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Glosse über ein Gästebuch in Wittenberg Glosse über ein Gästebuch in Wittenberg: Luthers stilles Örtchen

Von Andreas Montag 16.11.2014, 19:11
Bücher der Erleichterung
Bücher der Erleichterung dpa Lizenz

Glückliches Wittenberg: Martin Luther, der uneinholbar berühmteste Einwohner der Stadt, macht es möglich. Nun gibt es neben den namhaften Stätten vor Ort noch ein berühmtes Örtchen. Nur fiese Neider kämen auf die Idee, dass der Teufel immer auf den größten Haufen... Na, Sie wissen schon.

Womit wir wieder beim Thema wären. Gegenüber der Schlosskirche, an deren Tür der zornige Gottesmann Luther im Jahr 1517 seine Thesen wider den Ablasshandel geschlagen haben soll, geht es zur Sache. Denn wer auf Luthers Spuren wandelt, wird ungeachtet aller weihevollen Anmutung auch menschlichen Bedürfnissen nachgehen müssen. Als da wären: Essen, Trinken und der Rest, über den man gemeinhin nicht spricht.

Das ändert sich nun, der Nachricht vom Wittenberger Toilettenbetreiber Jörg Hänig ist ein globales Medienecho zuzutrauen. Denn nicht genug, dass der Mann jedwedem Bedrängten mit seinem Etablissement zur Erleichterung verhilft - er führt auch Gästebücher, in denen dankbare Gäste den großen Moment für die Nachwelt festhalten können.

700 Einträge von Notdürftigen aus aller Welt soll es schon geben. Als Ort der Stille wird das Haus gerühmt. Das mag nicht immer so sein. Aber ein Engländer trifft den Punkt: „Auch Luther hätte es genossen.“ Fürwahr. Der Reformator soll sich, hört man, zum Denken gern und lange an jenen einzigen irdischen Platz zurückgezogen haben, wohin einem keiner folgt.