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Fließgeschwindigkeit Fließgeschwindigkeit: Rote Farbe in der Saale

Von Katrin Löwe 05.04.2013, 19:58
Versuchsleiter Stephan Mai (re.) füllt das Farbpulver in eine Tonne, bevor es in den Fluss kommt.
Versuchsleiter Stephan Mai (re.) füllt das Farbpulver in eine Tonne, bevor es in den Fluss kommt. Torsten Biel Lizenz

Naumburg/MZ - Journalisten haben einst ein Quietscheentchen genutzt, um zu sehen, wie lange es auf dem Wasserweg zwischen Bodensee und Rheinmündung unterwegs ist. Doch abgesehen davon, dass es an allen Ecken und Enden hängen bleiben kann und es der Behörde ohnehin nicht um das Tempo eines festen Gegenstands ging: Mit einem Quietscheentchen arbeitet eine Bundesanstalt für Gewässerkunde natürlich nicht. Die hat statt dessen am Donnerstag 7,8 Kilogramm in Wasser aufgelöstes rotes Farbpulver in die Saale bei Naumburg eingebracht. In den kommenden Tagen soll nun beobachtet werden, wie schnell es sich über den Fluss verbreitet.

Prognosen bei Chemieunfällen

Es geht, sagt Versuchsleiter Stephan Mai, um ein Alarmmodell, das es für die Elbe bereits gibt und das nun auf die Saale und auch auf die Moldau erweitert wird. „Wir wollen im Ernstfall, zum Beispiel bei einem Chemieunfall im Raum Halle, vorhersagen können, wann die Chemikalien wo und in welcher Konzentration im Fluss ankommen“, so Mai. Das sei zum Beispiel für potenzielle Trinkwasserentnahmen wichtig, aber auch, um ein mögliches Fischsterben erklären zu können. Auf der Elbe sei das Modell unter anderem 2006 nach einem Zyanid-Unfall in einem tschechischen Industriegebiet zum Einsatz gekommen. Auch bei Schiffshavarien könne es weiterhelfen. Frühwarnstrukturen verlangt die EU für jedes Flussgebiet.

Zwar gibt es Berechnungen zu den reinen Fließgeschwindigkeiten der Gewässer. Die, so Mai, könnten aber nicht abbilden, wie sich ein Schadstoff im Fluss verteilt, der in Ufernähe und am Boden langsamer vorankommt als in der Flussmitte.

Bei der roten Flüssigkeit, die gestern an Flusskilometer 160 bei Naumburg-Henne in die Saale gekippt wurde, handelt es sich um einen laut Behörde umweltneutralen und für Wasserorganismen unschädlichen Fluoreszens-Farbstoff. „Schon nach rund zehn Kilometern ist er mit bloßem Auge nicht mehr erkennbar“, so Mai. Spezielle Messgeräte konnten ihn bei einem Versuch auf der Elbe aber noch nach 340 Kilometern nachweisen.

Eine Woche bis Wittenberge

In der Saale soll es nun Messungen an zehn Stellen geben, unter anderem in Bad Dürrenberg, Halle-Trotha, Bernburg und Rosenburg. Zusätzlich werden mit acht mobilen Stationen dann auf der Elbe zwischen Barby und Geesthacht Messungen durchgeführt. Mai geht davon aus, dass der Farbstoff in einer Woche in der Elbe bei Wittenberge ankommt, knapp zwei Tage später in Geesthacht. „Von unserer Seite ist es der erste Versuch auf der Saale“, sagt er. Zwei weitere sind im Sommer bei Niedrigwasser und im Herbst bei höherer Fließgeschwindigkeit geplant. Gestern waren die Bedingungen bei einem Abfluss von 78 Kubikmetern pro Sekunde eher im mittleren Bereich. Künftig soll es ähnliche Versuche wohl im Abstand von drei Jahren geben.