1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Anhalt-Bitterfeld
  6. >
  7. Streit um Gelbe Tonne: Streit um Gelbe Tonne in Anhalt-Bitterfeld: Kreiswerke-Chef sagt, dass sich das aktuell System bewährt hat

Streit um Gelbe Tonne Streit um Gelbe Tonne in Anhalt-Bitterfeld: Kreiswerke-Chef sagt, dass sich das aktuell System bewährt hat

Von Karl Ebert 21.06.2019, 12:21
Der Mitarbeiter einer Entsorgungsfirma wirft mit einem Mal gleich mehrere Säcke auf den Lastkraftwagen. Mit Tonnen geht das nicht.
Der Mitarbeiter einer Entsorgungsfirma wirft mit einem Mal gleich mehrere Säcke auf den Lastkraftwagen. Mit Tonnen geht das nicht. dpa

Köthen - Kommende Woche müssen die Mitglieder des Kreistages Anhalt-Bitterfeld darüber entscheiden, ob nach Zerbst auch in den Altkreisen Köthen und Bitterfeld die Gelbe Tonne eingeführt wird. Die Diskussionen in den vorbereitenden Ausschüssen verliefen teils sehr kontrovers. Der Geschäftsführer der Anhalt-Bitterfelder Kreiswerke (ABIBW), Hartmut Eckelmann, war zwar zu den meisten dieser Ausschüsse geladen und konnte auch sehr profunde Auskünfte geben. Doch Kreistagsmitglieder, die sich nicht etwas tiefgründiger mit der Beschlussvorlage beschäftigt und möglicherweise auch noch keinen Blick in das seit Anfang das Jahres bundesweit neue Verpackungsgesetz geworfen haben, könnten am Donnerstag ein Problem bekommen.

Etwas mehr als 6.000 von über 40.000 Haushalten haben auf die Befragung der Verwaltung reagiert

„Ich bin im Zweifel, ob es der mehrheitliche Wille der Bürger ist, ein Mischsystem mit Gelbem Sack und Gelber Tonne einzuführen“, sagt Eckelmann. „Etwas mehr als 6.000 von über 40.000 Haushalten haben auf die Befragung der Verwaltung reagiert. Aber etwa 35.000 haben sich nicht gemeldet, das ist doch entscheidend. Ich rede immer gern vom ,Fluch der großen Zahl’. Man muss die große Masse steuern können. Die 6.000 Interessenten sind für mich keine Größenordnung. Ich habe Bammel vor den Zehntausenden, die hinterher kommen.“

Eckelmann befürchtet, dass sich der Landkreis vom Grünen Punkt - Duales System Deutschland etwas aufdrücken lässt, was so nicht sein müsste. „Wir haben ein Entsorgungssystem, das sich seit vielen Jahren bewährt hat und das von den Bürgern akzeptiert wird. Da müssen wir jetzt nicht in kürzester Zeit ein Vorhaben durchziehen, das wir in Ruhe viel besser vorbereiten könnten“, sagt Eckelmann.

Sollten die Kommunalpolitiker mit „Nein“ stimmen, bleiben drei Jahre für neue Verordnung

Der Kreiswerke-Chef ist Angestellter des Landkreises und er kann auch die Abstimmung im Kreistag nicht beeinflussen. Sollten die Kommunalpolitiker aber mit „Nein“ entscheiden, dann blieben bis zur nächsten Verhandlungsrunde mit dem Dualen System Deutschland drei Jahre Zeit, um möglicherweise auch einen eigenen Weg zu gehen. Er regt zunächst einen genauen Blick in das neue Gesetzblatt an. „Man könnte sich dann an einen Tisch setzen und eine eigene Rahmenverordnung erarbeiten. Dort schreiben wir die Punkte rein, die wir für wichtig halten und drücken die Verordnung dann selbst dem Verhandlungspartner auf die Nase“, regt Eckelmann an.

Die Einführung der Gelben Tonne ist umstritten. Zwar können sich nach einer Befragung „durch einen beauftragten Dritten“, wie es in der Beschlussvorlage steht, mehr als 80 Prozent der Bürger vorstellen, eine Gelbe Tonne zu bestellen. Das Formblatt dazu, das im Amtsblatt veröffentlicht war, haben gerade einmal 14 Prozent zurückgeschickt. Wohl auch, weil es dort nahezu versteckt war, wie einige Kreistagsmitglieder im Nachhinein kritisiert haben.

Die Kosten für die anzuschaffenden Gelben Tonnen sollen damit kompensiert werden, dass die Entsorgung der Gelben Tonnen und Gelben Säcke künftig statt alle zwei Wochen nur noch alle drei Wochen erfolgen wird. Und zwar auch für die 9.000 Haushalte in Zerbst, die diese Tonne bereits seit Jahren haben und alle zwei Wochen entsorgt werden.

„Alle Kosten für Änderungen oder Neuerungen trägt zunächst einmal das Entsorgungsunternehmen“

Und dann gibt es da auch noch rein wirtschaftliche Gründe, die ein Geschäftsführer einer Entsorgungsfirma, wie es Eckelmann ist, vorbringt. „Alle Kosten für Änderungen oder Neuerungen trägt zunächst einmal das Entsorgungsunternehmen, das die Ausschreibung gewinnt und nicht das Duale System. Die kassieren die Provision für das Vermitteln eines Auftrages und bestimmen auch noch die Bedingungen“, erklärt er. „Wir haben im Jahr 2018 bei unseren Einnahmen aus den Sammlungen für das Duale System 17 Prozent Minus gemacht. Wäre das unser wichtigstes Standbein, wären wir beim Insolvenzgericht gelandet.“

Und nicht zuletzt kann das Entsorgungsunternehmen beim Einsammeln der Gelben Säcke in der gleichen Zeit doppelt so viele Haushalte abfahren als bei der Gelben Tonne möglich ist. „Wir haben kräftige Jungs, die wuchten mit ihren großen Händen sechs Säcke mit einem Mal auf das Auto. Bei den Tonnen muss der Wagen jedes Mal anhalten, die Tonne muss herangeholt, mit der Hydraulik geladen und wieder zurückgebracht werden. Das kostet Zeit ohne Ende“, sagt Eckelmann.

Auch Eckelmann wird sich mit seinem Unternehmen an der Ausschreibung, die bereits raus ist und bis Herbst dieses Jahres laufen wird, wieder beteiligen. Aber er hat keine Lust, sich mit erbosten Bürgern auseinandersetzen zu müssen. „Wenn wir gewinnen sollten, dann läuft die Entsorgung so ab wie bisher“, verspricht Eckelmann. (mz)

Das Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen ist am 1. Januar 2019 in Kraft getreten. Hauptziel des Gesetzes ist es, noch wesentlich mehr Abfälle aus privaten Haushalten zu recyceln als bisher.

Die Abstimmungsvereinbarung mit dem Dualen System Deutschlands läuft drei Jahre und wird dann wieder neu verhandelt. Die nächsten Änderungen treten dann erst im Jahr 2023 in Kraft.