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Überraschendes bei Festival für klassische Musik Konzerte in Kuhstall und Dom

Im Juni findet das Festival „Unerhörtes Mitteldeutschland“ statt. Gespielt werden Werke von „vergessenen“ Komponisten. Ungewöhnlich sind zudem dieVeranstaltungsorte.

Von Anja Falgowski Aktualisiert: 23.02.2025, 15:57
Das Herrenhaus in Ermlitz war schon immer ein Ort der  Musik.
Das Herrenhaus in Ermlitz war schon immer ein Ort der Musik. (Foto: imago images/Sylvio Dittrich)

Halle/MZ - 2.937 „vergessene“ Komponisten in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen habe man schon aufstöbern können, und er hoffe, die 3.000er Marke bald durchbrechen zu können. Sagt Daniel Schad, der Vorsitzende des Vereins „Straße der Musik“. Der gründete sich 2009, und seitdem finden alljährlich beim Festival „Unerhörtes Mitteldeutschland“ Musikliebhaber zusammen, um Stücke jener „Vergessenen“ zu spielen oder aber ihnen zu lauschen.

Sechs Konzerte geplant

In diesem Jahr, vom 20. bis zum 29. Juni, findet die nunmehr 14. Ausgabe statt. Über das Programm und die Mitwirkenden informierten Organisatoren und Förderer bei einer Pressekonferenz am Freitag im Literaturhaus Halle. Sechs Konzerte sind geplant mit Werken von insgesamt 40 Komponisten. Alle haben einen Bezug zu Mitteldeutschland. Von einigen war nach ihrem Weggang aus Deutschland nichts mehr zu hören. Von Karl Wilhelm Brandt zum Beispiel. Der Trompeter ging 1890 nach Moskau, hieß von da an Wassili Georgijewitsch und verließ Russland nie wieder. In New York gefeiert wiederum wurde der Kornettspieler Theodore Hoch nach seiner Migration; in seiner Heimat war er schnell vergessen.

Mit nahezu „kriminalistischer Recherche“, sagt Daniel Schad, würden die 45 privaten und mehr als 50 institutionellen Vereinsmitglieder nach den heute ungehörten Komponisten stöbern und sie wieder erlebbar machen. Ein breites Netzwerk von vielen Orten und Vereinen wäre dabei hilfreich. Der Schirmherr des diesjährigen Festivals, Albrecht Dümling, der Vorsitzender von „musica reanimata“ ist, kann ebenfalls mit Expertise aufwarten. Der Berliner Verein nämlich widmet sich seit 1990 der Suche nach Komponisten, die von den Nationalsozialisten verfolgt und zum Teil ermordet worden waren und deren Werke nicht mehr aufgeführt werden.

In diesem Jahr nun spielen bei „Unerhörtes Mitteldeutschland“ nicht nur die Komponisten eine Rolle, wenn sie auch den Mittelpunkt bilden, sondern zudem die Aufführungsorte. Auch von denen sind nicht alle überregional bekannt, die meisten liegen im ländlichen Raum. Zum Beispiel das Rittergut in Ermlitz nahe Schkopau. Um 1700 erbaut, war das Herrenhaus des Gutes nahezu von Anfang an ein Hort der Musik und der Kunst. Carl-Maria von Weber, Felix Mendelssohn Bartholdy und Richard Wagner waren dort Gäste oder haben gar kurzzeitig dort gelebt. DDR-gemäß verfiel das Anwesen nach der Enteignung der Eigentümer nach dem Zweiten Weltkrieg, wurde aber vor gut 20 Jahren von einem Nachfahren zurückerworben, saniert und ist heute ein prächtiger Tagungs- und Veranstaltungsort. Zu einem Konzertsaal umgebaut wurde der Kuhstall, und dort wird „Unerhörte Begegnungen“ aufgeführt, unter anderem mit einem Stück Theodore Hochs. Ein weiterer ungewöhnlicher Veranstaltungsort ist die St.-Kilian-Kirche in Bedheim, einem Örtchen in Thüringen, die eine neue Station unter den Veranstaltungsorten ist. Dort findet sich die weltweit einzige Doppelorgel – bestehend aus einer Haupt- und einer sogenannten Schwalbennestorgel, die beide von einem Organisten bespielt werden. Das Programm wird gestaltet mit Kompositionen, die zur gleichen Zeit wie die Orgeln, aus dem frühen 18. Jahrhundert, stammen.

Uraufführung in Halle

Kirchen in Langenbogen und Hettstedt sind zwei weitere Stationen im eher ländlichen Raum. Weitere zwei Häuser aber dürften vielen Menschen bereits bekannt sein: das Heinrich-Schütz-Haus in Weißenfels und der Dom zu Halle. In letzterem findet das Eröffnungskonzert statt. Hier steht die Chormusik im Mittelpunkt. „Eine rasante Fahrt durch die Musikgeschichte“ versprechen die Veranstalter. Das älteste Stück stamme aus Anfang des 16. Jahrhunderts von Mathias Eckel, das neueste sei die Uraufführung von „Das Gewitter“ der in Halle lebenden Komponistin Maria Leontjewa.

„Unerhörtes Mitteldeutschland“: Konzerte am 20. Juni in Halle, am 21. Juni in Langenbogen, am 22. Juni in Ermlitz, am 27. Juni in Hettstedt, am 28. Juni in Weißenfels und am 29. Juni in Bedheim.