"Das hat richtig wehgetan" Corona trifft Kulturlandschaft in Mansfeld-Südharz schwer
Eisleben/Hettstedt - Zwar sind im Landkreis bisher die gesundheitlichen Folgen der Corona-Pandemie nicht so schlimm wie in anderen Teilen Deutschlands, die Folgen für die Kulturlandschaft sind dennoch immens. „Corona macht der Kultur im Landkreis sehr zu schaffen“, sagt Sebastian Görtz, Geschäftsführer des Vereins Erlebniswelt Museen. Wie sehr trifft es einzelne Bereiche der Kultur?
Museen in Mansfeld-Südharz
Mit der ersten Corona-Verordnung Mitte März mussten auch alle Museen vorerst ihre Türen schließen. „Viele Einnahmen fehlen da, weil keine Besucher gekommen sind“, sagt Görtz. Die meisten Museen im Verein seien von den Kommunen finanziert, sagt er. „Deswegen spielt da die Rückfinanzierung der Kosten über die Tickets eine untergeordnete Rolle.“
Klar ist aber auch, dass die Museen einen noch geringeren Teil ihrer Kosten nun selbst decken können, da ihre fast einzige Einnahmequelle fehlt. „Man muss da mit Einbußen rechnen“, sagt auch Christin Saalbach, Sprecherin der Stadt Hettstedt, über das Mansfeld-Museum in der Kupferstadt. Wie hoch dieser genau ausfalle, sei schwer zu beziffern. Eine genaue Zahl kann auch Matthias Grünberg, Geschäftsführer der Rosenstadt GmbH in Sangerhausen, nicht nennen, wenn es um die Verluste des Bergwerk-Museums in Wettelrode geht - einem der wenigen nicht von einer Kommune finanzierten Museen.
„Die Zeit hat richtig wehgetan und wir sind ja noch nicht durch“, sagt er. „Keine Besucher, keine Touren - wir hatten monatelang keine oder kaum Umsätze“, sagt er. Die finanzielle Rettung sei die Kurzarbeit der Mitarbeiter gewesen. Nun fahre man den Betrieb zwar Stück für Stück wieder hoch, aber keiner wisse „wie die Gäste reagieren“. Auch das Spenglermuseum in Sangerhausen hat seit März „sehr geringe Einnahmen“ zu verzeichnen, wie Fachbereichsleiter Udo Michael sagt.
„Das Museum ist schon defizitär und dieses Defizit hat sich natürlich noch erhöht“, so Michael. Genau beziffern könne man die Einbußen nicht, „aber mindestens die Hälfte der Einnahmen ist sicher weg“, meint er. Vor allem Museen, die von vielen Gästen besucht werden, sind von höheren Einbuße betroffen. Dies gilt zum Beispiel für das Burg- und Schlossmuseum Allstedt. „April und Mai sind bei uns auch traditionell besucherstarke Monate“, sagt Museumsleiter Adrian Hartke.
Aber in diesem Zeitraum seien alle Führungen abgesagt worden. „Es sind enorme Einbußen“, so Hartke. Mit allen anderen Veranstaltungen wie Mittelaltermärkten oder Hochzeiten kamen im vergangenen Jahr 20.000 Besucher ins Museum. „Ein Standbein für uns ist ja auch die Museumspädagogik, die ist leider bis Ende Juni komplett weggebrochen, weil mindestens bis dahin keine Klassenfahrten oder wenig Schulausflüge stattfinden“, so Hartke.
Theater in Eisleben
Die Premiere von „Biedermann und die Brandstifter“ am 14. März war die letzte Vorstellung vor der coronabedingten Schließung des Eisleber Theaters. Am vergangenen Samstag hat der Spielbetrieb wieder begonnen. Elf Veranstaltungen stehen bis zur Sommerpause auf dem Programm. Wie Intendant Ulrich Fischer sagt, sind dem Haus während der Schließung monatlich Einnahmen in mittlerer fünfstelliger Summe verloren gegangen.
Neben den eigenen Vorstellungen mussten auch zahlreiche Gastspiele abgesagt werden. Ein Teil der Mitarbeiter hat im Home Office oder im Haus weiter gearbeitet, ein Teil war in Kurzarbeit. „Wir hoffen, dass der Spuk im Herbst vorbei ist“, sagt Fischer. Denn wenn dann immer noch die derzeitigen Hygiene- und Abstandsregeln gelten sollten, dann dürfte es sehr schwierig werden, einen vernünftigen Spielplan aufzustellen.
Chöre
„So eine Zeit hatten wir noch nie“, sagt Thomas Ennenbach. Er leitet die Kantorei der Evangelischen Gemeinde St. Andreas-Nicolai-Petri in Eisleben. Der Chor mit 50 Mitgliedern gestaltet normalerweise neben Gottesdiensten mehrere größere Konzerte pro Jahr. Seit März ruht allerdings die Chorarbeit, und niemand weiß, wann wieder Proben möglich sind. In dieser Woche hat Ennenbach den Chor erstmals eingeladen, verteilt in der Kirche zu singen. Eine Lösung sei das aber nicht. „Gerade Laienchöre sind aufeinander angewiesen. Für die Sänger ist es wichtig, den Nachbarn zu hören.“
Luthergedenkstätten
Die Stiftung mit Häusern in Eisleben, Mansfeld und Wittenberg rechnet für das gesamte Jahr mit 400.000 Euro weniger Einnahmen, so Sprecherin Nina Mütze. Das beziehe sich nicht nur auf die Zeit der Schließung. Denn auch nach der Wiedereröffnung der Museen laufe der Betrieb erst langsam wieder an; Touristen und Reisegruppen seien noch nicht wieder unterwegs. Um die Einnahmeausfälle wenigstens zum Teil zu kompensieren, versuche die Stiftung an anderer Stelle zu sparen. In Kurzarbeit seien die Mitarbeiter nicht gewesen.
„Es gab auch genug zu tun“, so die Sprecherin. Die Stiftung habe beim Bund einen Antrag für das Förderungspaket „Neustart“ eingereicht, einem Sofortprogramm für Corona-bedingte Investitionen in Kultureinrichtungen. „Unser Antrag bezieht sich auf eine Förderung für eine Audioguide-App.“ Die Corona-Krise habe einmal mehr die Notwendigkeit gezeigt, die digitalen und multimedialen Angebote zu erweitern. (mz)