60 Jahre nach Unfall 60 Jahre nach Unfall: Gedenken an tödlichen Sturz von Radprofi Erich Schulz

Rollsdorf - „Was ist mit Erich?“, erkundigte sich Heiner Lüdke nach seinem Radsportfreund Erich Schulz. Als er am 11. Juli 1956 vom Mannschaftsleiter Gerhard Köhler keine Antwort auf seine Frage bekam, wurde sein Ton etwas schärfer: „Was ist mit Erich?“
Erinnerungen noch immer präsent
Heiner Lüdke schilderte am Montag bei Rollsdorf seine Eindrücke von der DDR-Rundfahrt 1956, als sei es gestern gewesen. „Als ich die leise Antwort bekam, dass Erich tödlich verunglückt sei, war auf einen Schlag meine Kraft weg und ich stieg vom Rad“, so der 83-jährige Berliner am Gedenkstein des Radrennfahrers Erich Schulz an der alten B 80 unweit Rollsdorfs.
Aber was war geschehen? Am 11. Juli 1956 ereignete sich auf der sechsten Etappe der DDR-Rundfahrt, die von Halle über die Lutherstadt Eisleben und den Kyffhäuser nach Gotha führte, das Unglück, bei dem das Berliner Radidol Erich Schulz tödlich verunglückte und zu dessen Gedenken sich Zeitzeugen von damals an dieser Stelle trafen, gemeinsam an ihren Freund erinnerten und einen Kranz niederlegten.
„Dieser Tag hat sich auch bei mir eingebrannt“, so Siegfried Wustrow, der die Etappe sechs am 11. Juli 1956 gewann.
„Es nieselte und damals gab es noch keinen Asphalt auf dieser Strecke“, verwies er auf den Straßenbelag und schilderte weiter, dass etwa zehn bis zwölf Fahrer in den Sturz kurz hinter einer kleinen Anhöhe verwickelt waren. „Wie haben Erich noch liegen sehen“, ergänzte Heiner Lüdke vom damaligen Radsportclub BSG Post Berlin mit leiser Stimme, als die Zeitzeugen von damals die Tragik noch einmal aufrollten. „Wir haben uns nichts weiter dabei gedacht“, fügte der Berliner Hans Weihe, ebenfalls aus dem Team BSG Post Berlin an.
„Hier ist etwas Schlimmes passiert.“
„Denn gestürzt sind wir alle schon einmal“, meinte der heute 82-Jährige weiter und deshalb fuhren auch alle wie gewohnt weiter. Posts Mannschaft war zu diesem Zeitpunkt auch in führender Position. Horst Mönnig, der damals als Kampfrichter dem Tross an der Führungsspitze folgte und beim Massensturz erste Hilfe leistete, merkte sofort, dass „hier etwas Schlimmes passiert ist“, wie er meinte.
Auch der damalige Mannschaftsleiter beziehungsweise Trainer der Berliner Mannschaft, Gerhard Köhler, erfuhr sofort vom Tod seines Teammitglieds.
„Ich war geschockt“, so der 88- Jährige, der ebenfalls zum 60. Todestag von Ernst Schulz ins Mansfelder Land kam und nach all den Jahren mit bewegenden Worten seines Teamkollegen gedachte. Als Verantwortlicher des fünfköpfigen Rennteams traf er die Entscheidung, nach diesem Unglück seine Fahrer von der Strecke zu nehmen. „Wir waren wie versteinert“, so die einstimmige Erinnerung über die Todesnachricht ihres Idols. Erich Schulz war damals 42 Jahre alt. Seine Teamkollegen indes Jungspunde, alle gerade mal Anfang 20.
Sturzkappe wurde nun Pflicht
Die stille und würdige Gedenkfeier für Erich Schulz, die nicht nur von damaligen Teilnehmern der DDR-Rundfahrt 1956 abgehalten wurde, sondern auch von Radfreunden aus Halle, Eisleben und Leipzig, war für die ehemaligen Radrennsportler auch nach 60 Jahren ein denkwürdiger und emotionaler Moment.
Der Tod von Erich Schulz bewirkte zudem, dass die Sportfunktionäre der DDR noch am gleichen Tag die Pflicht zum Tragen einer Sturzkappe, Vorgänger des Fahrradhelms, beschlossen sowie auch umsetzten. (mz)
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