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Eastside-Festival Rammstein für Erwachsene - Beim Eastside-Festival rocken die Kultstars

Sie waren Vorbild für Rammstein und provozieren seit 44 Jahren mit brachialer und orchestraler Musik. Jetzt kommt die Kult-Kapelle Laibach zum Eastside-Festival nach Angersdorf.

Von Steffen Könau Aktualisiert: 04.07.2024, 09:38
Laibach-Sänger Milan Fras kommt mit seiner Band nach Halle
Laibach-Sänger Milan Fras kommt mit seiner Band nach Halle Foto: imago images/Gonzales Photo

Halle/MZ. - München, Zagreb, Budapest und Toulouse, dazu Prag und Arnheim, so sieht er aus, der Tourplan, der die slowenische Band Laibach in diesem Jahr kreuz und quer durch ganz Europa führen wird. Dazwischen plötzlich: Angersdorf, ein kleines Dorf am Stadtrand von Halle.

Hier betreibt der Hallenser Lars Wilken seit drei Jahren das Karlsbad, ehemals als Angersdorfer Teiche bekannt. Wilken hat die vor 100 Jahren stillgelegte Tongrube saniert, renoviert und zu einer Naherholungsoase umgebaut, in der er zusammen mit der halleschen Agentur www.manamana-events.de vor zwei Jahren erstmals das Eastside-Festival mit Stars wie Covenant und Kirlian Camera aus Italien veranstaltete.

Staat fühlte sich provoziert

Diesmal hat Mandy Stauch von Manamana Laibach verpflichten können, das legendäre Kunstorchester, von dem sich Rammstein zu Beginn ihrer Weltkarriere inspirieren ließen. Laibach, im Juni 1980 im damaligen Jugoslawien gegründet, sind bis heute keine Band wie andere. Die Gruppe um Sänger Milan Fras begann als Teil des Musik-, Theater- und Malerkollektivs Neue Slowenische Kunst, um gegen Freiheitseinschränkungen im Staat des 1980 verstorbenen Langzeit-Diktators Josip Broz Tito zu protestieren.

Es hangelte Ordnungsstrafen und Auftrittsverbote, Polizei und Armee stürmten Konzerte. Der Staat fühlte sich von den zumeist martialisch in Uniformen auftretenden Bandmitgliedern und deren schwer zu entschlüsselnden Texten so provoziert, dass der Bandname – die in Jugoslawien verpönte alte deutsche Bezeichnung der heutigen slowenischen Hauptstadt Ljubljana − dauerhaft auf den Index gesetzt wurde.

Laibach in typischer Pose.
Laibach in typischer Pose.
picture alliance / dpa

Die Weltkarriere der Band aus Ljubljana, heute eine Studentenstadt, die ihrem ins Deutsche übersetzten Namen „Die Liebenswerte“ alle Ehre macht, beginnt nicht daheim, sondern im Ausland. Dort sind die Fans wie der britische Kult-DJ John Peel fasziniert vom unergründlichen Spiel der Band mit Symbolen, mit übertriebenem Pathos und dem Pomp, mit dem sich Ideologen aller Spielarten selbst überhöhen. Rammstein sei „Laibach für Kinder und Laibach Rammstein für Erwachsene“, haben sie einmal gesagt.

Beklemmende Kunst

Auch musikalisch wurde bei Laibach von Anfang an viel zitiert: Das Album „Opus Dei“, das 1987 erschien und im Mittelpunkt der der Tour steht, enthält Coverversionen des österreichischen Partyhits „Life is life“ und von der Queen-Hymne „One Vision“ mit dem Titel „Geburt einer Nation“, die das poppige Heavy-Metal-Lied in ein beklemmendes Kunstwerk verwandelt, das die Verführbarkeit von Menschenmassen nicht anprangert, sondern vorführt.

Wo Laibach auftreten, spektakelt es auch heute noch, wo die Band mit Songs wie „The Engine of Survival“ ein Händchen für große Songkunst à la Nick Cave unter Beweis stellt. Trotz aller Missverständnisse, die den Musikern um Sänger Milan Fras nachschleichen, meidet das Bandkollektiv alles Eindeutige.

Zur Feier von Sloweniens EU-Beitritt haben sie beim Festakt in Dublin gespielt, später dann auch mal in der Tate Gallery of Modern Art in London und schließlich als erste westliche Rockband in Nordkorea, im Gepäck Hirschgeweihbilder, gerollte „R“ und die stampfende Marschmusik, aus der zusammengesetzt ist, was sie selbst Monumental-Retro-Avantgarde nennen. Die Aufregung in der Welt war größer als die im Reich von Diktator Kim Jong-un, in dem die meisten Menschen vom Gastspiel der Band, die heute Sloweniens Rockexport Nummer 1 ist, kaum etwas mitbekamen.

„Ein Kunstwerk taugt nichts, wenn es nicht provoziert“, sagt die Band, die beim Eastside-Festival ein Künstlerfeld anführt, das mit großen Namen gespickt ist. Neben Mesh, die die Fans schon vor zwei Jahren begeisterten, sind diesmal unter anderem Northern Lite und De/Vision am Start, dazu kommen Empathy Test aus London, Escape with Romeo aus Köln und Robert Görls Deutsch-Amerikanische Freundschaft, deren Hit „Der Mussolini“ Laibach als „Tanz den Laibach“ neu aufgenommen haben.

An den beiden Festival-Tagen Freitag und Samstag kann rund um den idyllischen Badesee zwischen Halle-Neustadt und Angersdorf gezeltet und gefeiert werden. Es gibt Campingplätze und Stellplätze für Wohnmobile, Lars Wilken hat für diverse gastronomische Highlights gesorgt und „es wird auch eine Shoppingmeile mit Angeboten für die Szene geben“, sagt Lars Wilken, der „einfach ein Festival machen will, das mir selbst gefällt“. Selbst das Wetter spielt mit: Freitag und Samstag soll die Sonne zumindest lächeln über dem Festivalgelände.

Mehr Informationen unter: www.manamana-events.de

www.eastside-festival.de

www.laibach.org