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Interaktive Karte  Interaktive Karte : Grüne wollen industrielle Tierhaltung transparent machen

Von Steffen Höhne 08.04.2014, 14:18
Auf der interaktiven Karte sind alle Betriebe in Sachsen-Anhalt eingezeichnet, die Tiere industriell halten.
Auf der interaktiven Karte sind alle Betriebe in Sachsen-Anhalt eingezeichnet, die Tiere industriell halten. Screenshot Lizenz

Magdeburg/Halle (Saale)/MZ - Die Grünen sprechen von einer Informationsseite zur „industriellen Tierhaltung“, die Bauervertreter nennen es „Internetpranger“: Die Landtagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen hat am Dienstag im Internet eine interaktive Seite freigeschaltet, auf der große bestehende und geplante Schweine- und Geflügelanlagen im Land verzeichnet sind. „Die Bürger können schnell einen Überblick bekommen, welche Haltungsbedingungen in den Anlagen in ihrer Region herrschen“, sagte Grünen-Fraktionschefin Claudia Dalbert. So gebe es etwa Angaben zur Zahl der Tiere und Art des Stallbodens. Die Daten beruhen auf Angaben von Landesbehörden.

Auf der Seite sind 177 Scheine- und 187 Geflügelanlagen verzeichnet, die nach dem Bundes-Immissionschutzgesetz genehmigt werden müssen. Dies sind Ställe mit mehr als 560 Sauen, 1 500 Mastschweinen, 15 000 Legehennen, 15 000 Puten oder 30 000 Masthähnchen. „Groß ist nicht gleich schlecht. Klein ist nicht gleich gut“, sagte Grünen-Agrarexpertin Dorothea Frederking. Eine artgerechte Tierhaltung sei abhängig von den konkreten Haltungsbedingungen und nicht allein von der Größe, die allerdings häufig die Haltungsbedingungen bestimme.

Wenig Nutztiere im Land

Aus Sicht von Dalbert und Frederking ist in vielen großen Betrieben eine Veränderung der Haltung zum Wohl des Tieres notwendig. Dazu zählen beispielsweise Einstreuhaltung statt Vollspaltenböden, ein Auslaufgebot für Rinder und eine Reduzierung der Besatzdichten. Zur Veranschaulichung: In einem konventionellen Legehennenbetrieb dürfen pro Quadratmeter zwölf Tiere gehalten werden, in einem Biohof sind es nur sechs Hennen. Diese müssen zudem Auslauf ins Freie haben.

Der Landesbauernverband wertet das Vorgehen der Grünen dagegen „als einen Angriff auf die heimische Landwirtschaft“. „Es werden Halbwahrheiten auf der Seite verbreitet“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Fritz Schumann. Als Beispiel nennt er eine Studie zum Einsatz von Hormonen in der intensiven Sauenhaltung. „Gerade in größeren Betrieben findet ein Hormoneinsatz seit Jahrzehnten nicht mehr statt“, so Schumann. Die Studie halte wissenschaftlichen Kriterien nicht stand. Auch die interaktive Karte sieht Schumann kritisch. „Es wird der Eindruck erweckt, als wäre Sachsen-Anhalt voll mit Mastanlagen“, so der Bauernfunktionär. In Wahrheit habe das Land verglichen mit Brandenburg oder Niedersachsen einen niedrigen sehr Tierbesatz. Nach Auffassung von Schumann diene die Seite vor allem dazu, Stimmung gegen neue Anlagen zu machen. Die Landwirte seien durchaus bereit, mit den Grünen über die Haltungsbedingungen zu diskutieren. „Die Bauern reflektierten ihr Tun und versuchen im Rahmen des Möglichen stets Verbesserungen für ihre Tiere zu erreichen“, so Schumann. „Mit der mittelalterlichen Methode des Prangers verhindert man jedoch den weitergehenden Dialog.“

Viele Anlagen in Planung

Dalbert hält den Vorwurf des Prangers für unberechtigt: „Wir haben nur Daten zusammengefasst, die öffentlich zugänglich sind.“ Derzeit sei zu beobachten, dass niederländische und westdeutsche Agrarkonzerne zunehmend auch große Mastanlagen in Ostdeutschland planen oder bauen. Zuletzt hatte der italienische Fleischkonzern Pini Interesse angemeldet, in Bernburg einen Schlachtbetrieb bauen zu wollen, in dem am Tag 28 000 Scheine verarbeitet werden sollen (die MZ berichtete).

Vorbild für die Internetseite zur Tierhaltung ist eine ähnliche Homepage der Grünen in Sachsen. Diese ist im Juli 2013 gestartet und hat für erhebliches Aufsehen gesorgt. „Im August hatte wir bereits monatlich 10 000 Aufrufe“, sagte Markus Horn von den Grünen.

In Sachsen-Anhalt hat bereits die Landesregierung den Kontrolldruck auf Mastbetriebe erhöht. Seit 2012 kann jeder Bürger auf der Internetseite des Landesverwaltungsamtes einsehen, wann welcher Betrieb kontrolliert wurde - und ob dieser gegen Auflagen etwa des Immissionsschutzes verstoßen hat. Die Datenbank gibt auch Auskunft, wo neue Anlagen entstehen sollen.

Blick in einen Schweine-Stall.
Blick in einen Schweine-Stall.
dpa/Archiv Lizenz