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Hochwasser in Sachsen-Anhalt I Hochwasser in Sachsen-Anhalt I: Vor uns die Sintflut!

Von Jan Wätzold 20.08.2002, 16:49

Oranienbaum/MZ. - Die Flaggen gehören zum Biwak des 122. Panzergrenadier-Bataillons,das im oberpfälzischen Oberviechtach stationiertist und in dessen Reihen fast 70 Prozent SachsenDienst tun. Für die Gohrauer verkörpert diemultiregionale Truppe eine letzte Hoffnung,die aus dem Hinterland über die Wiesen anströmendeFlut doch noch trockenen Fußes überstehenzu können. Immerhin haben es die Frauen undMänner in Flecktarn auch vermocht, die vonvielen Einheimischen schon aufgegeben Deichein Vockerode und Wörlitz zu stabilisieren.Den fünf Kompanien, deren Einsatz von MajorBenedikt Berntsen und dessen in OranienbaumQuartier bezogenem Stab koordiniert wird,eilt seitdem der Ruf voraus, nur einem Mottozu folgen: "Vor uns die Sintflut!"

Rico Weser ist einer der vielen namenlosenHelden im Waffenrock des 122., die den FleckenKulturlandschaft zwischen der Autobahn 9 undder Grenze zum Kreis Wittenberg nun schonden vierten Tag gegen das Elbe-Hochwasserverteidigen. Gemeinsam mit 500Kameraden,20 Lkw, zwei Panzern, sieben Bussen und 16Geländewagen ist der 24-Jährige direkt vomKatastropheneinsatz in Passau nach Sachsen-Anhaltverlegt worden. "Vom Regen in die Jauche",wie es auf den Fluren der zur Kaserne umfunktioniertenGrundschule Oranienbaum heißt. Es ist Weserserster "Kampfeinsatz". Einer, der ihn wederüber Moral noch über Ethik nachdenken lassenmuss. "Ich weiß genau, worum es hier geht",sagt der gelernte Tiefbauer aus Riesa. AlsSachse, der mit seiner Familie selbst tagelangum das Elternhaus am heimischen Elbstrandgebangt hat, sei ihm die Akkordarbeit am Sandplatzund auf den Deichen "Herzenssache". So wieihm gehe es fast der gesamten Truppe. "ObSachse, Bayer oder Sachsen-Anhalter - hierist fast jeder auf die eine oder andere Artpersönlich von der Jahrhundertflut betroffen."

Die Gewissheit, einem gemeinsamen Feind dieStirn zu bieten, hat bei den Panzergrenadierenbereits am ersten Tag auf den Wällen unglaublicheKräfte freigesetzt. Von Freitag zum Samstagarbeitete Wesers 5. Kompanie 24 Stunden durch."Ohne eine Mütze Schlaf" wurden Sandsäckegefüllt und durchgeweichte Dämme gesichert.Die wenigen kurzen Ruhepausen nutzten dieBundeswehr-Helfer, um sich per Funktelefonbei Verwandten und Freunden nach der Lagein der Heimat zu erkundigen. "Als keine Ablösungkam, hätten wir am liebsten umfallen wollen,trotzdem hat niemand hingeworfen", erinnertsich der Zeitsoldat an die strapaziösen Tage.

Bei den Freiwilligen, an deren Seite dieTruppe zu Hochform auflief, blieb der selbstloseMarathon nicht unbemerkt. Ihren Respekt zolltendie Einheimischen unter anderem, indem siedie Soldaten am nächsten Tag ungefragt mitProviant versorgten. "Die Leute hier sinddankbar und lassen uns das auch spüren", meintWeser. Wenn er nicht schon kürzlich die Entscheidunggetroffen hätte, seine Dienstzeit von vierauf acht Jahre verlängern zu lassen: "Spätestensnach den Erfahrungen und Erlebnissen der letztenTage würde ich es tun."

Artikel gekürtzt. Den vollständigen Text lesen Sie in der Printausgabe vom 21.8.