Zwei Frauen tot Unfall im Salzlandkreis: Zwei Frauen tot - Haft für Fahrer ohne Fahrerlaubnis, Versicherung und unter Drogen

Quedlinburg/Ermsleben - Weil er zu seiner Freundin nach Ermsleben will, setzt sich ein 24-Jähriger aus Ballenstedt am Abend des 20. April ans Steuer seines Autos. Er fährt los. Obwohl er zuvor Amphetamin gekauft und auch Drogen konsumiert hat. Obwohl er keine Fahrerlaubnis hat, nie einen Führerschein gemacht hat. Obwohl sein Auto, an das er einfach andere Kennzeichen angeschraubt hat, nicht versichert und nicht zugelassen ist.
Nach einer Kurve kommt der 24-Jährige mit seinem Audi nach rechts von der Fahrbahn ab, versucht gegenzulenken, gerät ins Schleudern und auf die linke Fahrbahn. Dort stößt sein Auto frontal mit einem entgegenkommenden Seat zusammen. Die beiden Frauen in dem Auto, 69 und 58 Jahre alt, sterben. Der 24-Jährige wird schwer verletzt in die Klinik geflogen.
Fahrlässige Tötung in zwei Fällen
Am Mittwoch musste sich der Ballenstedter vor dem Amtsgericht Quedlinburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft warf ihm fahrlässige Tötung in zwei Fällen, Gefährdung des Straßenverkehrs, Fahren ohne Fahrerlaubnis und Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz vor.
Verteidiger Eckhard Schmidt erklärte vor Gericht für seinen Mandanten, dass der 24-Jährige Drogen gekauft und konsumiert und den Audi gefahren habe - „auch zum Unfallzeitpunkt“. Zum Hergang des Unfalls könne der Ballenstedter nichts sagen; seine Erinnerung beginne erst wieder Tage später auf den Intensivstation der Klinik.
Fahrer sollte Haft antreten
Der 24-Jährige war erst im Februar unter anderem wegen des Handels mit Drogen und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis vom Landgericht Magdeburg zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden; zudem hatte das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Im April, am Tag des Unfalls, habe er die Ladung zum Strafantritt noch nicht erhalten gehabt; er habe damit gerechnet, die Haft bald antreten zu müssen.
Um den Unfallhergang genau zu klären, war Jan Ripken als Gutachter hinzugezogen worden. Wie er vor Gericht schilderte, war der Audi, als er ins Schleudern geriet, mit einer Geschwindigkeit von 120 Kilometern pro Stunde unterwegs; erlaubt sind 100. Der Fahrer habe gegengelenkt und gebremst, was zu dem Schleudern geführt habe. Die Fahrerin des Seat habe gebremst - zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes betrug die Geschwindigkeit ihres Autos noch 20 Kilometer pro Stunde - und sei mit ihrem Pkw so weit wie möglich an den rechten Fahrbahnrand gefahren.
"Unfall wäre vermeidbar gewesen"
„Sie hat eindeutig auf den herannahenden Audi reagiert“, so Jan Ripken. Auf Nachfrage von Richterin Antje Schlüter unterstrich er noch einmal: Die Kombination von starker Lenkbewegung und Abbremsen durch den Audi-Fahrer habe zu der Schlingerbewegung geführt. „Der Unfall wäre bei folgerichtiger Reaktion eindeutig vermeidbar gewesen.“
Der mehrfach vorbestrafte 24-Jährige habe eine lange, schon über Jahre gehende „Drogenkarriere“, sagte Staatsanwalt Ralf Ebbing. Obwohl er gerade erst durch das Landgericht verurteilt gewesen sei und er gewusst habe, dass Drogenkonsum und Fahren ohne Fahrerlaubnis ihn in diese Situation gebracht hätten, „hat er von diesem Verhalten nicht lassen können und nicht lassen wollen“.
"Dickfellig gegenüber der Gesetzlichkeit“
Er verhalte „sich dickfellig gegenüber der Gesetzlichkeit“, habe „die Verurteilung überhaupt nicht auf sich wirken lassen“, so Ralf Ebbing weiter. Der Staatsanwalt beantragte eine Freiheitsstrafe von vier Jahren. Verteidiger Eckhard Schmidt verwies darauf, dass die Straftat Folge der Krankheit seines Mandaten sei, für die bis dahin keine Therapie erfolgt sei.
Das Gericht verurteilte den 24-Jährigen letztlich zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten; zudem ordnete es die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Der Angeklagte, der inzwischen in einer Therapie ist, solle nicht einfach dahin zurückkehren. „Sie müssen spürbar merken, dass Sie verdammt schwere Straftaten begangen haben“, machte Richterin Antje Schlüter dem Mann deutlich. „Sie haben zwei Menschen auf dem Gewissen, weil sie sich über alle gesellschaftliche Normen hinweggesetzt haben.“
Durch kein Urteil wiedergutzumachen
Es tue ihm leid, dass er zwei Familien zerstört habe, hatte der Angeklagte vor Gericht erklärt und wiederholt, was er im Krankenhaus zu der Richterin gesagt hatte: Dass lieber er anstelle der beiden Frauen gestorben wäre. Das bestätigte Antje Schlüter und fügte hinzu, dass sie entgegnet habe, das dies wohl besser gewesen wäre. Was der Angeklagte durch sein Verhalten verursacht habe, sei „durch kein Urteil der Welt wiedergutzumachen“.
Der Anwalt der Nebenklage, der Hinterbliebene der beiden Frauen vertrat, gab dem 24-Jährigem mit: „Ich hoffe, dass Sie während Haft und Therapie Zeit finden, darüber nachzudenken, was Sie den beiden Familien angetan haben.“
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Wenn es das wird, dann wird der 24-Jährige die Entziehungsanstalt verlassen und zunächst seine Strafe verbüßen müssen. (mz)