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Tödliche Sexspiele Tödliche Sexspiele: Hat Ex-Chefarzt aus Halberstadt eine Frau mit Kokain getötet?

Von Ingo Kugenbuch 28.09.2018, 18:02
Dem Mediziner aus Halberstadt waren zehn Taten seit September 2015 zur Last gelegt worden.
Dem Mediziner aus Halberstadt waren zehn Taten seit September 2015 zur Last gelegt worden. ZB

Halberstadt/Magdeburg - Sucht man im Internet nach dem Angeklagten, dann schaut einem ein Mann entgegen, der jede amerikanische Arztserie schmücken würde: Der plastische Chirurg strahlt mit Zahnpastalächeln, weißer als die Zähne ist nur sein Arztkittel.

Der Mann war erfolgreich. Privatdozent, Chefarzt im Ameos-Klinikum Halberstadt. Nun sitzt er in braunem Sakko und weißem Hemd in Gerichtssaal A 23 in Magdeburg. Und Oberstaatsanwältin Eva Vogel zeichnet ein ganz anderes Bild von ihm als das des strahlenden Mediziners: Sie stellt ihn als rücksichtsloses Sexmonster dar.

Opfer klagte nach Sex über Schwindel und Herzrasen

Die Anklage listet insgesamt zehn Fälle zwischen September 2015 und Februar 2018 auf. Begonnen hat es demnach mit einer Frau, zu der er seit April 2015 eine „intime Beziehung“ unterhalten hat, wie die Oberstaatsanwältin es nennt. Im September trafen sich die beiden.

„Obwohl sie deutlich gesagt hat, dass sie keine Drogen will“, so Vogel, habe der Arzt ihr beim Sex einen mit Kokain versehenen Finger eingeführt. Der Frau sei schwindelig geworden, sie habe Herzrasen und einen trockenen Mund bekommen.

Später habe der angeklagte Arzt seiner Freundin Kokain in den Sekt gemischt - obwohl er ihr versprochen habe, es nicht zu tun. Als sie ihn später zur Rede stellte, sagte er laut Anklage: „Trau keinem Junkie!“ Sie habe durch die Drogen einen Gedächtnisverlust erlitten und durch die Nachwirkungen des Kokains im November 2015 zwei Verkehrsunfälle verursacht, bei denen ein Mann verletzt worden ist.

Vorwurf: Chefarzt gab Opfern mehrfach Kokain

Einer anderen Geliebten soll der Angeklagte im September 2017 Kokain in die Cola gestreut haben. Laut Anklage litt sie deshalb unter Halluzinationen. Bei einem Treffen in der Halberstädter Wohnung des Arztes - er hatte außerdem welche in Berlin und Ilsenburg - verabreichte er der Frau über seinen Penis beim Oralverkehr die Droge. „Sie stellte dabei einen komischen Geschmack fest“, sagt Eva Vogel. Eine Woche lang soll sich die Frau schlecht gefühlt haben.

Einem weiteren Opfer soll der 42-jährige Arzt in Halberstadt Kokain in den Sekt geschüttet haben. Die Frau schlief laut Anklage zunächst ein, erwachte dann mit einem „unkontrollierbaren Nervenzucken“ und übergab sich. Trotzdem soll ihr der Mediziner dann eine Maske aufgesetzt und mit ihr geschlafen haben. Auch einer vierten Frau habe der Mann über sein Geschlechtsteil Kokain zugeführt, wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor.

Opfer von Arzt verlor durch Kokain das Bewusstsein

Am 20. Februar 2018 traf er sich mit einer Friseurin aus dem Salzlandkreis in Halberstadt. Auch ihr soll er beim einvernehmlichen Sex mit den Fingern Kokain eingeführt haben. Laut Anklage verlor die Frau dadurch das Bewusstsein, und der Angeklagte nutzte die Gelegenheit, um ihr Geschlechtsteil zu filmen. Nachdem es dem Arzt nicht gelang, die Frau durch eine Herzdruckmassage zu reanimieren, rief er den Notarzt. Am 26. Februar um 14.40 Uhr stellten die Ärzte im Ameos-Klinikum - im selben Krankenhaus, in dem der Angeklagte damals arbeitete - den Tod der 38-jährigen Frau fest. „Die Todesursache ist eine Kokainvergiftung, die zur Atemlähmung und schließlich zum Hirntod führte“, sagt Eva Vogel.

Verurteilung einstigen Arztes wegen Mordes?

Nach der Verlesung der Anklage gibt der Vorsitzende Richter Dirk Sternberg einen entscheidenden rechtlichen Hinweis: Der Angeklagte könnte nicht nur - wie angeklagt - wegen Vergewaltigung mit Todesfolge oder Taten gegen das Betäubungsmittelgesetz bestraft werden. „Auch eine Verurteilung wegen Totschlags oder Mordes kommt in Frage“, sagt Sternberg. Begründung: Der Angeklagte habe „zumindest billigend den Tod der Geschädigten in Kauf genommen“.

Auch eine Unterbringung in einer Entzugsklinik oder die Sicherungsverwahrung nach der Strafverbüßung sei möglich, so der Richter. Mit anderen Worten: Unter Umständen kommt der Arzt, der seinen Job bei Ameos bereits verloren hat und seit Februar in Untersuchungshaft sitzt, Zeit seines Lebens nicht mehr in Freiheit.

Angeklagter schweigt zu Tatvorwürfen

Der Angeklagte äußert sich nicht zu den Vorwürfen. Was die beiden Zeugen - der Mann der getöteten Frau und eines der Opfer - aussagen, ist nicht bekannt. Ihre Vernehmung geschieht unter Ausschluss der Öffentlichkeit, um sie zu schützen. Die beiden Verteidiger haben einen eigenen Rechtsmediziner mitgebracht. Welche Rolle er in diesem Prozess spielen soll, ist noch unklar. Von der Verteidigung heißt es zum Prozessauftakt nur in einer „Eröffnungserklärung“: „Die Tatvorwürfe werden sich nicht beweisen lassen.“ (mz)

Der Angeklagte mit seinen Verteidigern
Der Angeklagte mit seinen Verteidigern
Ingo Kugenbuch