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Engagement in Mühlanger Engagement in Mühlanger: 35 Kilo Gepäck für ein Jahr

Von Anne Nicolay-Guckland 08.08.2016, 07:24
Einige Wochen hat Johanna Dannenberg ihre Reise vorbereitet.
Einige Wochen hat Johanna Dannenberg ihre Reise vorbereitet. Dannenberg

Mühlanger - Die 19-jährige Johanna Dannenberg hat beschlossen, sich direkt nach dem Abitur in einem Freiwilligen Sozialen Jahr zu engagieren. Sie wird in einer Kinderbibliothek im Norden Nicaraguas, einem der ärmsten Länder der Welt, arbeiten. Die Abiturientin steigt am heutigen Montag in den Flieger, der sie nach Lateinamerika bringen wird. Kurz vor ihrer Abreise sprach Anne Nicolay-Guckland mit der jungen Frau.

Wo fliegst Du wann los und wann kommst Du wo an?

Dannenberg: Ich hebe am Montag, 8. August, um 10.55 Uhr von München ab und werde nach einer Zwischenlandung in Atlanta (USA) in Managua, der Hauptstadt von Nicaragua, ankommen.

Wie lange hat das Packen gedauert und wie viele Koffer hast Du dabei?

Dannenberg: Das Packen war bei mir eher ein Prozess, der sich über einige Zeit hingezogen hat. Ich habe schon vor zwei bis drei Monaten angefangen, mir darüber Gedanken zu machen, welche Sachen mich auf der Reise begleiten sollen und was ich noch dafür brauche. In den vergangenen drei Wochen hat sich dann langsam ein Berg angesammelt. Das schlussendliche Einpacken hat dann nur rund eine Stunde gedauert. Aber es hat eine gefühlte Ewigkeit gedauert, bis ich alle diese Sachen zusammen hatte. Ich musste extra lange, dünne Sachen einkaufen, weil ich trotz der warmen, tropischen Luft, so wenig Haut wie möglich zeigen sollte - vor allem als Europäerin.

Und wie lange hat das Packen vor dem Packen gedauert?

Dannenberg: Ich war viel unterwegs, habe Telefonate geführt, mich beraten lassen, und, und, und - zum Beispiel wegen meiner Reiseapotheke... Noch viel wichtiger ist das elektronische Gepäck, womit ich alle gesicherten Dokumente und Daten meine, ohne die ich kein Visum bekommen könnte, bzw. beim Verlust von meinem Reisepass oder ähnlichem in großen Schwierigkeiten wäre. Ich habe alleine für das Einscannen und Speichern dieser Unterlagen zwölf Stunden gebraucht. Aber nun bin ich froh, das alles hinter mir zu haben. Am Montag werde ich mit einem Koffer von 23 Kilogramm und meinem Handgepäck bis zu zwölf Kilo aufbrechen. Mehr wird mir ohne Aufpreis auch für zehn Monate nicht zugestanden.

Was ist das Wichtigste, was Du eingepackt hast?

Dannenberg: Das erste, was ich eingepackt habe, waren alle Medikamente und medizinischen Utensilien, die mir angeraten wurden mitzunehmen. Angefangen von Malariaprophylaxemitteln, über Durchfalltabletten, die wohl am häufigsten, vor allem in der Anfangszeit bei den meisten gebraucht werden, wegen der Umstellung beim Essen, bis hin zu Fieberthermometer, Wärmflasche und sterilen Spritzen. Wenn ich dort einen Krankenhausaufenthalt nötig haben werde, so sollte ich alles selbst mitbringen, weil man sich nicht sicher sein kann, wie steril die Kanülen dort sind.

