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Flugplatz Ballenstedt Flugplatz Ballenstedt: "Phenix" fliegt wie Ahorn-Samen

Von Rita Kunze 31.08.2016, 16:56
Lothar Rauser (links) und Stephan Bartels bringen den von ihnen entwickelten Tragschrauber „Phenix“ zurück in die Flugzeughalle.
Lothar Rauser (links) und Stephan Bartels bringen den von ihnen entwickelten Tragschrauber „Phenix“ zurück in die Flugzeughalle. Chris Wohlfeld

Ballenstedt - Es sieht aus wie eine Mischung aus Kleinflugzeug und Mini-Hubschrauber: „Das ist unser Arbeitspferd, ohne Mercedes-Finish“, sagt Stephan Bartels über den Tragschrauber, der auf dem Gelände des Ballenstedter Flugplatzes geparkt ist. „Phenix“ heißt dieser Prototyp, der ab dem kommenden Jahr im Vorharz in Serie gebaut werden soll. Dann als „Mercedes unter den Tragschraubern“, wie Bartels betont.

Das von ihm gegründete Unternehmen Phenix Aviation International hat sich auf dem Flugplatz-Gelände niedergelassen. Eine eigene, 700 Quadratmeter große Produktionshalle soll noch gebaut werden, die Fertigstellung ist für das kommende Frühjahr geplant.

Ähnlich wie in der Automobilindustrie werden dort die Einzelteile, die zu 95 Prozent von Zulieferern kommen, zu einem Ganzen zusammengefügt. Und zwar „von einer Handvoll Spezialisten von hier“, wie Bartels’ Geschäftspartner Lothar Rauser betont.

Rauser betreibt zwei Metallbau-Unternehmen in Goslar und Wernigerode und ist geschäftsführender Gesellschafter bei Phenix. Die Idee dieses besonderen Fluggeräts habe ihn überzeugt, sagt er: „Der Tragschrauber kann 80 Prozent der Aufgaben eines Hubschraubers für zehn Prozent der Anschaffungs- und Unterhaltungskosten leisten.“

Das sei möglich, weil der „Phenix 914“ als erster und einziger Tragschrauber weltweit den Motor vorn hat und damit nach dem Traktor-Prinzip funktioniert. Das sorge für mehr Sicherheit, bessere Flugeigenschaften, leichtere Bedienung und mehr Platz, werben Bartels und Rauser für ihr Produkt, in dem immerhin zehn Jahre Entwicklungsarbeit stecken.

„Der nicht angetriebene Rotor wird durch die durchströmende Luftmasse in Rotation versetzt und erzeugt so Auftrieb, das Prinzip der so genannten Autorotation“, erklärt Bartels und vergleicht das mit Ahorn-Samen, die kreiselnd vom Baum fallen und so Luftwirbel erzeugen, die für Auftrieb sorgen. „Die vorn installierte Antriebseinheit sorgt wie bei einem herkömmlichen Flugzeug lediglich für den Vortrieb.“

2004 sei die Idee für den „Phenix“ geboren worden, „2005 ging’s los“, sagt Rauser. 2015 sei der Tragschrauber zulassungsfähig gewesen.

Ballenstedt als Firmensitz sei „ideal“, erklärt Bartels, denn hier gebe es „die ganze Logistik, das tolle Team am Platz, einen Flugplatz, der fix und fertig ist, in der Mitte Deutschlands liegt und deutschlandweit bekannt ist“.

Bislang wurde am „Phenix“ in Spanien gearbeitet, aber man wolle den Tragschrauber „made in Germany“, sagen die Unternehmer zur Verlegung der Betriebsstätte nach Mitteldeutschland. Dort sollen die Fluggeräte nicht nur produziert, sondern auch gewartet werden. Verkauft werden sollen sie weltweit, Einsatzmöglichkeiten gebe es in der Privatfliegerei wie auch bei der Verkehrsüberwachung, in der Landwirtschaft beim Ausbringen von Dünger oder Schädlingsbekämpfungsmitteln, bei der Waldbrandbeobachtung oder bei Küsten- und Grenzkontrollen. Dabei könne der Phenix auch sehr langsam fliegen.

Schnell sein kann das 300 Kilogramm leichte Flugzeug aber auch: Bis zu 180 Stundenkilometer seien möglich. Dafür sorge ein Motor mit 115 PS Spitzenleistung, doch das soll weiterentwickelt werden: „Es wird Anforderungen an das Gerät geben, bei denen der Motor leistungsstärker sein muss“, sagt Rauser.

40 bis 50 solcher Maschinen will das Unternehmen jährlich bauen, das, so betont Bartels, nicht schnell wachsen will und dann verliert, sondern das sich am Markt etablieren will. Und: „Wir wollen exklusiv bleiben.“

Immerhin rund 150.000 Euro müssen Käufer für den „Phenix“ auf den Tisch legen. Doch dank seiner besonderen Eigenschaften werde dieser Tragschrauber „mittelfristig das gängige Gerät am Markt sein“. (mz)

Lothar Rauser (vorn) und Stephan Bartels im Cockpit des „Phenix“, der in Ballenstedt gebaut werden soll.
Lothar Rauser (vorn) und Stephan Bartels im Cockpit des „Phenix“, der in Ballenstedt gebaut werden soll.
Chris Wohlfeld
Der Phenix lässt sich mit einem Rettungsfallschirm ausrüsten, der in der Kapsel im Heck untergebracht ist, bei Gefahr ausgeschossen und damit automatisch geöffnet werden kann-
Der Phenix lässt sich mit einem Rettungsfallschirm ausrüsten, der in der Kapsel im Heck untergebracht ist, bei Gefahr ausgeschossen und damit automatisch geöffnet werden kann-
Chris Wohlfeld