Brocken-Benno und der Gipfel Brocken: 84-jähriger Brocken-Benno plant seinen 8000. Aufstieg
Schierke - „Das ist er“, raunt ein Teenager seiner Freundin in der Gaststätte auf der Brockenkuppe aufgeregt zu. Er zeigt auf Benno Schmidt. Der 84-Jährige ist besser bekannt als Brocken-Benno. Dreimal taucht sein Name im „Guinessbuch der Rekorde“ auf. Bis heute stieg - zumindest offiziell - niemand öfter den Brocken hinauf als er.
Fast jeden Tag hat Benno seit seinem Vorruhestand 1992 den Gipfel erklommen. An vielen Tagen auch zwei-, manchmal gar dreimal. Mitunter sogar nachts. Weder Wind noch Wetter konnten ihn abhalten, nicht einmal Orkan Kyrill. Als der Bocken längst evakuiert war, stiefelte Benno unerschrocken bergauf. Der Berg zieht ihn magisch an.
„Der Brocken ist ein Mythos“, versucht er zu erklären. Ein Symbol der Einheit, ein Berg der Sehnsucht. Benno Schmidt wohnt in Wernigerode und kann von dort den Gipfel sehen. 28 lange Jahre war dieser unerreichbar; er lag an der deutsch-deutschen Grenze, im Sperrgebiet.
Brocken-Benno bleibt nie unerkannt
Am 3. Dezember 1989, einen Monat nach dem Mauerfall, forderten Hunderte Wanderer, die Grenze zu öffnen. Benno Schmidt war mittendrin, als sich das Tor am Brocken unter diesem Druck auftat. „Es war ein unbeschreibliches Glücksgefühl“, sagt er 26 Jahre später. Benno Schmidt arbeitete damals noch und wanderte jeden Samstag hinauf.
Als der Brockenwirt die Aufstiege in eigenen Pässen vermerkte, begann ein Wettlauf. Ein Niedersachse ließ sich nach seinem hundertsten Mal als Brocken-König feiern und verkündete, immer Rekordhalter zu bleiben. „Dem eingebildeten König wollte ich es zeigen“, erinnert Schmidt sich - und gut 200 Aufstiege später hatte er es geschafft.
Heute ist Brocken-Benno berühmt. Wenn er losgeht, bleibt er nie unerkannt. Rostocker sprechen ihn genauso an wie Kieler oder Dresdner. Immer wieder bleibt er stehen, erzählt, holt Karten hervor mit seiner Internetadresse. Fotos mit ihm stehen bei Wanderern hoch im Kurs. Benno posiert wie ein Promi.
Was ihn reizt am Brocken? „Der Mythos natürlich“, antwortet Schmidt. „Dann ist da noch die Bergwildnis, und außerdem will ich mich fit halten und begegne vielen Menschen.“ Darunter Prominenz aus Politik und Kultur. Am eindrucksvollsten war für Benno die Begegnung mit Reinhold Messner. „Er hat mich in seinem Buch erwähnt“, erzählt Benno Schmidt stolz.
Noch immer straffes Wandertempo
Einfach nur hochwandern, das ist zu wenig für die Beziehung zwischen dem alten Mann und dem Berg. Brocken-Benno hat sich für den Goetheweg stark gemacht. Brocken-Zitate aus dem Faust kann man unterwegs lesen. Eine Granitbank von Brocken-Benno und seinen Freunden steht auf dem Gipfel. Benno Schmidt rückte Steine, damit man besser Tritt findet. Wenn er aufsteigt, wählt er meist den steilsten Weg. 5,4 Kilometer von Schierke über das Eckerloch. Ein Pfad, den Untrainierte eher meiden. Der 84-jährige marschiert in straffem Wandertempo hinauf. Auch nach seiner Krebserkrankung vor ein paar Jahren.
Inzwischen hochbetagt will es Brocken-Benno nun aber ruhiger angehen lassen. Nicht mehr jeden Tag auf den Brocken. Nur noch jeden zweiten. „Und nicht mehr bei Wind und Wetter“, ergänzt er. Leicht fällt ihm das nicht. Der Brocken sei eine Sucht, gibt er zu. Wenn er aus seinem Fenster guckt und den Gipfel im Sonnenschein sieht, packt ihn die Sehnsucht. Aber ein bisschen kürzer treten muss er, denn seinen Jubiläumsaufstieg, den 8000., den hat er für einen besonderen Tag geplant - den Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober. (dpa)