Landkreis Stendal Landkreis Stendal: Rat und Bürgermeister von Insel treten zurück

Stendal/MZ. - Der Gemeinderat des Stendaler Ortsteils Insel hat am Montagabend geschlossen seinen Rücktritt erklärt. Als Begründung nannte Ortsbürgermeister Alexander von Bismarck (CDU) den Umgang der Landespolitik mit dem seit über einem Jahr schwelenden Konflikt zwischen Teilen der Einwohnerschaft und zwei ehemaligen Sexualstraftätern. Dem Rat gehören zehn Mitglieder aus Insel, Döbbelin und Tornau an.
In einer vorab verbreiteten Erklärung kritisiert von Bismarck, dass die Landesregierung gegebene Versprechen nicht einhalte und den Gemeinderat als Quelle der Probleme darstelle: „Die gewählten Vertreter Insels werden zum Gegenstand des Problems gemacht und zu Zaungästen degradiert.“Justizministerin Angela Kolb (SPD) und Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) würden Bürgermeister und Gemeinderat in die Nähe von Rechtsextremen stellen und „Abgeordnete aus Magdeburg verunglimpfen die Bürger von Insel als Mob“. Von Bismarck verwies zudem auf eine Demonstration von Landtagsabgeordneten unter Führung von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) im Juli in Insel. „Der Ministerpräsident hat der Bevölkerung eine Gefährdungsanalyse versprochen und wollte mit uns wieder ins Gespräch kommen“, sagte von Bismarck der MZ.
Dies sei jedoch nicht geschehen; Briefe an Haseloff, Kolb und Stahlknecht würden unbeantwortet bleiben. „Stattdessen schiebt man sich gegenseitig die Schuld zu“, so von Bismarck. Der Gemeinderat werde von der Landespolitik alleingelassen; es würde versucht, die Probleme politisch zu instrumentalisieren. „Es werden diejenigen zum Sündenbock gemacht, die die aktuellen Probleme kausal nicht verursacht haben“, erklärte von Bismarck.Der Adlige aus einer Nebenlinie des Geschlechts des ersten Reichskanzlers hatte im Spätsommer 2011 damit begonnen, gegen die beiden wenige Wochen zuvor nach Insel gezogenen 54- und 64-jährigen Männer mobil zu machen. Von Bismarck rief zu Demonstrationen auf, an denen bald auch Neonazis teilnahmen. Der Ortsbürgermeister begrüßte diese als „Gäste“. Erst danach schaltete sich die Landesregierung ein und versuchte - vergeblich - in der Auseinandersetzung zu vermitteln.
Zu einer neuerlichen Eskalation kam es Anfang Juni, als der jüngeren der beiden Männer zunächst nach Chemnitz gezogen war, aber nach Insel zurückkehrte, als sein neuer Wohnort bekannt wurde. Unterstützt von Neonazis versuchten daraufhin mehrere Bewohner der Gemeinde, das Haus der beiden Männer zu stürmen, was nur mit massiver Polizeipräsenz verhindert werden konnte. Die Männer, die wegen mehrfacher Vergewaltigung Jahrzehnte in Haft und Sicherungsverwahrung gesessen hatten, hatten sich in Insel immer an sämtliche Auflagen gehalten und waren nie aufgefallen.
Der Zeitpunkt des Rücktritts ist absichtsvoll gewählt: Für heute hat Stendals Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) zu einer Bürgerversammlung eingeladen - von Bismarck sprach von einer „Alibiveranstaltung“. Wie es jetzt in dem Ort weitergeht, ist zunächst offen. Ein Ratsmitglied sagte am Montag: „Das wird die Stadt entscheiden.“
Justizministerin Angela Kolb (SPD) bedauerte den Rücktritt des Gemeinderates, betonte aber erneut: „Die ehemaligen Sicherungsverwahrten haben das Recht auf Wohnortwahl. Dies kann durch nichts und niemanden zur Disposition gestellt werden.“