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Holzkunst aus dem Erzgebirge Holzkunst aus dem Erzgebirge: Der Osterhasen-Drechsler

24.03.2014, 08:23
Torsten Martin sitzt mit seinen typischen Osterhasen aus Holz in der Hand in seiner Drechslerei in Eppendorf (Sachsen).
Torsten Martin sitzt mit seinen typischen Osterhasen aus Holz in der Hand in seiner Drechslerei in Eppendorf (Sachsen). dpa Lizenz

Eppendorf/dpa - Die DDR-Planwirtschaft ist gewissermaßen schuld an Torsten Martins modernen Osterhasen. Zu DDR-Zeiten stellte der Holzhandwerker in der väterlichen Werkstatt im heutigen Eppendorfer Ortsteil Kleinhartmannsdorf nichts als Räuchermänner her. „Die gingen über den staatlichen Handel weg wie warme Semmeln und die Bevölkerung hatte trotzdem nichts davon“, berichtet der Drechslermeister. Diese Situation habe Innovationen gehemmt.

Als er 1992 die kleine Firma übernahm, hatte Martin die Nase voll von Weihnachten. Mit den traditionellen Sachen „war kein Blumentopf mehr zu gewinnen“, wie er sagt. Die Konkurrenz war plötzlich groß und der Familienbetrieb für Massenproduktion zu klein. Mit neu entwickelten gedrechselten Vögeln, Pinguinen, Möwen, Fröschen oder Katzen setzte Martin aufs Ganzjahresgeschäft.

Etwa 2003 kam er dann auf den Hasen: Kopf, Körper und Füße lassen als Grundform das Ei erkennen. Die Farbgebung in mattem Rot, Grün, Blau beziehungsweise Gelb ist zurückhaltend und lässt die Holzmaserung durchscheinen. Mit zwei überstehenden Zähnen, Knubbelnäschen und rollenden Augen gucken die Mümmelmänner mit ihren Lederohren mal ein bisschen doof, mal neugierig, mal wirken sie eher pfiffig. Inzwischen sind sie als eine Spezies mit eigener Formensprache bekannt und unter Sammlern vor allem in der Nordhälfte Deutschlands begehrt.

Ostern war für das erzgebirgische Holzkunsthandwerk lange Zeit der zweitwichtigste Umsatzbringer nach Weihnachten. Erst in jüngster Zeit nimmt der Anteil von Ganzjahres-Artikeln zu, erklärt der Geschäftsführer des Verbandes Erzgebirgischer Kunsthandwerker und Spielzeughersteller, Dieter Uhlmann. Seit wann der Osterhase im „Weihnachtsland“ als Konkurrent von Nussknacker, Räuchermann und Co. auftritt, vermag niemand genau zu sagen. Die Direktoren des Staatlichen Museums für sächsische Volkskunst in Dresden wie auch des Spielzeugmuseums Seiffen haben jedenfalls die Geschichte der Osterfiguren aus dem Erzgebirge als eine Forschungslücke ausgemacht.

„Eine wirtschaftliche Größe dürften Osterfiguren seit den 1930-er Jahren sein. Sicher spielte „Die Häschenschule“ von Fritz Koch-Gotha als Vorlage eine Rolle“, sagt Verbands-Geschäftsführer Uhlmann. Die Firma Esco in Hammerleubsdorf habe schon damals mit komplett gedrechselten Hasen größere Bedeutung erlangt. Bei Wendt & Kühn in Grünhainichen wurden in den 1920-er Jahren Osterhasen mit Brettchen-Armen und -Beinen gefertigt. „Hasen gehörten zu den ersten Entwürfen der studierten Kunstgewerblerin Grete Wendt“, sagt eine Firmensprecherin. Die 1915 gegründete Manufaktur lege seit 2011 die Nostalgie-Serie wieder auf.

Der Volkskundler Claus Leichsenring zieht eine klare Grenze zur traditionellen erzgebirgischen Figurenwelt: „Alte Räuchermänner aus Seiffen waren realistischen Gestalten nachempfunden. In den 1920-er, 1930-er Jahren ging man weg vom Überlieferten mehr zu Karikaturen. Dort würde ich die Osterhasen einordnen.“ Max Schanz, damals Leiter der Staatlichen Fachschule in Seiffen, habe in den 1930-er Jahren beispielsweise einen Osterhasen mit Karren und Eiern entworfen. „Schanz hat die angehenden Spielzeugmacher nicht nur mit der Volkskunst vertraut gemacht, sondern auch kunstgewerbliche Gestaltung vermittelt. Das war sicher wichtig für die wirtschaftliche Umsetzung“, meint Leichsenring.

Mal ein bisschen doof, mal neugierig, mal pfiffig, so gucken die Osterhasen aus der Werkstatt von Torsten Martin in Kleinhartmannsdorf im Erzgebirge. Im Jahr 2003 kam der Kunsthandwerker auf die Idee, als Grundform für Köpfe, Körper und Füße das Ei zu nutzen.
Mal ein bisschen doof, mal neugierig, mal pfiffig, so gucken die Osterhasen aus der Werkstatt von Torsten Martin in Kleinhartmannsdorf im Erzgebirge. Im Jahr 2003 kam der Kunsthandwerker auf die Idee, als Grundform für Köpfe, Körper und Füße das Ei zu nutzen.
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