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Escape Rooms Escape Rooms in Wernigerode: Notausgänge sollen tragische Unfälle wie in Polen verhindern

Von Kjell Sonnemann 09.01.2019, 12:16
Marcel Völkel von Harz Games in Wernigerode zeigt einen Notausgang aus einem Escape Room.
Marcel Völkel von Harz Games in Wernigerode zeigt einen Notausgang aus einem Escape Room. Kjell Sonnemann

Wernigerode - Mit hellwachem Verstand, exakter Beobachtung und reiner Logik lösen Roman- und Fernsehdetektive wie Sherlock Holmes und Inspektor Columbo ihre Fälle. Und oft genug stehen sie dabei unter Zeitdruck.

Wer einmal in die Rolle eines Rätsellösers schlüpfen möchte, kann ein Spiel in einem Escape Room machen. Ziel ist es, aus einem oder mehreren Räumen zu entkommen (Englisch: escape). Dabei müssen Codes geknackt, Hinweise entziffert, Gegenstände genau untersucht werden.

Die Veranstalter - in Wernigerode gibt es gleich zwei - werben oft damit, dass sich die Kurzzeit-Detektive aus verschlossenen Räumen befreien müssen. Dem ist aber nicht so: Im Notfall, zum Beispiel bei einem Feuer oder einem Ausbruch eines Klaustrophobie-Zustands, können sie sofort den Spielraum verlassen.

Debatte über Sicherheit nach Feuer in Polen

Aktuell stehen Escape Rooms in Polen beziehungsweise deren Sicherheitsvorkehrungen in der Kritik - seit am Freitag fünf Mädchen bei einem Brand in den Räumen eines Abenteuerspiel-Betreibers ums Leben gekommen sind.

„Das Sicherheitskonzept ist superwichtig!“, sagt Marcel Völkel, einer der beiden Geschäftsführer von „HarzGames“ im Wernigeröder Gießerweg. Er zeigt einen Kontrollraum, von dem aus seine Mitarbeiter die Spielräume per Kamera überwachen:

Das Bild jedes Raumes auf den Computermonitoren kann vergrößert werden. Sollte ein Notfall eintreten, kann der Spielleiter im Kontrollraum einen großen Notknopf an der Wand drücken - und sämtliche Türen gehen auf.

Mitarbeiter überwachen die Spielräume per Kamera

Überhaupt gibt es in jedem Spielraum mehrere Ausgänge. Marcel Völkel verdeutlicht: „Die Tür, durch die die Spieler den Raum betreten haben, wird niemals abgeschlossen.“ Hinzu kommen die Türen, die im Spielverlauf in den nächsten Rätselraum führen, sowie Notausgänge. Diese sind mit einem grünen Schild gekennzeichnet.

Drücken die Spieler den dazugehörigen Not-Knopf, wird die Tür entriegelt und ein Fenster führt ins Freie. Dieses große Fenster mussten die Betreiber einbauen - eben für den Ernstfall. Es gehört - genauso wie etwa Feuerlöscher - zum Brandschutzkonzept.

Brandschutzkonzept schreibt Fluchtwege und Not-Knöpfe vor

Ein solches musste dem Bauordnungsamt vorgelegt werden, bevor „HarzGames“ öffnen durfte. „Für den Herrn vom Amt war es anfangs auch schwierig, sich auf den neuen Freizeittrend einzustellen.“

Wichtig für die Sicherheit ist nach Völkels Aussage auch die Einweisung der Teilnehmer-Gruppe durch ihren eigenen Spielführer. Dieser erläutert, dass es mehrere Ausgänge gibt. Weiter werden die Spieler darauf hingewiesen, dass Kerzen, die zur Dekoration gehören, nicht angezündet werden dürfen.

„Das wäre fast schon ein Grund für einen Spielabbruch“, sagt Marcel Völkel. Er ist froh, dass es in Deutschland hohe Sicherheitsvorgaben gibt.

Spieler können sich im Ernstfall selber befreien

Das findet auch Julia Ivancenco, die Inhaberin von „Harz Escape“ in der Innenstadt von Wernigerode. Auch sie musste ein Sicherheitskonzept vorlegen: Jedes Spielzimmer hat ein Fenster als Notausgang, und die Räume sind im Erdgeschoss. So können sich die Spieler im Ernstfall selber befreien, ohne über eine Leiter klettern zu müssen. Ansonsten gibt es natürlich auch Spielleiter, die erklären und Acht geben.

Julia Ivancenco hat nach eigener Aussage mehr als 100 Escape Rooms als Spielerin besucht - in Osteuropa, Holland, Frankreich, England, Griechenland und den USA. Sicherheitsmängel habe sie nie bemerkt: „Wenn mir etwas aufgefallen wäre, hätte ich es angesprochen.“

Die „Harz Escape“-Chefin weiß aber auch, dass man als Teilnehmer meist so sehr in das Abenteuerspiel vertieft ist, dass man nicht auf Feuerlöscher oder ausgeschilderte Fluchtwege achtet. „Es ist nun einmal Aufgabe der Betreiber, für Sicherheit zu sorgen.“

Bei dem Fall in Polen sollen die fünf Mädchen mit Handschellen gefesselt gewesen sein. Ein solches Escape-Spiel hat Julia Ivancenco auch schon einmal mitgemacht. Sie berichtet: „Uns wurde gezeigt, dass die Handschellen mit kleinen Karabinern befestigt sind und sich auch ohne den Schlüssel öffnen lassen.“

„Es hätte nichts gebracht, vorher rauszugehen“

Bei einem anderen Spiel - es muss etwa ihr 20. gewesen sein - mussten die Teilnehmer Schneewittchen aus ihren Sarg befreien und mit ihr aus der Tür gehen. Die Tür war nicht abgeschlossen. „Es hätte nichts gebracht, vorher rauszugehen.“

Der Nervenkitzel habe sich dadurch nicht verändert. Darum findet Julia Ivancenco, dass Escape-Räume gar nicht für das reine Spiel zugeschlossen werden müssen. Genau das werde seit einiger Zeit unter den Escape-Room-Betreibern in Deutschland diskutiert.

Viele gehören dem deutschen Fachverband, der Live Escape u. Adventure Games, an. Er nimmt Stellung zu dem Unglück: Der Brandschutz in Deutschland mit seinem hohen Standard sei mit dem in Polen nicht vergleichbar.

(mz)