Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Grün-Weiß Wolfen muss aufgeben
WOLFEN/MZ/TS/AR. - Der Termin war mit Spannung erwartet worden: An diesem Donnerstag sollte bei Fußball-Verbandsligist Grün-Weiß Wolfen ein neuer Vorstand gewählt, sollten die Mitglieder auf einer Versammlung über die aktuelle Lage des Vereins informiert werden. Doch dazu wird es nicht mehr kommen: Am gestrigen Dienstag hat der Verein beim Amtsgericht wegen drohender Zahlungsunfähigkeit den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Grün-Weiß ist pleite.
Gegen Altlasten gekämpft
"In den letzten Jahren hatte der Vorstand mit der vorhandenen finanziellen Schieflage des Vereins, resultierend aus Altlasten, zu kämpfen. Alles Menschenmögliche wurde versucht, um den Verein auf eine breite und gesunde finanzielle Basis zu stellen. Doch leider ohne Erfolg", hieß es in einer vom amtierenden Vereinspräsidenten Mathias Schönher gestern Nachmittag verbreiteten Presseerklärung.
Der Insolvenzantrag hat weitreichende sportliche Folgen: Die erste Mannschaft, die neben anderen auch gegen Rot-Weiß Kemberg antrat, muss ihren Spielbetrieb mit sofortiger Wirkung einstellen, und ist erster Absteiger dieser Verbandsligasaison. Alle bisher erzielten Ergebnisse werden annulliert. Die Spieler wurden bereits am Montagabend über die Situation informiert und gelten ab sofort als vereinslos - was ihnen die Möglichkeit gibt, sich sofort einen neuen Verein zu suchen. Obwohl die zweite Mannschaft des FC Grün-Weiß in der Landesklasse ihren Spielbetrieb unverändert fortführen darf, ist kaum davon auszugehen, dass sich viele der Verbandsligakicker dafür entscheiden, dort zu spielen.
Die Insolvenz markiert das Ende eines finanziellen und wirtschaftlichen Drahtseilaktes, der für den Verein mit dem Aufstieg in die Oberliga im Sommer 2008 begann. Damals verpflichtete der Verein mit Ex-Bundesligastar René Tretschok und Rastislav Hodul einen neuen Sportdirektor bzw. Trainer.
Dem Führungsduo, selbst mit gut dotierten Verträgen ausgestattet, gelang es jedoch weder, den sportlichen Klassenerhalt zu sichern, noch den Verein wirtschaftlich und strukturell auf gesunde Füße zu stellen. Erst ein äußerst kontroverser öffentlicher Zuschuss der Stadt Bitterfeld-Wolfen in Höhe von 50 000 Euro im Dezember 2008 - damals deklariert als Zuschuss zur Nachwuchsförderung und den Einsatz für das Image der Region - ließ den Oberligisten die Saison finanziell durchstehen. Nach dem Abstieg im Sommer 2009 verabschiedeten sich Tretschok und Hodul wieder aus Wolfen - zurück blieben Altlasten, derer man nie wirklich Herr wurde. Doch der Verein scheint daraus nichts gelernt zu haben. So soll es bis zuletzt Verträge gegeben haben, die keinerlei Leistungsbezug aufwiesen und hohe Grundsummen beinhalteten. Gezahlt werden konnten diese jedoch auch nicht, Trainer und Spieler warteten bereits seit längerem auf ihre Bezüge. Umso erstaunlicher war die sportliche Bilanz der Verbandsligamannschaft, die nach 13 Spieltagen im gesicherten Mittelfeld auf Rang acht liegt. Ein 14. Spiel aber wird es nicht mehr geben.
Schock bei Kembergern
Jiri Andrusak, Trainer von Rot-Weiß Kemberg, fiel gestern Abend aus allen Wolken. Nicht nur, dass sein Team durch die Wolfener Insolvenz drei wichtige Punkte verliert. Die Kemberger hatten zum Saisonauftakt am 20. August 3:2 gegen Grün-Weiß gewonnen. "Jetzt muss die Tabelle neu durchgerechnet werden, und da wird es noch enger zugehen. Denn es gibt ja zwei Absteiger", blickt Andrusak voraus. Fakt ist: Statt zwölf Zähler haben die Rot-Weißen plötzlich nur noch neun. Eben so viele wie Tabellenvorletzter Oscherslebener SC.