Handwerk Handwerk: Mit Biss in die Zukunft
HALLE/MZ. - Und er bleibt hängen an seinen Meisterstücken: einer Totalprothese, goldglänzenden Kronen, einer Brücke und einer kieferorthopädischen Zahnspange. Es ist der Zeitpunkt, an dem der 30-jährige Zahntechniker bilanziert: "Ich habe Frau und Kind, ein Haus und einen ordentlichen Beruf", sagt er mit einem Gesichtsausdruck, der nur in eine Richtung zu deuten ist: Was will man mehr?
Als bester Jungmeister aller Gewerke hat Salewski in diesem Jahr die Meisterprüfung bei der Handwerkskammer Halle absolviert. Den Weg zum Meister, für ihn hat er sich schon früh entschieden. Trotz der finanziellen Belastung: Rund 20 000 Euro hat die Ausbildung gekostet - neben der Finanzierung des 2004 fertiggestellten Einfamilienhauses.
Ein Jahr lang hat Salewski an den Acht-Stunden-Tag in der Schule noch vier Stunden Arbeit im Labor drangehängt. Hat an Wochenenden gelernt - viel Zeit für Frau und Hobbys blieb da nicht. Der 30. Geburtstag wurde nur mit einem Brunch gefeiert. Am nächsten Tag war Meisterprüfung. "Das war ein ordentliches Stück Arbeit", sagt Salewski heute. Aufwand, mit dem er sich einen Weg geebnet hat, der auch die Frage nach dem "was will man mehr" beantwortet: "Ich will mich in nächster Zeit selbstständig machen", sagt der junge Vater, der seit seiner Ausbildung in einem Drei-Mann-Labor in Halle angestellt ist. Trotz Finanzkrise, trotz drohender Rezession: Eik Salewski ist kein Mensch, der ein Ziel schnell aus den Augen verliert. Auch auf dem hart umkämpften Markt der Zahntechnik-Labore nicht, in den ausländische Billiganbieter drängen.
Patienten wollen sparen
"Die Kunden sind anspruchsvoll, die Patienten schauen aufs Geld", sagt der 30-Jährige. "Aber man beißt sich durch, im wahrsten Sinne des Wortes." Natürlich gelte es Risiken abzuwägen beim Weg in die Selbstständigkeit. Aber mit Pessimismus, so Salewski, "kommt man nicht weiter. Und Handwerk wird sich immer lohnen."
Erst vor wenigen Tagen hatte der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Otto Kenzler, für 2009 indes ein deutliches Umsatzminus und eine "erhebliche Belastungsprobe" prognostiziert. Fast jeder dritte von 21 600 befragten Handwerksbetrieben habe bereits im dritten Quartal Umsatzeinbußen gemeldet. Notwendig seien weitere Investitionsimpulse sowie Entlastungen bei Steuern und Abgaben.
Wie sich Finanzkrise und drohende Rezession in Sachsen-Anhalt auswirken werden, vermag die Handwerkskammer Halle noch nicht einzuschätzen. "Dazu ist es zu früh", sagt Hauptgeschäftsführer Jürgen Rogahn. Gleichzeitig warnt er vor "selbsterfüllenden Prophezeiungen" und will Mut machen: "Unabhängig von der aktuellen Krise bietet Handwerk sehr gute Perspektiven."
Betriebe stehen vor Übergabe
Die Folgen des Geburtenknicks seien auch beim Handwerk angekommen - händeringend wird nach Nachwuchs gesucht. 40 Prozent der Betriebsinhaber, so Rogahn, sind bereits über 50 Jahre alt, 15 Prozent sogar über 60 - zahlreiche Betriebe stehen damit auch für junge Meister zur Übergabe an.
Nicht überall ist der Nachwuchs dafür auch vorhanden. "200 000 Betriebe in Deutschland wollen übergeben werden. Bei Bäckern und Fleischern auf dem Land aber gibt es schon Probleme", sagt Volker Becherer, Abteilungsleiter Berufsbildung bei der Handwerkskammer Halle. Auch dort geht die Zahl der Meisterprüflinge in diesen beiden Berufen zurück. Gute Perspektiven sieht Becherer unter anderem im Gesundheitsbereich - zum Beispiel bei Hörgeräteakustikern -, in der Elektrotechnik, im Metallbau, bei Berufen mit Schweißerausbildung.
Seine Perspektive im Handwerk will auch Eik Salewski nutzen. Keine Technik kann in seiner Branche einen Meister ersetzen, sagt er. "Es gibt Arbeiten, die auch eine Maschine nicht machen kann." Wenn es um mykrometergenauen Zahnersatz, dessen Passform und optische Anpassung an den Patienten geht - da sei Handwerk im wahrsten Sinne des Wortes nötig. Und ein perfektes Lächeln, hofft Salewski, wird immer gefragt sein.