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Firma Klingenberger Firma Klingenberger: Gelernt wird bei der Arbeit

Von Rita Kunze 18.05.2017, 05:55
Firmeninhaber Bodo Klingenberger (r.) bespricht mit Frank Todrich (59) das nächste Projekt.
Firmeninhaber Bodo Klingenberger (r.) bespricht mit Frank Todrich (59) das nächste Projekt. Chris Wohlfeld

Wernigerode - Im Landkreis Harz gibt es im Vergleich zum Vorjahr deutlich weniger Arbeitslose, aber die Zahl derer, die ein Jahr oder länger ohne Arbeit oder älter als 50 Jahre sind, nimmt nicht im gleichen Maße ab.

„Wir investieren in die Betroffenen“, sagt Heike Schittko, Chefin der Halberstädter Agentur für Arbeit, mit Blick auf die mehr als 2.000 Männer und Frauen, „denn das Potenzial der Langzeitarbeitslosen ist nicht zu unterschätzen.“

Werbung bei den Unternehmen

Ihre Behörde werbe bei den Unternehmen um Akzeptanz bei der Stellenbesetzung, so Schittko weiter. Dass die Einstellung von über 50-Jährigen funktioniert, zeige das Beispiel Klingenberger: Das Wernigeröder Unternehmen hat mehrere Beschäftigte eingestellt, die vor 1960 geboren wurden.

Die Firma mit 25 Mitarbeitern, die sich auf Schwimmbadelektronik spezialisiert hat, bekommt den Fachkräftemangel deutlich zu spüren. Sie braucht Ingenieure, Techniker und Facharbeiter.

„Wir suchen händeringend Monteure“, so Klingenberger, aber: „Das ist ein Spezialgebiet, das bekommt man nicht gelehrt oder vermittelt, wenn man woanders arbeitet.“ Auf seiner Internetseite betont das Unternehmen: „Wir suchen nicht die Besten, es reicht uns, wenn Mitarbeiter unentbehrlich sind.“

Neuer Produktionsleiter wird qualifiziert

Die bisherige Tätigkeit mancher Bewerber sei „oft entfernt von der eigentlichen Tätigkeit, mit der wir zu tun haben“, sagt Klingenberger. So habe seine Firma beispielsweise einen Produktionsleiter eingestellt, der einmal 50 Arbeiter angeleitet habe und nun 10 Kollegen anleiten soll.

Schwimmbadelektronik war allerdings nicht sein Arbeitsgebiet, doch „die Monteure brauchen jemanden, der ihnen fachliche Probleme abnimmt“, sagt der Geschäftsführer. Der neue Produktionsleiter werde nun qualifiziert - durch „Learning by Doing“.

„Wir haben auch eine Ausbilder-Funktion“, sagt der Unternehmer, der aber nicht nur derzeit fünf Auszubildende in seiner Firma beschäftigt, sondern gleichermaßen neue Mitarbeiter qualifiziert, die zuvor in anderen Bereichen tätig waren. Das sei für beide Seiten nicht immer einfach und ohne die Förderung der Arbeitsagentur nicht zu leisten, betont Klingenberger.

Einarbeitungszuschüsse werden von Staat gezahlt

Die Behörde zahlt beispielsweise so genannte Einarbeitungszuschüsse in unterschiedlicher Höhe und Dauer, fördert betriebliche Einzelumschulungen, Probebeschäftigungen und Praktika.

„Ein wichtiger Faktor ist Zeit, die Förderung ist Beigabe“, sagt Heike Schittko. „Wir brauchen Arbeitgeber, die bereit sind, Quereinsteiger zu nehmen.“ Auf der anderen Seite müsse man auch mit den Arbeitnehmern darüber reden, „aus dem gedachten Lebensweg auszuscheren“.

Die Besetzung von Stellen mit Fachkräften werde nur gelingen, wenn Unternehmen auch älteren, weniger qualifizierten und länger Arbeitssuchenden eine Chance geben, betont Heike Schittko. „Wir wissen, dass dies den Betrieben viel abverlangt, aber die zu hundert Prozent passende Arbeits- oder Fachkraft ist leider oftmals kaum noch zu finden.“

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Im April dieses Jahres waren 2 850 aller arbeitslosen Männer und Frauen im Landkreis Harz 50 Jahre alt und älter. Das weist die Statistik der Halberstädter Agentur für Arbeit aus. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen lag bei 2 243. Insgesamt waren nach Angaben der Behörde 7 166 Menschen ohne festen Job. Damit gehören „immer noch fast 40 Prozent der Arbeitslosen zur Altersgruppe 50Plus und beinah ein Drittel zu denen, die längere Zeit benötigen, bis sie wieder einen Job finden“, sagt Agenturchefin Heike Schittko. (mz)