1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Mansfeld-Südharz
  6. >
  7. Ehrenamt als Zielscheibe: Ehrenamt als Zielscheibe: Einsatzkräfte werden immer häufiger Opfer von Gewalt

Ehrenamt als Zielscheibe Ehrenamt als Zielscheibe: Einsatzkräfte werden immer häufiger Opfer von Gewalt

Von Sophie Elstner 29.04.2019, 09:30
Deeskalationstrainer Egbert Otto (hinten, Mitte) zeigt Eisleber Feuerwehrleuten, wie sie einen Angreifer gezielt unter Kontrolle bringen.
Deeskalationstrainer Egbert Otto (hinten, Mitte) zeigt Eisleber Feuerwehrleuten, wie sie einen Angreifer gezielt unter Kontrolle bringen. Maik Schumann

Eisleben/Sangerhausen/Hettstedt - Bepöbelt, bespuckt, geschubst und geschlagen - immer häufiger werden Einsatzkräfte Opfer von Gewaltdelikten. Das trifft auf hauptamtliche ebenso wie auf ehrenamtliche Einsatzkräfte und Feuerwehrleute zu.

„So etwas habe ich noch nie erlebt“

Es ist ziemlich genau ein Jahr her, dass zwei Feuerwehrmänner aus Alterode währed des Einsatzes verprügelt wurden. Sie waren nach Bräunrode alarmiert worden, um dort das Osterfeuer zu löschen.

Eines der Opfer war Alterodes Ortswehrleiter Marko Güntzel. „Ich habe versucht zu beschwichtigen“, so Güntzel. Doch die Situation eskaliert: Am Ende müssen der Wehrleiter und ein weiterer Feuerwehrmann in ärztliche Behandlung, gegen vier Tatverdächtige wird Strafanzeige gestellt. „Ich bin seit 20 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr, seit 18 Jahren Berufsfeuerwehrmann“, sagt Güntzel. „So etwas habe ich aber vorher noch nie erlebt.“

Nach dem Vorfall haben sich die Alteröder Rat bei Deeskalationstrainer Egbert Otto geholt. Er zeigt Feuerwehrleuten, wie sie Gewaltsituationen entschärfen können.

Handfeste Auseinandersetzung

„Zur Not müssen die Einsatzkräfte auch handfest eingreifen, ohne sich selbst oder den anderen zu verletzen“, erklärt Otto. Dabei komme es vor allem darauf an, dass die Feuerwehrleute dem Angreifer in der Gruppe strukturiert entgegentreten.

Wie Thomas Klaube, Stadtwehrleiter in Sangerhausen, sagt, werden die Einsatzkräfte vor allem bei Straßensperrungen oder Türnotöffnungen verbal beschimpft.

Zu handfesten Übergriffen, bei denen Feuerwehrleute verletzt wurden, sei es jedoch noch nicht gekommen. „Gerade in den Ortsteilen spielt das Thema Aggressivität gegen Einsatzkräfte keine Rolle. Dort kennt man sich und hat Respekt“, sagt er. Vielmehr vermutet Klaube, dass Übergriffe häufiger im Deckmantel der Anonymität in größeren Städten geschehen.

Feuerwehrleute als Eindringlinge

Feuerwehrmann Christian Staub aus Eisleben sagt, man habe heute weniger mit aggressiven alkoholisierten Personen zu tun als noch vor Jahren. „Dafür sind mehr Drogen im Spiel.“

Laut Egbert Otto hat das aggressive Verhalten Einsatzkräften gegenüber psychologische Hintergründe. „Die Feuerwehr wird als Eindringling in das gesehen, was den Leuten am heiligsten ist: die eigenen vier Wände. Das ist eine absolute Ausnahmesituation“, erklärt er.

Seiner Meinung nach ist die Hemmschwelle zur Gewalt allerdings auch stark gesunken. Immer häufiger gebe es zudem Sprachbarrieren, die die Kommunikation erschweren.

In Alterode haben die Einsatzkräfte den Vorfall von Ostern 2018 noch heute im Hinterkopf, sagt Wehrleiter Güntzel. „Aber wir blenden das aus. Man kann ja nicht in jeden Einsatz fahren mit dem Gedanken, dass man gleich wieder Schläge abkommt.“ (mz)