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Kulturstiftung Kulturstiftung: Stiftungsdirektor Thomas Weiß geht in den Ruhestand

Von Ilka Hillger 16.02.2017, 08:33
Befreit und gelassen: Thomas Weiß an seinem letzten Arbeitstag als Stiftungsdirektor auf den Stufen des Wörlitzer Schlosses.
Befreit und gelassen: Thomas Weiß an seinem letzten Arbeitstag als Stiftungsdirektor auf den Stufen des Wörlitzer Schlosses. Thomas Ruttke

Wörlitz - Er hat schon losgelassen. Vielleicht noch nicht abgeschlossen, aber doch Abstand gewonnen. Thomas Weiß haben dafür ein paar Tage im Ruhestand gereicht. Entspannt konnte er dieser Tage wieder im Foyer des Wörlitzer Hotels „Zum Stein“ sitzen und über seine Gartenreich-Jahre reflektieren.

Man hatte ihn eingeladen an mehreren Programmpunkten beim Besuch des niederländischen Königspaares teilzunehmen. Das hat er gemacht, ganz ohne Verpflichtungen. Das erste Mal seit über 20 Jahren.

Hätte man Weiß, der bis vor wenigen Tagen der Direktor der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz war, 1994 gesagt, er würde hier in den Ruhestand gehen, er hätte wohl gelacht. „Damals habe ich natürlich nicht geahnt, dass ich hier meine besten beruflichen Jahre verbringen würde, dass es solchen Spaß macht“, sagt er.

Dabei waren die Direktorenjahre in der Stiftung ein ständiges Auf und Ab, ein Arbeitsleben wie überall, mit Höhen und Tiefen. Thomas Weiß fallen sofort die Hochwasser 2002 und 2013 ein. „Da habe ich erstmals selbst erlebt, wie mächtig die Natur ist und wie machtlos man dem gegenüber steht“, erinnert er sich und holt Bilder aus dem Kopf, als das Wasser ganz langsam stieg, die Vögel verstummten.

Thomas Weiß, Jahrgang 1951, wurde 1994 Direktor der Staatlichen Schlösser und Gärten Wörlitz, Oranienbaum und Luisium. 1997 wurde er zum Direktor und Vorstand der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz berufen und war bis Ende Januar diesen Jahres in diesem Amt tätig. Weiß studierte Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Volkskunde an der Universität München. Bevor er nach Wörlitz kam, leitete er mehrere kulturgeschichtliche Museen in Kempten/Allgäu.

Der Berufung von Weiß waren in den frühen 1990er Jahren mehrere Wechsel auf der Direktorenstelle vorausgegangen. Weiß löste Ulf Leinweber ab, der den Posten nach seiner halbjährigen Probezeit aufgab.

In die Amtszeit von Thomas Weiß fielen für das GartenreichDessau-Wörlitz bedeutende Entscheidungen. So gehört es seit 2000 zum Unesco-Welterbe und wurde mit der Begründung „Das Gartenreich Dessau-Wörlitz ist ein herausragendes Beispiel für die Umsetzung philosophischer Prinzipien der Aufklärung in einer Landschaftsgestaltung, die Kunst, Erziehung und Wirtschaft harmonisch miteinander verbindet“ in das Menschheitserbe aufgenommen.

„Und wir wussten nicht einmal, wie voll man Sandsäcke machen muss, damit man sie noch werfen kann.“ Die Flut 2002 nennt er einen „Höhepunkt, im Guten wie im Schlechten“. 27 Millionen Euro wurden der Stiftung nach diesem Ereignis an Fluthilfemitteln gegeben.

Gelder, die in den Wiederaufbau und die Sanierung vor allem von Gebäuden und in die Gartenlandschaft flossen. „Diese Ereignisse haben mir bewusst gemacht, dass man zu klein denkt, wenn man im Gartenreich nur die Schlösser restauriert, man muss auch die Zusammenhänge in der Landschaft verstehen. Es bringt nichts die Deiche immer höher zu bauen, wenn man die Fließgräben verkrauten lässt.“

Solch Aussagen sind ganz Thomas Weiß, der praktische Denker, der Macher, weniger der feinsinnige Wissenschaftler. Mit seinen Ideen hat er Akzente in den vergangenen Jahrzehnten gesetzt, die vielleicht nicht jeder gut und wichtig fand, die aber das Gartenreich prägten.

Er spricht von den restaurierten Wallwachhäusern, die Touristen mieten können, und nennt natürlich das Schloss in Wörlitz, dessen mehrjährige Sanierung in diesem Jahr beendet wird. Weiß hat die Stiftung in gutem Zustand an seine Nachfolgerin Brigitte Mang übergeben. Sie könne nun anders wichten. Manches beizubehalten wäre jedoch auch klug.

So legte Weiß stets Wert darauf, Handwerker der Region zu beauftragen, denn es ist „wichtig, Menschen, die hier leben, einzubinden. Dadurch wächst Identität“. Seinen hohen Anspruch an Qualität sieht Thomas Weiß etabliert. „Ich glaube, dieser Geist wird bleiben.“

Mit Sorge schaut er hingegen auf die jüngsten Entwicklungen zum Dessauer Schloss Georgium, dass fortan mit der Stiftung Dome und Schlösser des Landes kooperieren wird. „Das Georgium zur Kulturstiftung zu holen, hätte ich gerne geschafft“, sagt Weiß. Seiner Stiftung wurde hingegen von städtischer Seite keine Expertise beim Abwickeln solcher Bauvorhaben bescheinigt.

Etwas, worüber Weiß nur noch lächeln kann. „Die Dessauer Bilder werden bald in der Moritzburg Halle hängen. Wie kann man diesen Aderlass zulassen“, fragt er sich. „Wenn man das Gartenreich entwickeln und Besucher länger halten will, muss man lokale Animositäten zurück nehmen“, findet Weiß.

Von solchen Reibereien hat er in den Jahren, in denen er fünf Kulturminister erlebt hat, so einige zu spüren bekommen und bedauert, dass die politische Welt nur in Legislaturperioden denkt und handelt. „Es ist symptomatisch in diesem Land, dass man Kreative um deren Ideen bittet, diese dann zerredet und ablehnt oder womöglich Monate später als eigene ausgibt“, attestiert er der hiesigen Politik ein Armutszeugnis.

Um wie vieles angenehmer sei da doch die Zusammenarbeit mit dem Biosphärenreservat Mittelelbe gewesen. Eine Kooperation, der Thomas Weiß eine Zukunft wünscht. Dann und wann wird er wohl auch deswegen mal wieder vorbei schauen, wenngleich mit der Wohnung in München und einem kleinen Haus in Italien der Lebensmittelpunkt weit in den Süden gerückt ist.

„Nach dem Umzug ist jetzt ein ganzes Bücherregal prall mit Inhalten aus dem Gartenreich gefüllt“, berichtet er. Die zuletzt im Stekovics Verlag erschienen Bildbände gehören dazu. „Bei allem Respekt vor der Forschung darf man im Gartenreich die Sinnlichkeit nicht außer Acht lassen“, findet Thomas Weiß und hat dies stets beherzigt.

Wenn er fortan ins Gartenreich kommt, dann ganz ohne Zwänge. „Jetzt bin ich so frei, zu sagen, ich setzte mich hin und betrachte etwas genauer. “ Womöglich wird man von diesen Betrachtungen in Zukunft noch hören. (mz)