Polizei warnt vor Betrugsmasche Polizei im Harz und Salzlandkreis warnt vor Betrug: Senioren sollen Geldstrafe zahlen, um Haft zu entgehen

Halberstadt/Frankfurt am Main - Obwohl sie sich nichts haben zuschulden kommen lassen, flattern den Senioren im Harzkreis plötzlich Schreiben ins Haus, die eine Haftstrafe ankündigen und 18.600 Euro Geldstrafe fordern. Die bereits bundesweit bekannte Betrugsmasche ist aktuell auch im Bereich der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord im Harz und im Salzlandkreis angelangt.
Post der „Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main" ist täuschend echt
Die Schriftstücke sehen täuschend echt aus: Sie scheinen offiziell von der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main zu kommen, sind vom angeblichen Oberstaatsanwalt Gerhard Rehm unterschrieben, enthalten Briefkopf, Siegel und Aktenzeichen. In den Briefen ist die Rede von „Nichterbringung der Leistungen“ und einer „Ersatzfreiheitsstrafe“.
Die Haft könne allerdings mit einer Zahlung abgewendet werden: zu einem Tagessatz von je 30 Euro an 620 Tagen, insgesamt werden 18.600 Euro gefordert. Bei Nichtzahlung sollen sich die Senioren bei der zuständigen Justizvollzugsanstalt Frankfurt stellen. Als Sachbearbeiter wird Martin Koch angegeben, mit dem eine Mindestzahlung vereinbart werden könne sowie eine mögliche Ratenzahlung. Wer bis zum 29. September nicht zahle, den erwarte eine „unwiderrufliche Durchführung der Rechtsprechung“, heißt es.
Ein Dutzend Senioren im Harz erstattete Anzeige
„Hier häufen sich die Fälle gerade“, erklärt Polizeisprecher Uwe Becker. Bereits rund ein Dutzend Senioren hätten im Harzkreis Anzeige erstattet, auffällig sei, dass sie alle mindestens 78 Jahre alt seien. „Es werden ausschließlich ältere Menschen angeschrieben“, betont Becker.
Auch bei der Staatsanwaltschaft in Frankfurt gibt es immer mehr dieser Vorfälle: „Im Moment haben wir eine richtige Welle an Anzeigen“, berichtet die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Nadja Niesen. Viele würden verzweifelt anrufen, weil sie nicht wüssten, was mit dem Schreiben zu tun sei, oder würden direkt mit dem Brief zur Staatsanwaltschaft oder zur Polizei kommen.
Bis vor wenigen Tagen habe die Zahl der Anzeigen noch im zweistelligen Bereich gelegen, nun war sich Niesen nicht einmal mehr sicher, ob sie sich noch im dreistelligen Bereich bewege. Vor allem sei auffällig dass zunehmend Menschen aus ganz Deutschland betroffen seien.
Es gibt keinen „Oberstaatsanwalt Gerhard Rehm"
Der angegebene Oberstaatsanwalt Gerhard Rehm existiert übrigens nicht - er ist auch auf ähnlichen Betrugsschreiben für die Staatsanwaltschaft Berlin vermerkt, die vermutlich vom gleichen Verfasser stammen. In den Schreiben, die bis vor einigen Wochen kursierten, ging es um die gleiche Summe; auch Martin Koch und Gerhard Rehm waren identisch, lediglich Telefonnummern und Staatsanwaltschaften hat der Betrüger gewechselt.
Doch die im Briefkopf angegebene Telefonnummer führt nicht zur Staatsanwaltschaft, sondern zu Martin Koch. Ruft man dort allerdings an, wird in etwas gebrochener Stimme lediglich ein Rückruf angekündigt - bei unterdrückter Nummer schwer vorstellbar.
Pressesprecherin empfiehlt, die Post zu ignorieren
Niesen empfiehlt allen Betroffenen, die Schreiben schlichtweg zu ignorieren. „Viele trauen sich vielleicht nicht, bei uns anzurufen oder woanders nachzufragen“, meint sie, doch die Schreiben seien definitiv haltlos, auf gar keinen Fall solle Geld überwiesen werden, auch die Nummer des vermeintlichen Sachbearbeiters Martin Koch sollen die Senioren gar nicht erst anrufen.
Es werde wohl auch trotz der vielen Anzeigen sehr schwer werden, den oder die Täter zu fassen, vermutete Niesen, schließlich seien alle Namen und Daten in den Briefen fiktiv. Auch die Polizeidirektion empfiehlt dringend, auf die Schreiben nicht zu reagieren und stattdessen eine Anzeige zu erstatten. (mz)