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Judo Judo: Alte Erinnerungen leben auf

Von UTE NICKLISCH 08.03.2011, 18:53

KÖTHEN/MZ. - Es ist noch nicht lange her, da wurde der Name Herbert Niemann auf eine Ehrentafel gebracht, welche inzwischen die Trainingshalle des PSV Köthen ziert. Herbert Niemann ist als Judolegende und mehrfacher Europameister bestens bekannt. Aber es wusste niemand aus dem Verein rund um Jürgen Kümpfel von dem Nachwuchs des verstorbenen Idols: Ralf Grossmann. Dabei ist er nicht mal der einzige Nachkomme der Judolegende aus Drosa. Auch zwei Töchter Jana und Ute zählen zu seinen Kindern.

Eine weitere Überraschung

Der in Frankfurt am Main lebende Grossmann erfuhr eher zufällig von Hubert Sturm, dem ehemaligen Trainer des damaligen Europameisters, von der Ehrung seines

Vaters in Köthen. "Da gingen bei mir sofort alle Alarmglocken an und alte Erinnerungen lebten auf", so Ralf Grossmann. Schnell nahm er via Internet Kontakt zu Jürgen Kümpfel auf und kurz darauf traf er auch schon in Köthen ein. "Plötzlich war er da", freute sich Abteilungsleiter Kümpfel.

Doch das war noch nicht die ganze Überraschung. Denn wie sich herausstellte, ist Herbert Niemanns Sprössling, ganz nach dem Vorbild des Vaters, ebenfalls dem Judosport verfallen. Schon im Alter von sieben Jahren trat Ralf Grossmann in die Fußstapfen seines Vaters und erlernte beim ASK Frankfurt die Techniken des Kampfsports. Dabei legte er mit seinem eigenen Vater als Prüfer den orangenen und gelben Gürtel ab. Ganz so erfolgreich wie sein Vater war er aber nicht. Doch immerhin verhalf er als Trainer seinen damaligen Judo-Mädchen zu Silber und Bronze bei den DDR-Titelkämpfen der weiblichen Jugend in den 80er Jahren. Zudem agierte er als Judo-Kampfrichter auf DDR-Ebene. Nach der Scheidung seiner Eltern, wodurch sich auch sein Familienname änderte, zog es ihn später eher zum Rudersport. Auch die Gründung der eigenen Familie ließ ihn nach über neun aktiven Jahren letztendlich den Judosport aufgeben. Inzwischen ist der 53-jährige zweifacher Großvater und lebt in Bad Vilbel bei Frankfurt am Main.

Bei seinem Besuch in Köthen jedoch vergaß er nicht, den Judoanzug in seinen Koffer zu packen. Im Dojo, das den Namen seines Vaters trägt, stand Ralf Grossmann nach 25 Jahren Pause wieder auf der Matte und testete seine vor langer Zeit erlernten Fähigkeiten. "Es war unbeschreiblich, im Dojo mit dem Namen meines Vaters zu trainieren", beschrieb der Zweimeterhüne seine Gefühle. Denn ganz nach dem Ebenbild seines Vaters ist auch er groß und kräftig. Auch sonst ist er ihm äußerlich sehr ähnlich. Jürgen Kümpel, der mit dem Nachkommen seines großen Idols sofort auf einer Wellenlänge war, zeigte sich begeistert von dessen Überraschungsbesuch. "Ich war total aufgeregt", beschrieb der Abteilungsleiter die Begegnung.

Geschenk im Gepäck

Für die Köthener Sportler hatte Ralf Grossmann natürlich auch ein Geschenk dabei. Ein blauer Trainingsgürtel von Herbert Niemann aus dem Jahre 1959 soll ihnen künftig als Andenken dienen. Zudem hatte er für den Judonachwuchs Geschenke eines Sportausrüsters im Gepäck. Auch zwei Goldmedaillen durften die Niemann-Verehrer bestaunen. "Ich sehe es einfach als Verpflichtung, den jungen Sportlern hier in Köthen die Hand zu reichen", erzählte Ralf Grossmann von seiner Intention.

Künftig möchte der Frankfurter mindestens zweimal im Jahr nach Köthen kommen. Zudem wurden mit dem kurzfristigen Besuch in der Heimat seines Vaters bei ihm viele Kindheitserinnerungen geweckt. Oft besuchte er damals seine Oma in Drosa, die später jedoch nach Berlin zog. Da die Zeit für einen Abstecher nach Drosa dieses Mal nicht ausreichte, will er das bei seinem nächsten Besuch auf keinen Fall versäumen.

Grossmann hatte ein sehr gutes Verhältnis zu seinem Vater: "Ich habe ihn als Kumpel und Freund in Erinnerung. Aber vor allem als jemanden, der viel und gern lachte", erklärte der ehemalige Judoka. Wobei er den bedauerlichen Freitod seines Vaters als Folge seiner einfachen und bescheidenen Persönlichkeit beschrieb. Eigenschaften, die auch Ralf Grossmann besitzt.