Außerdem wird dort erwartet, dass man sich alles, was nicht direkt medizinisch ist, wie das Toilettenpapier, selbst mitbringt. Neben dieser medizinischen „Ausrüstung“ und meinen ganzen Visa-Unterlagen wäre ein längerfristiger Aufenthalt schier unmöglich. Zwischen allem, was ich mitnehme, sind mir persönlich aber der Rückenhalt meiner Familie und Freunde, sowie alle meine Erfahrungen, am wichtigsten. Ohne diese wäre ich erst gar nicht auf den Gedanken gekommen, solch eine Reise anzutreten.

Wie geht es Dir, nachdem Du Dich von Familien, Freunden und Freund in der Heimat schon verabschiedet hast?

Dannenberg: Zuletzt war ich in Bayern, wo ich meine letzte Woche in Deutschland als Betreuer eines Kindersportcamps verbracht habe. Es fühlt sich komisch an, von der eigentlichen Heimat schon Abschied genommen zu haben, sich aber trotzdem noch heimisch zu fühlen, weil sich auch dieser südliche Teil des Weißwurstäquators in Deutschland befindet und sich der kulturelle Unterschied meist in Grenzen hält.

Allerdings vermisse ich jetzt schon einige Freunde bei dem Gedanken, dass ich sie so lange nicht mehr sehen werde. Am letzten Wochenende vor meinem Abflug sind meine Eltern und mein Freund noch einmal nach Bayern gekommen, wo wir gemeinsam meine letzten zwei Tage in Deutschland verbracht haben, bevor sie mich am Montag zum Flughafen bringen werden.

Kennst Du inzwischen deine Gastfamilie oder hast Du andere Menschen kennengelernt, die Du vor Ort treffen wirst?

Dannenberg: Am Donnerstag habe ich erst erfahren, dass ich doch in eine andere Gastfamilie kommen werde, als mir vorher mitgeteilt wurde. Und das vier Tage vor dem Abflug. Daran sieht man, wer ein Auslandsjahr plant, muss flexibel sein. Neben meinen Gasteltern werde ich noch eine Gastschwester und einen Gastbruder haben.

Mehr weiß ich aber auch nicht über meine Gastfamilie, weil auch die anderen Freiwilligen meiner Organisation niemanden von denen kannten. Es ist also eine ganz neue Gastfamilie, wo ich anscheinend die erste Freiwillige sein werde. Es verspricht spannend zu werden. Bei meinem letzten Vorbereitungsseminar in Wiesbaden im Juli durfte ich schon ein paar andere Nicaraguaner kennenlernen, mit denen ich wahrscheinlich zu tun haben werde in den nächsten zehn Monaten. Wiesbaden und Ocotal, der Ort, wo ich in Nicaragua wohnen werde, haben eine Städtepartnerschaft, weshalb unter anderem in regelmäßigen Abständen ein Austausch zwischen den Kinderzirkussen beider Städte stattfindet. Zufällig war der nicaraguanische Kinderzirkus gerade in Wiesbaden, genau in der Zeit, als ich mein Seminar hatte. Da durfte ich schon flüchtige, aber nette Bekanntschaften machen.

Wird Dich jemand abholen und weißt Du schon, wann Dein erster Arbeitstag ist?

Dannenberg: Nachdem ich in Managua gelandet bin am Montagabend, wird mich meine Mentorin Noribel abholen. Eigentlich hatte meine Organisation auch davon gesprochen, dass mich eine andere deutsche Freiwillige aus Ocotal mit abholen wird. Aber diese hat mir gegenüber davon nichts erwähnt. Noribel spricht nur Spanisch. Ich werde also sicherlich nicht nur wegen des Klimas sofort ins Schwitzen kommen. Die derzeitige Freiwillige in Ocotal hat mir berichtet, dass sie noch an dem Tag, an dem sie gelandet ist, nachmittags das erste Mal in der Einsatzstelle war. Da ich aber erst gegen 20 Uhr ankommen werde in Managua und auch erst noch nach Ocotal kommen muss, wird das bei mir also nicht so schnell gehen. Wann ich dann aber meinen ersten Arbeitstag haben werde, weiß ich noch nicht. (mz)