassen? „Ich glaube, dass es kleinschrittig ist und es tatsächlich viel Mühe kostet“, sagt Lisa Lindenau. „Ich bin aber überzeugt, dass es das wert ist.“ Je mehr man sich damit beschäftigte, um so größer sei die Wahrscheinlichkeit, dass man rassistische Wendungen aktiv vermeide.
Argumente wie: „Das ist doch alles nicht so schlimm, man muss doch nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen“, verharmlosten Ausgrenzung und Alltagsrassismus. Wer selbst nicht von Rassismus betroffen sei, denke nicht darüber nach, was er anderen zufüge. „Darüber wollen wir miteinander ins Gespräch kommen“, lädt Lisa Lindenau ein.
Das Angebot richtet sich an Interessierte im Alter von 15 bis 27 Jahren. „Wenn noch freie Plätze sind, werden ältere Menschen nicht abgewiesen“, so die Gedenkstättenpädagogin. Die Teilnahme ist kostenfrei, ein Mittagsimbiss wird vorbereitet.
Der Workshop findet am 23. März von 10 bis 15 Uhr in der KZ-Gedenkstätte Lichtenburg Prettin, Prettiner Landstraße 4, 06925 Annaburg/OT Prettin, statt. Anmeldungen werden bis zum 21. März erbeten, per Post an oben genannte Adresse oder per E-Mail an [email protected], Telefon 035386/609975.
(mz)