Gastronomie Der Chef feiert das 20. Jubiläum im Kemberger Ratskeller
Seit 20 Jahren ist Siegmar Thiele Chef im Kemberger Ratskeller. Von guten und schlechten Zeiten berichtet er zum Jubiläum.

Kemberg/MZ - Es war wohl ein eher zufälliges Treffen und eine Frage im September 2001, die das Leben von Siegmar Thiele verändert hat. „Werner Rosenfeld hatte mich auf dem Kemberger Markt angesprochen, ob ich mich nicht vergrößern und den Ratskeller übernehmen wolle“, erinnert sich Siegmar Thiele. Zu der Zeit hatte er seit etwa sieben Jahren den „Durchbruch“, eine kleinere Schankwirtschaft gleich um die Ecke.
Ablöse in bar
Thiele ergriff die Gelegenheit beim Schopf. „Ende 2001 habe ich mit Hilfe meiner Eltern die Ablöse gezahlt, in bar“, verrät er. Doch beim Blick in die Küche hatte er festgestellt: Da bedarf es noch einiger Arbeit. Nach dem Einsatz eines Hochdruckreinigers hatte er vier verschiedene Bodenarten freigelegt und dank der Hilfe von Freunden auch die Abwasch-Küche auf Vordermann gebracht. „Am 2. Februar 2002 war die offizielle Eröffnung, ein Samstag“, weiß er.
20 Jahre ist Siegmar Thiele nun Chef im Kemberger „Ratskeller“, was er am Jahrestag mit einer kleinen Feier gewürdigt hat. Verschieben wollte er die nicht, Corona zum Trotz. Bei allen Höhen und Tiefen, die er in Laufe der Jahre durchlebt hat, war Corona wohl das Härteste. „Beim ersten dreimonatigen Lockdown habe ich noch zu Hause aufgeräumt. Beim zweiten wurden aus den angekündigten vier Wochen dann sieben Monate.“ Ein Problem war das. Bei allen Einschränkungen habe er vor allem versucht, seine Mitarbeiter zu halten. „Es ist schwierig, wenn du aufmachen kannst und dann sind die Leute weg.“
Es gibt auch sonst viele Menschen, bei denen er sich bedankt hat am Mittwoch. Nicht nur bei der Stadt, bei Mitarbeitern von Steuerbüro, Autohaus, Bank und vielen anderen, ohne die ein Selbstständiger sein wie auch immer geartetes Unternehmen nicht am Laufen halten kann. Nein, bei ihm kommen auch Landwirte und Getränkelieferanten dazu, die spät abends oder am Wochenende Nachschub liefern, wenn die Gäste unerwartet zahlreich, hungrig und durstig sind und vielleicht länger bleiben als gedacht.
Und natürlich ein Team an Mitarbeitern, das mitzieht. Allen voran Thomas Voigt, der schon bei Werner Rosenfeld die Küche geleitet hat und den Thiele mit übernommen hat. „Wenn man jemanden findet, der in die gleiche Richtung guckt, ist das hervorragend“, betont er. Die Küche ist heimisch und regional, neben Roulade und Kaninchenkeule steht immer Gemüse der Saison auf der Karte. Und auch die Liste ungewöhnlicher Einsätze seines Caterings ist lang - ob für Karneval oder Sportvereine, unter freiem Himmel oder in Fabrikhallen.
Natürlich gibt es auch Gäste an diesem Tag, die ihm gratulieren. Kembergs Bürgermeister Torsten Seelig und Ortsbürgermeisterin Birgit Tauscher zum Beispiel, die dankbar für jeden sind, der bei Krisen nicht gleich die Flinte ins Korn wirft.

In Kemberg geboren
Wer Siegmar Thiele bei seiner launigen Rede zuhört, hat den Eindruck, dass der Mann den Schritt in den „Ratskeller“ nicht bereut hat. Dabei wollte er zu DDR-Zeiten gar kein Wirt werden. Motorenschlosser hat der 1964 in Kemberg Geborene zuerst gelernt, dann Kfz-Elektriker. „1996 habe ich den Wirtebrief gemacht, 2006 den Abschluss zum Bartender“, erzählt er. Seit 2019 darf er auch Lehrlinge ausbilden.
Was ihn beruflich erwartet, hatte er an seinen Eltern Helene und Willi gesehen. „In den 70er Jahren hatten sie die Goldene Weintraube.“ So wie die „Weintraube“ ist auch der „Ratskeller“ ein historisches Gemäuer. „Es ist ein Haus mit Tradition, und das möchte ich auch nicht verändern“, sagt Siegmar Thiele. Behutsame Modernisierungen gibt es zwar, aber die stören das Gesamtbild nicht. Im Übrigen freut sich Thiele, dass der Turm an der Kirche gleich nebenan steht. „Auch Fremde wissen: Da ist das Zentrum, und da gibt es meist etwas zu essen.“