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Diakonie in Wittenberg Diakonie in Wittenberg: Sekundarschule und Menschen am Rand der Gesellschaft

Von Ute Otto 24.11.2017, 17:49
Barbara Qadduri (re.) und Carmen Schindler berichteten vor Achtklässlern der Sekundarschule Annaburg über ihre Arbeit mit Menschen, die am Rand der Gesellschaft leben.
Barbara Qadduri (re.) und Carmen Schindler berichteten vor Achtklässlern der Sekundarschule Annaburg über ihre Arbeit mit Menschen, die am Rand der Gesellschaft leben. Otto

Annaburg - „Wer bei uns im Haus der Wohnhilfe landet, ist ganz unten angekommen“, sagt Barbara Qadduri, Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes im Kirchenkreis Wittenberg e.V.. Mit Carmen Schindler, Leiterin des Obdachlosenheims in Wittenberg, ist sie in die Sekundarschule Annaburg gekommen um Achtklässlern über die Arbeit mit den Menschen zu sprechen, die am Rand der Gesellschaft stehen.

Ethiklehrerin Simone Gückel und Religionslehrerin Christin Grabein haben die Frauen eingeladen und dafür am Freitag ihre Unterrichtsstunden zusammengelegt. Soziales Handeln ist schließlich keine Frage des Glaubens.

55 Menschen leben derzeit im Haus der Wohnhilfe, ein Block im Wittenberger Teucheler Weg. Größere Zimmer sind Paaren vorbehalten, ansonsten hat jeder Bewohner seinen eigenen Raum, Küche und Bad werden jeweils gemeinsam benutzt und sollten auch von den Bewohnern selbst sauber gehalten werden.

Wobei es allerdings große Defizite gibt, wie Carmen Schindler berichtet. Bei fast allen hat die psychische und körperliche Abhängigkeit von Alkohol oder Drogen längst die Oberhand über andere Grundbedürfnisse gewonnen.

Oft bleibe die Arbeit an den Mitarbeiterinnen, neben ihr sind das noch zwei Ein-Euro-Kräfte, und am Hausmeister hängen. Geht es mal überhaupt nicht mit der Einhaltung der Grundregeln, würden die Klienten für eine Zeit ins Nachtasyl verwiesen. Das ist eine Wohnung mit zehn bis fünfzehn Schlafgelegenheiten, geöffnet 18 bis 7 Uhr, die hauptsächlich im Winter genutzt wird.

Nachdenklich werden die Schüler, als Barbara Qadduri erzählt, wie sich die Struktur der Bewohner gewandelt hat. In den Anfangszeiten seien es eher ältere Menschen gewesen, die durch lange Arbeitslosigkeit oder Ehescheidung in den Abwärtsstrudel geraten sind.

Seit einigen Jahren kämen mehr junge Menschen, die der Versuchung von Drogen erlegen und auf dem „besten“ Weg sind, sich ihre Zukunft zu ruinieren. „Es sind alles Menschen, die an irgendeiner Stelle im Leben falsch abgebogen sind“, sagt die Diakonie-Chefin. Wobei die Betonung noch immer auf Menschen liegt. „Bei allen Problemen, wir behandeln sie mit Würde.“

Jeder, der um Hilfe bitte, um aus diesem Kreislauf heraus zu kommen, bekomme diese. Er müsse es aber wollen. Mit der Psychosozialberatung, der Schwangerenberatung und der Erziehungs- und Familienberatungsstelle ist die Diakonie Bestandteil eines großen Netzwerks von Hilfsangeboten im Kreis.

Sie seien selten, aber es gebe rührende Momente, die die Klienten den Mitarbeitern bescheren. Vor allem in der Weihnachtszeit, wenn sie beieinandersitzen zur Weihnachtsfeier in der Suppenküche, sagen sie Dankeschön, meist eingeleitet mit den Worten „Das muss jetzt mal gesagt werden.“ Da fließen auch Tränen, weil manchem bewusst wird, was er verloren hat.

„Wir möchten den Schülern aufzeigen, was soziales Engagement bedeutet“, hatte Simone Gückel im Vorfeld gesagt. Die Einladung der Diakonie-Chefin, zum Besuch in der Suppenküche - selbst Praktika seien dort möglich - steht. Auch beim Sommerfest am Haus der Wohnhilfe seien Gäste willkommen. (mz)